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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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zerbrochenen Seelen sie in ihre Gemeinschaft aufnahmen.
    Andererseits konnte Teri natürlich auch nicht unbegrenzt so weitermachen wie bisher, denn jetzt schon war abzusehen, dass sie sich dann bald nach zwei Seiten würde verteidigen müssen. Die abartige Logik des Lagers hieß: `Pass dich an, oder stirb!' - Aber Teri wollte weder das Eine noch das Andere. Teri wollte nachdenken. Und das tat sie auch gründlich.

    Entgegen aller Erwartung ließen die Wärter Teri am Leben.
    Gemeinsam waren zu sie der Auffassung gelangt, dass diese dürre, thedranische Ziege mit dem harten Schlag sowieso keine besonderen Freuden versprach und besser erst einmal das Geld verdiente, das sie gekostet hatte. - Wenn sie genug geschuftet hatte, konnte man sie ja immer noch totschlagen. - Nicht wahr?
    Das bedeutete aber nun keineswegs, dass Teri ihre Ruhe vor den Männern gehabt hätte. Da sie nicht ständig um sich schlagen konnte, mußte sie immer wieder die plumpen Tatschereien der Wärter erdulden, vor denen ihr weiter Kittel leider keinerlei Schutz bot. Widerwillig gewährte sie diese `Freiheiten' da sie den Bogen auch nicht überspannen wollte. Wie leicht hätte sonst einer der Männer im Zorn etwas tun können, dem Teri nicht gewachsen war. Sie konnte sich dank ihrer Schnelligkeit wohl bis zu einem gewissen Grad erfolgreich wehren, aber wenn die Männer sie wirklich umbringen wollten, würde es wegen der Bronzekette an Teris Knöcheln durchaus möglich sein, dass sie damit auch Erfolg hatten.
    Es hatte sich ein empfindliches Gleichgewicht zwischen Ekel und Angst hergestellt. Teri ekelte sich vor den Vertraulichkeiten der Wärter, ertrug sie aber bis zu einem gewissen Punkt. - Die Wärter wiederum nutzten ihre Macht bis zu eben nur diesem Punkt, da sie Angst hatten, sonst eins auf die Nase zu bekommen. So hatte keine Partei gewonnen oder verloren, solange der gewisse Punkt nicht überschritten wurde. Teri fiel es zwar schwer, sich respektiert zu fühlen, wenn gerade wieder einmal feuchtkalte Wärterhände an ihrem Busen herumgrabschten, aber die Männer hüteten sich davor, zu grob zu werden, denn auch wenn man die Macht hat, tut ein blaues Auge doch gewaltig weh!

    Nach zehn Tagen schon war Teri so weit, dass sie begann, wie die anderen Frauen am Trog zu werden. Ihre Welt hatte sich auf den kleinen Bereich zwischen Schlafbaracke und Arbeitsplatz reduziert und sie hatte zu lernen, in dieser Welt zurechtzukommen. Wenn sie auch keinen Anteil an den Gesprächen der Frauen nahm, so hörte sie sich doch mittlerweile ohne Abscheu die Banalitäten und Anzüglichkeiten an, die sie Tag für Tag aufs Neue austauschten. Sie begann sogar heimlich Sympathie für einige der Mitsklavinnen zu empfinden. Sie lief Gefahr, den Dingen ihren Lauf zu lassen - bis Lkeide kam.

    Wenn Teri sich auch immer noch aufrecht hielt, so blieb es den Frauen doch nicht verborgen, dass die `arrogante Thedranerin' wie Teri immer noch genannt wurde, sich langsam anpaßte. Auch hatten die Vorarbeiterinnen mittlerweile ein anderes Opfer für ihre Willkür gefunden, denn eine junge Bäuerin aus Melling war neu in die Gruppe gekommen. Sie hatte eine Ziege gestohlen, wie sie freimütig bekannte und war froh, dass der Richter sie nicht hatte schinden lassen. "Ist doch schön, wenn man seine Haut noch hat!", freute sie sich. "Schaut euch doch an, wie blöd das aussieht, wenn keiner mehr drinsteckt!" Dabei hatte sie zur Demonstration ein aufgequollenes Fell hochgehalten, das schlaff und tropfend herabhing.
    Da hatte Teri zum erstenmal gelacht, seit sie im Lager war. Die junge Frau gefiel ihr. - Bestimmt war sie nicht so abgestumpft wie die anderen, so dass man mit ihr ein wenig reden konnte. Sie beobachtete Lkeide, so hieß die Neue, noch ein Weilchen und erkannte hinter der aufgesetzten Lustigkeit die tiefe Angst dieser jungen Frau, hier im Lager ihr Leben beenden zu müssen.
    Am Abend hatte Teri es so eingerichtet, dass sie neben Lkeide am Bachlauf stand, als die Frauen sich wuschen.
    "Pass auf! - Du stehst neben einer Diebin!", warnte Lkeide mit einem Grinsen.
    "Hab leider nichts da, was ich dir zum Klauen anbieten könnte", brummte Teri. "Meinen Kittel brauch ich noch selber."
    "Was hast du denn ausgefressen?", wollte Lkeide nun wissen.
    "Ich hab Erdbeben gemacht", berichtete Teri wahrheitsgemäß, konnte sich aber ein Grinsen dabei nicht verkneifen.
    "He, toll!" Lkeide war begeistert. "Du warst das also! Mach doch noch mal! - Dann bricht hier alles zusammen und wir gehen

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