Sturm ueber Thedra
zu verhindern suchen.
Teri war sehr froh, dass sie dem Alten nicht bedingungslos gehorchen mußte. Menschen waren für ihn nur Werkzeuge, die man nach Belieben benutzte, und um sein `großes Ziel' zu erreichen, war ihm kein Opfer zu viel - wenn es andere erbrachten! Es war eine böse, egoistische und hinterhältige Ausstrahlung, die den alten Magier umgab, eine Aura von gehetzter Machtlosigkeit, überschattet und gleichzeitig angestachelt von der Angst, nicht schnell genug zu sein und den Kampf mit seinem gebrechlichen Körper zu verlieren. - Und Aganez glaubte, dass er viel zu verlieren habe. Er versprach sich einiges vom Ort, an dem die Macht wohnte, und die Befreiung Thedras war für ihn nicht mehr, als schmückendes Beiwerk. - Aganez wollte Unsterblichkeit, und seit Gings Zusage, Teri zu der Schlafenden Armee zu führen, hatte er es eiliger denn je, wobei er vollständig vergaß - vergessen wollte - dass Ging ihm nur Ernüchterung versprochen hatte.
Es kam schließlich so weit, dass Teri Aganez nicht mehr berühren mochte. Wenn er Hilfe brauchte, leinte sie ihn an und zerrte ihn die Berge empor wie eine störrisch Ziege, was auch nicht unbedingt zur Hebung seiner Laune beitrug. So kletterten, gingen und stolperten sie denn, Aganez laut zeternd, Teri verbiestert schweigend und Ging gleichmütig - melancholisch, einem der größten Geheimnisse der Welt entgegen. - Dem Ort, an dem die Schlafende Armee darauf wartete, nach vieltausendjähriger Ruhe wieder erweckt zu werden.
KAPITEL 4 - DREI FREUNDE
Nur Schwächlinge bewundern das Spiel deiner Muskeln. Die wirklich Starken werden auch deine Schwächen lieben.
In einem Punkt war die Wanderung einfacher geworden, seit Ging sein Versprechen gegeben hatte, Teri zur Schlafenden Armee zu führen. Aganez hatte aufgehört, in ihm so etwas wie ein lästiges Tier zu sehen. Nicht, dass er ihn gerade mit Ehrerbietung behandelt hätte, so weit vergaß er sich nicht. - Aber ab sofort konzentrierte er sich in seinen unvermeidlichen Wutausbrüchen wieder auf Teri, der das zwar nicht sonderlich gefiel, die aber jetzt endlich den Abschluß ihrer Mission in greifbare Nähe gerückt sah und deswegen kaum noch zu erschüttern war.
Trotzdem hätte sie Aganez gern so manches Mal an den Rand einer Schlucht gestellt und ihm dann ein kleines Wanderliedchen gesungen. - Vielleicht war es ganz gut, dass Teri den Liedern der Kraan keine Kraft mehr verleihen konnte. Wahrscheinlich blieb Aganez dadurch einiges erspart, denn besser wissen und besser machen sind zweierlei; und obwohl Teri wußte, dass man die Lieder der Kraan tunlichst nicht mißbräuchlich einsetzt, hätte sie es möglicherweise doch wieder getan. So aber schleppte sie den alten Magier weiter durch das Bergland, dem ungewissen Ziel - aber ihrer sicheren Erlösung - entgegen. Sie freute sich schon auf die Heimkehr nach Tregh, zu Fakun und ihrem Kind und natürlich zu Ena, die ihr das Leben gerettet hatte und ihrer Familie Obdach bot.
Mit diesen Gedanken ließ sich gut wandern und so vergingen die Tage schnell. Aganez' Laune schien sich auch zu bessern, und als Ging ihnen mitteilte, es seien nur noch fünf Tage bis zum Ziel, war er kaum noch zu bremsen. Er kletterte so gut wie nie zuvor, seit Teri ihn kannte und wurde nur noch durch die hereinbrechende Dunkelheit davon abgehalten, in einem Zug durchzumarschieren.
Ging hatte sich als sehr begabt erwiesen, was das Auffinden wettergeschützter Schlafplätze anging. Seit sie zusammen wanderten, hatte die Gruppe nicht eine einzige Nacht im Freien verbracht: Höhlen, Grotten, Nischen, überhängende Felsen und andere Übernachtungsmöglichkeiten - Ging schien ein besonderes Gespür dafür zu haben, solche Orte zu entdecken. Manchmal kam es Teri wie Zauberei vor, wenn er nach einem durchwanderten Tag plötzlich einen Busch oder Strauch zur Seite schob und dahinter eine schön geräumige Höhlung im Fels auftauchte.
Teri blieb es auch ein Rätsel, wie Ging sich ernährte, denn er nahm nie etwas von ihrem Essen an. Allerdings war er durch seine vielen Umwege, um Wasserläufe an sicherer Stelle überqueren zu können, oftmals außer Sicht. - Möglich dass er bei diesen Gelegenheiten etwas fand, was ihm behagte. Immer noch dachte Teri mit leichtem Schauder an seine angeblich so seltsamen Eßgewohnheiten und war eigentlich recht dankbar, dass er nicht darauf bestand, seine Nahrung mit ihnen zusammen einzunehmen. - Aber auch da sollte es bald eine Überraschung geben.
"Sturm wird
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