Sturm ueber Thedra
Bru aus zu einer Oase im Großen Erf. Er ist sehr lang und es gibt keinen Jasmin dort", antwortete Teri, die erstaunt feststellte, dass sie nicht nur die Namen und Gegebenheiten kannte, sondern sogar bildhafte Vorstellungen damit verknüpfte. - Es war tatsächlich so, als sei sie schon einmal dort gewesen.
"Gut!", freute Ging sich. "Jetzt hast du Wandererwissen und wirst nie mehr deinen Weg verfehlen! Wo jemals ein Wanderer gegangen ist, wirst du dich auskennen. - Gut!"
Teri stand mit leicht geöffnetem Mund da und konnte es nicht fassen. Die fremde Umgebung des Hochgebirges erschien ihr auf einmal so vertraut, wie die Gassen von Thedra. Sie erkannte den Schindelkopf, der bislang nur ein namenloser Berg für sie gewesen war und wußte auch, dass die begehbare Schlucht an seinem Westhang Hasenlauf genannt wurde. Weiter hinten leuchteten die weißen Gipfel von Schädelstück und Elefant in der Sonne, und dahinter ragte der Katenberg im Frühdunst auf. - Teri kannte sich aus! Sie kannte alle Wege in diesem Gebirge! - Alle Wege Estadors, des ganzen Kontinents und jede Gasse in jeder Stadt waren ihr vertraut! - Sie kannte jeden Berg, jede Brücke, jede Höhle und jede Abkürzung, auf der ein Wanderer je gegangen war. - Es kam ihr wie ein Wunder vor. Es war überwältigend!
"Ich wünsche dir gute Wege!" Ging verbeugte sich leicht. "Ich werde nun über den Langen Sandweg nach Wajir gehen", gab er dann bekannt. "Ich werde Aska Bericht erstatten. - Ich wünsche dir gute Wege!"
Teri erschrak. Der lange Sandweg war gefährlich, auch für Wanderer! Es gab räuberische Nomaden dort, und Ging mit seinen achttausend Bronzestücken brachte sich in große Gefahr; aber ihr Wandererwissen sagte ihr, dass er schon wisse, was er tat. - Blieb nur noch, ihm für seinen weiteren Weg alles Gute zu wünschen - und da hatte Teri eine prima Idee, wie sie meinte: "Lieber Ging, ich danke dir für deine Hilfe, und ich wünsche dir, dass du bald eine Frau findest, und deine Suche ein Ende hat", sagte sie leise, wobei sie es wagte, ihn nochmals bei der Hand zu nehmen.
Ging wich nicht zurück. "Oh, ja!", seufzte er sehnsüchtig. "Das wäre schön! - Oh, ja!"
"Wenn du dein vieles Bronzegeld erst einmal los bist, kannst du bestimmt noch viel besser wandern!", freute sich Teri schon im Voraus. "Vielleicht kommst du mich dann wieder einmal besuchen!"
"Wohl kaum!" Ging sah Teri mit einem traurigen Lächeln an. "Denn wenn ich eine Frau gefunden habe, dann ist meine Lebenszeit abgelaufen. Dann bleibt mir nur noch, in die Südliche Wüste zu gehen, wo der Platz zum Sterben für mich ist, denn dann kann ich endlich sterben. - Nein, ich werde dich nicht besuchen kommen, wenn ich eine Frau gefunden habe! - Wohl kaum!" Mit einem letzten Händedruck verabschiedete Ging sich von Teri, drehte sich um und watschelte in seinem seltsam plumpen Wanderergang davon. Als er die Abbruchkante des Tafelberges erreicht hatte, drehte er sich noch einmal kurz um und winkte zurück, bevor er sich den Abhang hinabgleiten ließ.
Lange noch blieb Teri stehen und sah mit tränenverschleiertem Blick in die Richtung, in der Ging verschwunden war. Erst Aganez' Räuspern brachte sie wieder auf diese Welt zurück.
"Sei nicht traurig", versuchte der Magier sie zu trösten. "Er ist ein wirklich guter Freund! Du kannst stolz darauf sein, dass er dich so sehr mag! - Nie habe ich von einer Freundschaft zwischen Menschen und Wanderern gehört. Das ist schon etwas ganz Besonderes!"
"Lass uns in den Berg gehen." Teri brachte die Worte nur mühsam heraus. "Ich will endlich meinen Auftrag erfüllen!"
"Du willst zu deiner Familie", stellte Aganez' fest.
"Ja!", bestätigte Teri schlicht. Der Gedanke an Fakun und Fe war so intensiv, dass sie am liebsten sofort aufgebrochen wäre.
"Dann lass uns keine Zeit verlieren!" Aganez drehte sich um und ließ sich wieder den Abhang hinab. Teri folgte ihm. Sie hoffte, dass sie ihre Aufgabe wirklich hier erfüllen konnte und dass der Zwang immer weiterzueilen endlich von ihr abfiele; aber Bedenken blieben. Teri hatte es gelernt, sich nicht zu früh zu freuen.
Ging hatte recht behalten. Aganez, der größte Magier zweier Zeitalter, war verwirrt wie ein Erdhörnchen auf einem Segelschiff und wußte vor lauter Wundern überhaupt nicht, wohin er sich zuerst wenden sollte.
Zusammen mit Teri hatte Aganez die kleine, erleuchtete Kammer betreten und die Tür geschlossen. Nach einigen erfolglosen Versuchen hatte sich die Innentür öffnen lassen und den
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