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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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gleichzeitig auch die Endstation für alle Sklaven, die das Lager verließen. Ob sie nun an Krankheiten oder Unfällen starben, immer führte der letzte Weg die Sklaven auf dem Abfallkarren an diesen abscheulichen Ort. Gleich an ihrem ersten Arbeitstag sah Teri mit Schaudern, wie der Leichnam eines jungen Mannes, schon halb von Fettklumpen und Tierhaaren überdeckt, auf dem Karren an ihr vorbeigezogen wurde, während die Karrensklaven mit gleichgültiger Miene immer mehr Abfall auf ihn häuften.
    Teri arbeitete viel und sprach nur wenig. Vor ihrer Ankunft im Lager hatte sie gedacht, es gäbe so etwas wie Freundschaft und Zusammenhalt unter den Sklaven, die doch alle unter denselben Peinigern litten. Bald schon mußte sie aber feststellen, dass sie sich getäuscht hatte. Auch unter den Rechtlosen gab es eine strenge Rangordnung, und sie als Neuling stand da an letzter Stelle. Nahezu fassungslos hatte Teri erkannt, dass die älteren Sklavinnen sich mit einer Art von abartigem Stolz etwas darauf einbildeten, schon so lange im Lager zu sein. Diese Rechtlosesten unter der Sonne hatten nichts besseres zu tun, als ihre Mitgefangenen noch zusätzlich zu drangsalieren, und auch in Teris Arbeitsgruppe fanden sich zwei Frauen, die, um geringer Vorteile willen, freiwillig eine Antreiber- und Vorarbeiterinnenrolle angenommen hatten.
    Nichts, was Teri tat, war diesen Frauen recht: Sie arbeitete zu langsam oder zu flüchtig, schabte zu wenig oder zu viel von der Lederhaut ab, hielt das Werkzeug verkehrt und warf den Abfall auf die falsche Stelle. Teri kümmerte sich nach einem halben Arbeitstag nicht mehr um die willkürlich ausgedachten Vorwürfe der beiden, machte ihre Arbeit und schwieg. Der Rest der Frauen am Trog war ihrer Meinung nach auch zu nichts zu gebrauchen. Den Stolz schon lange gebrochen, hatten sie genug damit zu tun, vor den Wärtern und den Vorarbeiterinnen zu katzbuckeln und empfanden Teri in ihrer hochmütigen Art als Störung der guten Arbeitsbedingungen. `Sklavenseelen!' stellte Teri still für sich fest und beschloß, sich nicht weiter mit diesen Leuten abzugeben. Mißmutig rubbelte sie mit dem stumpfen Schaber auf einem Ziegenfell herum. - Da war sie ja in eine feine Gesellschaft hineingeraten. Es wurde Zeit, sich einen Fluchtplan auszudenken!

    Die Wiederkehr ihrer Schnelligkeit hatte Teri einem Wärter zu verdanken.
    Drei Tage lang war alles gutgegangen. Der Wärter am Einweichtrog war ein junger Mann gewesen, mit dem Teri sich ganz gut verstanden hatte. Gut verstehen hieß unter diesen Umständen, dass sie nichts von ihm und er nichts von ihr wollte. Die Plänkeleien zwischen den Sklaven nahm er eher belustigt zur Kenntnis, und Teri hatte den Eindruck, dass er die Vorarbeiterinnen von eigenen Gnaden genauso verachtete wie sie selbst.
    Teri machte ihre Arbeit so, dass sie keinen unnötigen Ärger bekam und scherte sich ansonsten um nichts, was um sie herum vorging. Frühmorgens stand sie mit den anderen auf und ging nach einem dürftigen Morgenessen zum Trog, wo sie den ganzen Tag lang blieb. Abends wankte die Gruppe wieder todmüde in die Unterkunft, nachdem sich die meisten Frauen am Bachlauf gereinigt hatten. Es gab allerdings auch ein paar Verwirrte, die auch nachts den Gestank des fauligen Fetts nicht missen mochten und damit die Luft in der Schlafbaracke verpesteten. Da war es schon ganz gut, dass das Gebäude aus grob zusammengefügten Brettern bestand, denn die breiten Fugen in den Wänden ließen wenigstens ein bisschen frische Luft in den Raum, und die Ausdünstungen der schmierigen Körper waren nicht ganz so schwer zu ertragen, wenn ab und zu ein Windhauch durch die Baracke strich.
    Am vierten Tag war ein neuer Wärter am Trog. Der Mann gefiel Teri vom ersten Augenblick an überhaupt nicht. Den halben Tag lang trieb er sich in ihrer Nähe herum und versuchte, sie mit plumpen Komplimenten auf sich aufmerksam zu machen. Besonders ausführlich ließ er sich über das Thema aus, was er mit ihr machen würde, wenn sie beide mal allein wären, was die anderen Sklavinnen pflichtschuldigst kichernd zur Kenntnis nahmen - offensichtlich ganz froh darüber, dass nicht sie es waren, an denen der Wärter Interesse zeigte.
    Teri arbeitete und schwieg. Sie hatte die Erfahrung gemacht, dass es keinen Sinn hatte, sich um Nichtigkeiten zu streiten und hoffte, dem Mann werde das Spiel irgendwann langweilig.
    Zur Zeit der Tagteilung war der Wärter wirklich verdrossen, weil Teri auf seine schlüpfrigen Anspielungen

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