Sturm ueber Thedra
- Aber der Honig war gut! Noch einmal tauchte Teri den Finger tief ein und leckte die süße Masse davon ab. Sie bemerkte noch verwundert, dass die Krämpfe aufgehört hatten, dann rollte ihr Kopf zur Seite, und sie schlief mit dem Finger im Mund ein.
"Was hast du mit ihr gemacht?" Fakun war hinter Ena getreten und sah besorgt auf Teri herab.
"Ich habe sie betäubt!" Ena richtete sich auf. "Mir blieb keine andere Wahl. Ich mußte sie beruhigen, bevor die Fruchtblase platzt. - Ich glaube, wir sind im letzten Moment gekommen. - Komm, wir bringen sie ins Haus!"
Fakun kniete sich neben Teri und legte seine Hand auf ihre Brust. Der Herzschlag hatte sich beruhigt, war aber deutlich spürbar. Dann schob er seine Arme unter ihren Körper und hob sie vorsichtig auf.
Mit größter Selbstverständlichkeit nahm Ena die Bündel an sich. Hund warf ihr einen mißtrauischen Blick zu, ließ sie aber gewähren, nachdem sie ihm kurz die Hand zum Beschnuppern hingehalten hatte.
"Warum seid ihr eigentlich auf der Wanderschaft?", wollte Ena von Fakun wissen, als sie neben ihm ging. "In ihrem Zustand sollte sie sich lieber schonen!"
"Sie hat einen Auftrag." Fakun trug Teri so sanft, wie er konnte. "Sie gönnt sich keine Ruhe. Ich konnte sie nicht aufhalten. Niemand kann das!"
"So?" Ena keuchte unter der Last der Bündel. "Na, das werden wir ja sehen! - Aber wenn wir zu Hause sind, dann mußt du mir mehr erzählen."
Ena gefiel Fakun. Sie gefiel ihm so, wie ihm seine Lieblingsschwester in Kaji gefallen hatte. Ena war in ihrer offenen, praktischen Art ein Mensch, bei dem es leichtfiel, ihn zu mögen. - Fakun erzählte ihr alles in den Tagen, in denen Teri auf Enas Bett lag und langsam genas, und es war viel, was er zu berichten hatte.
Auch Ena erzählte viel von sich. Als Kind war sie von ihren Eltern zu einer Kräuterkundigen in die Lehre gegeben worden und hatte im Lauf der Jahre ein großes Wissen über die hiesigen Heilpflanzen erlangt. Dann, im Alter von vierzehn Jahren, hatte sie die Frau verlassen und sich hier im Wald dieses Haus mit eigenen Händen gebaut, wie sie stolz bemerkte. Jetzt war sie siebzehn und lebte von den Heilkräutern, die sie sammelte und von dem Honig aus den Bienenstöcken hinter dem Haus.
Der Honig nahm sogar eine ganz besondere Rolle ein. - Ena hatte nämlich festgestellt, dass auch die besten Heilkräuter nur zögernd eingenommen wurden, weil die meisten davon recht übel schmeckten. So war Ena auf die Idee gekommen, die Tees und Extrakte, die sie herstellte, mit Honig zu versetzen und ihren Kunden so die Einnahme der Heilmittel zu erleichtern.
Der Erfolg hatte ihr recht gegeben. Sooft sie auf dem Markt von Tregh, der nächstgelegenen Stadt, auftauchte, verkaufte sie all ihre Arzneien und konnte so ein auskömmliches Leben führen, wie man es sich besser kaum wünschen konnte. Sie hatte schon viele Leiden lindern können, aber eine Patientin wie Teri hatte sie noch nicht gehabt.
Teri war nach dem ersten tiefen Schlaf in einer Art Panik erwacht. Sofort hatte das Herzrasen wieder eingesetzt, so dass Ena nichts anderes übriggeblieben war, als ihr noch etwas von dem Schlafmohnsaft-Honig zu geben. Dass das auf Dauer keine Lösung sein konnte, war Ena klar. - Also begann sie, für Teri eine ganz besondere Mischung zuzubereiten, die ihre seltsamen Erregungszustände niederhalten, aber gleichzeitig für eine möglichst geringe Durchgiftung des Körpers sorgen sollte.
Grundsubstanz waren Extrakte aus Baldrianwurzel und Lavendelblüte, um die Patientin nervlich zu stärken, sowie Seerosenwurzel, um die Erregbarkeit Teris herabzusetzen. Aber das allein hätte noch nicht ausgereicht. Bislang war der Ansatz nur ein ganz normaler `Liebmacher', wie Ena diese Drogenzusammenstellung still für sich nannte. So manche verzweifelte Bauersfrau holte sich diese Zusammenstellung heimlich von Ena auf dem Markt in Tregh, um ihrem Mann dann daraus einen Honigschnaps anzusetzen, der wohl einen niedlichen Rausch, aber kein böses Blut machte. Wer genug von dem Schnaps getrunken hatte, ging still zu Bett und vergaß zumeist vollständig, schnell noch seine Frau zu verprügeln.
Für Teri war die Mischung noch nicht gut genug, befand Ena. - Teris Herz brauchte Stabilität. Teri brauchte Wolfstrapp! - Also gab Ena vorsichtig ein Quantum der starken Droge in das Gemisch. Nicht zu viel, denn wenn es nicht ausreichen sollte, konnte sie Teri immer noch mehr geben - aber wenn sie mehr als nötig gab, könnte es der Patientin
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