Sturm ueber Thedra
Öllampe den Gang vor der Strohschüttung entlang. Vornübergebeugt leuchteten sie in die Gesichter der Schlafenden und gaben erst Ruhe, wenn sie jede einzelne Sklavin genau erkannt hatten.
Teri hielt die Augenlider leicht geschlossen und ihr Gesicht war vollständig entspannt. Teri dachte, die Wärter würden eine Schlafende vielleicht eher in Ruhe lassen, denn sie rechnete mit Ärger; aber auf das, was dann kam, war sie nicht gefaßt.
Sanft drang der Lichtschimmer der Öllampe durch Teris Augenlider, als die Männer sich über sie beugten. Dann wurde es wieder dunkler, und Teri wollte gerade erleichtert aufatmen, als sie urplötzlich an der Fußkette emporgerissen wurde. Hilflos um sich schlagend glitt sie unter der Decke hervor und wurde mit den Schulterblättern über den rauhen Holzfußboden geschleift. Sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, abends ihren verdreckten Arbeitskittel zu waschen, so dass sie nackt schlief. Die Kette schnitt tief in die Fußgelenke, und Teris Haut brannte am Rücken wie Feuer.
Halb ohnmächtig vor Schmerz und Wut, merkte sie, wie ihr Herz begann, kraftvoll zu schlagen, und sie war schnell, lange bevor die Männer sie nach draußen geschleppt hatten. Dennoch wartete sie ab, um zuerst in eine bessere Position zu gelangen, bevor sie angriff, denn sie hatte den Unsinn ein für allemal satt und wollte klare Verhältnisse schaffen.
"Halt sie fest!" Der Mann der Teri hinter sich hergeschleift hatte, wartete, bis sein Kumpan Teris Handgelenke ergriffen hatte und sie brutal auf den Steinboden preßte, dann erst ließ er die Kette los.
Kraftlos fielen Teris Beine auf den Boden. Die Knie hatte sie leicht seitlich angewinkelt und ihr Atem ging stoßweise, so als sei sie in großer Angst. Jeder, der sie so sah, mußte annehmen, dass sie aufgegeben und sich ihren Peinigern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert hatte.
Der Wärter zu Teris Füßen beugte sich über sie. "Scheint vernünftig geworden zu sein!", teilte er seinem Kollegen mit. "Halt aber trotzdem gut fest!"
Der Druck auf Teris Handgelenke gab ihr genau den Halt, den sie für ihre nächste Aktion brauchte. Sie spreizte ihre Beine mit angezogenen Knien so weit auseinander, wie die Kette es zuließ. Als der Mann vor ihr sich interessiert tiefer bückte, bäumte sie sich auf und ließ ihre Füße vorschnellen. Die straff gespannte Kette traf genau den Hals des Mannes, dessen Kopf ein Stück weit zurückgerissen wurde, bevor er lautlos über Teri zusammenbrach. Mit einer fast spielerisch anmutenden Bewegung stieß sie ihn zur Seite, zog blitzschnell ihre Füße über sich hinweg, spannte ihren Körper wie einen Bogen und verpaßte dem zweiten Kerl die gleiche Behandlung, bevor der noch begriffen hatte, was mit seinem Kumpan geschehen war. Schlagartig löste sich der bislang so hilfreiche Griff um die Handgelenke, und Teri richtete sich auf.
"Nicht solange ich lebe!" Das war alles, was Teri den Männern, die stöhnend auf dem Boden saßen und sich keuchend ihre Hälse rieben, mitzuteilen hatte. Ihr war etwas mulmig bei diesen Worten, denn dass sie lebte, war ein Zustand, der sich mit Leichtigkeit ändern ließ, wenn man die Macht eines Wärters hatte. Trotzdem warf sie den Besiegten noch einen abschätzigen Blick zu und ging dann mit kleinen Schritten in die Unterkunft zurück.
Leise aufstöhnend legte Teri sich auf ihr Lager, denn bei dem Kampf hatte sie sich eine Zerrung im Oberschenkel zugezogen.
"War es schlimm?" Teris Bettnachbarin beugte sich zu ihr herüber.
Teri konnte nicht erkennen, ob die Frage echter Besorgnis, oder einfach nur der Neugier der Frau entsprang. "Ja", antwortete sie deshalb in normaler Lautstärke. "Aber nicht für mich!"
Teri konnte trotz der Dunkelheit spüren, wie die Frau überrascht und ärgerlich zurückfuhr. Mit einem enttäuschten Grunzen warf sie sich wieder auf ihr Lager und ließ Teri in Ruhe.
Teri lag da und überlegte. Deutlich war der Haß zu spüren, der in dem Raum lag. Sicherlich waren durch den Tumult noch andere Sklavinnen erwacht und ärgerten sich jetzt, dass die kleine Thedranerin noch immer nicht ihre Lektion bekommen hatte. Sie waren schwach und schämten sich ihrer Schwäche. - Darum mußten sie alles Starke hassen. Teri erinnerte sich an das Gewitter in der Höhle, als sie Schwäche gezeigt und Aganez ihr Mut gemacht hatte. Danach war der Mann wie umgewandelt gewesen. - Aber sie konnte doch jetzt und hier nicht das ängstliche und folgsame Opfer spielen, nur damit diese
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