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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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versteckten Grotte und ließ Ging gewähren, der, im Halbdunkel leise vor sich hin murmelnd, am Schließmechanismus einer kreisrunden Tür herumfingerte. Leise begann in der Tür etwas zu zischen, so, als würde ein Mensch langsam Luft zwischen den Lippen hindurchziehen.
    Interessiert trat Teri näher. - So etwas hatte sie noch nie gesehen. Vorsichtig griff sie über Ging hinweg und legte ihre Fingerspitzen auf das kühle, glatte Material. Hatte sie nun erwartet, die Ausstrahlung von Metall zu spüren, so wurde sie enttäuscht. Obwohl die Tür aus Stahl war - da gab es für Teri überhaupt keinen Zweifel - fühlte sich die Oberfläche für sie verwirrend an. Eine seltsam leblose Ausstrahlung ging davon aus, wie Teri es noch bei keinem anderen Material erlebt hatte; fast fürchtete sie, ihre Fähigkeit, die Dinge zu lesen, schon wieder eingebüßt zu haben. "Was ist das?", wollte sie von Ging wissen, der immer noch den Griff der Tür festhielt.
    "Es ist tot, darum hat es Bestand!" Ging schaute zu Teri auf. "Wir Wanderer nennen es den Stoff der nie vergeht. - Die Alten hatten sehr viel davon. - Es ist tot!"
    "Die Alten? - Wer sind die Alten?" Auch Aganez war nähergetreten. Mittlerweile erkannte er Gings Autorität voll an und fragte den Wanderer in höflich - ruhigem Ton nach den Dingen, die er selbst nicht wußte.
    "Die Alten kannst du nicht sehen, Aganez. Die Gänge hinter dieser Tür sind voller Tod! - Aber ihre Werke wirst du finden. Sie waren sehr rege - die Alten!"
    Das Zischen in der Tür wurde leiser. Ging zog fest an dem Hebel, und die Tür schwang lautlos ein Stück weit auf. Ging scharrte mit dem Fuß einen Stein herbei und schob ihn so in die untere Rundung des Rahmens, dass die Tür nicht wieder zuschlagen konnte. Sprachlos starrte Teri an ihm vorbei in die winzige Kammer, die sich vor ihrem Blick aufgetan hatte - aber nicht die kahlen, glatten Wände waren es, die sie in Erstaunen versetzten, und auch die fremdartigen Schriftzeichen, die einen Großteil der Wandflächen bedeckten, waren durchaus erklärlich. - Das eigentliche Wunder dieser Kammer war das Licht, das strahlend hell aus dem Türspalt herausflutete. - Wo Licht war, war auch eine Lampe! - Keine Lampe brannte ewig! - Also gab es hier jemanden, der sich um die Lichtquelle kümmerte! Schlagartig war Teri davon überzeugt, dass sich im nächsten Moment die Tür am anderen Ende der Kammer öffnen würde und ein Torposten der Schlafenden Armee herauskäme.
    Jetzt war es auch um Aganez' Ruhe geschehen. Da er von seinem Standpunkt aus nicht durch den Türspalt sehen konnte, schob er Teri einfach ein Stück zur Seite. Er hielt sich gar nicht mit nebensächlichen Fragen auf. "Was ist hinter der Kammer?" - Das war die einzige Frage, die ihn interessierte.
    "Mehr als du suchst!", behauptete Ging. "Mehr Macht und mehr Geheimnisse, als du dir hast träumen lassen, Magier! Wenn ihr in die Kammer geht und diese Tür hinter euch schließt, könnt ihr das Reich der Alten betreten, die dereinst die Welt beherrschten. - Aber es ist auch das Reich der Toten. - Du wirst nichts finden, Teri, was deiner Stadt Hilfe bringen kann, aber du wirst frei sein! Geh ruhig hinein und sieh dich um, dann wird der Befehl in dir erlöschen; denn es gibt nur Geheimnisse dort, die immer nur noch größere Geheimnisse hervorbringen. - Oh, ja!", wandte sich Ging wieder an Aganez. "Es gibt Geheimnisse hier! Große, schreckliche Geheimnisse! - Mehr als du suchst!"
    "Kommst du nicht mit hinein?" Teri hatte bemerkt, dass Ging vor dem Betreten der Kammer zurückschreckte und seine Worte so wählte, als sei dies ein Abschied.
    "Wanderer mögen das nicht!", erklärte Ging. "Einer von uns war in den Gängen hinter der Kammer, vor langer Zeit. - Er ist fast wahnsinnig geworden und schon nach wenigen hundert Schritten mußte er umkehren. - Die Alten waren feindselig, und die Schatten ihres Hasses leben fort im Labyrinth der Gänge und Hallen. - Wanderer mögen das nicht!"
    "Wirst du hier auf uns warten?", fragte Teri mit einem unsicheren Blick in die erleuchtete Kammer, die ihr immer unheimlicher geworden war, je länger Ging sprach.
    "Ich werde Estador verlassen!" Ging hob bedauernd die Schultern. "Aber nicht von hier. - Es gab wohl einst einen Tunnel, der von hier aus unter dem Großen Gebirge hindurchführte. Aber die Strecke ist unterbrochen, und der neue Eingang liegt zwei Tagereisen weit südwestlich. Es ist ein runder Schacht, der seitlich weit in das Vorgebirge hineinführt. Dann

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