Sturm ueber Thedra
nach Hause."
"Hab vergessen wie's geht", behauptete Teri. "Aber wie man Bronzeketten an Steinen zerreibt, das weiß ich!"
"He, sag bloß, du hast einen Plan?" Lkeide beugte sich vor, so dass ihr Kopf ganz nahe bei Teri war. "Hau bloß nicht ohne mich ab!"
"Was gibt's da zu quatschen?" Eine der Vorarbeiterinnen kam in ihrem schmierigen Kittel daher und sah die jungen Frauen mißtrauisch an. "Macht bloß keinen Ärger!"
"Ach, ich hab ihr doch bloß gesagt, dass ich sie liebe!", beteuerte Lkeide in gespielter Unterwürfigkeit, und Teri spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg.
"Freches Blag!" Die Vorarbeiterin wandte sich verärgert ab.
Teri schlüpfte aus ihrem Kittel und spülte ihn im Bach aus. Lkeide tat es ihr gleich. "Du siehst wirklich hübsch aus!", bemerkte sie mit einem Seitenblick auf Teris Körper, aber es war nichts Anzügliches an ihren Worten.
"Du solltest auch nicht hier im Lager versauern", revanchierte Teri sich. "Ich wette, dass du draußen jede Menge Chancen hast!"
"Da sei dir mal sicher!" Lkeide brachte ihren nackten Körper in eine komisch - aufreizende Pose. Sie war mit Sicherheit ein wenig älter als Teri, wirkte aber in ihrer mädchenhaft unbekümmerten Art wie eine viel jüngere Frau.
Teri ließ sich von dem zappeligen Gehabe Lkeides nicht verwirren. Sie war ungleich kräftiger gebaut als Teri, und ihre geschmeidigen Bewegungen verrieten eine Energie, die nie zu versiegen schien. Teri nahm das Bild Lkeides in sich auf. - Mit so einer Gefährtin konnte es tatsächlich gelingen, die Wachen zu übertölpeln und das Lager zu verlassen.
Gemeinsam wrangen die beiden Frauen ihre Kittel aus und zogen sich die nassen Lappen wieder über den Leib. Schaudernd dachte Teri daran, dass es im Winter nicht möglich sein würde, die Kleidung zu waschen und über Nacht trocknen zu lassen. - Ein Grund mehr, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden.
In der Nacht kam Lkeide in Teris Bett. Nicht das leiseste Klirren der Fußkette hatte verraten, dass sie sich näherte und doch war Teri nicht sonderlich überrascht, als sich ihre Decke sacht anhob und ein schlanker, weicher und doch fester Körper neben den ihren glitt. Sie hatte geahnt, dass ihre neue Freundin kommen würde.
Ringsum blieb alles ruhig. Entweder hatte niemand etwas von Lkeides nächtlicher Wanderung bemerkt, oder es war den Frauen gleichgültig. Es war zwar nicht die Regel, dass die Bewohnerinnen der Baracke sich gegenseitig im Bett besuchten, aber hin und wieder kam es doch vor.
Es war das erste Mal, dass Teri Lkeide berührte, und mit einer gewissen Erleichterung stellte sie fest, dass der Besuch nicht ihr als Frau, sondern vielmehr der Ausbrecherin in ihr galt. Lkeides Berührung erweckte den Eindruck in Teri, als halte sie einen Vogel in ihrer Hand gefangen. Lkeide liebte die Freiheit über alles, und schon der erste Tag im Lager hatte sie halb wahnsinnig gemacht. Teri konnte es nur bewundern, mit welcher Kaltschnäuzigkeit diese Frau ihre Panik überspielt hatte.
Lkeide litt unglaublich unter der Gefangenschaft. Sie hatte beständig das Gefühl, von den Felswänden ringsum erdrückt zu werden, und ihre Fußfesseln brachten sie zur Verzweiflung. Dennoch hatte sie es fertiggebracht, den Eindruck eines aggressiven kleinen Wirbelwinds zu erwecken, der die alten Strukturen des Lagers ein wenig durcheinanderfegte. Lkeide hätte alles getan, um hier herauszukommen, und nun sah sie in Teri eine Aussicht auf Rettung.
"Wann hauen wir ab?" Es war nicht mehr als ein Hauch, was da an Teris Ohr drang, aber es lag alle Hoffnung der Welt darin. Eine Hand glitt über sie hinweg und legte sich auf ihre Hüfte.
Teri fühlte sich wohl neben Lkeide. "Bald schon", sagte sie und legte eine Hand auf Lkeides Arm, die sie sanft an sich zog.
"Wann? - Morgen? - Morgen nacht, ja? - Lass uns morgen nacht verschwinden! - Ja?"
Teri fühlte sich hilflos. Zu verwirrend war die Nähe Lkeides, die sie an ihren nackten Körper zog und in atemloser Angst die immer gleichen Worte in ihr Ohr flüsterte. Um die Freundin zu beruhigen, strich Teri ihr sanft über das Haar. - Es fühlte sich sehr gut an.
"Sag, dass wir morgen hier verschwinden", wisperte Lkeide. "Ich sterbe hier! - Und du auch!"
Da wurde es Teri plötzlich klar, dass Lkeide recht hatte. Ein Tag mehr im Lager war schon einer zu viel! - Schon begann sie selbst, sich an den täglichen Trott zu gewöhnen. Ein halbes Jahr noch, dann würde sie genau so eine leere Hülle sein, wie die anderen
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