Sturm ueber Thedra
zu zetern. "Lass das liegen! Das gehört mir! Meine Freundin hat's zuerst gesehen!", lamentierte sie und humpelte auf die Vorarbeiterin zu, die verwundert auf die Zierspange sah, die sie inzwischen aufgehoben hatte. - Solche Zierspangen trugen die Wachen an ihrer Kleidung. Bestimmt hatte einer der Männer sie hier verloren. - Man konnte sich beliebt machen, wenn man so einen wertvollen Fund abgab.
Teri stand vollständig vergessen da und wußte nicht so recht, was sie machen sollte.
"Verschwinde!", brüllte die Vorarbeiterin Lkeide unvermittelt an und gab ihr noch einen Stoß. " Ich hab's gefunden und ich geb's auch ab! Die Belohnung krieg' ich !" Mit würdevoll erhobenem Haupt und trippelnden Schrittes ging sie davon, verfolgt von der wütenden Lkeide, die mit ihrer Kette aber noch nicht so gut zurechtkam wie die erfahrene Sklavin und alsbald hinfiel.
Teri war unendlich erleichtert, dass der Zufall die Entdeckung ihres Plans verhindert hatte. So schnell sie konnte, ging sie zu Lkeide und half ihr auf. "Sei nicht ärgerlich", tröstete sie die Freundin. "Morgen geht uns das alles nichts mehr an!"
"Ärgerlich?", lachte Lkeide leise auf. "Besser konnte es gar nicht laufen!"
Einen Moment lang war Teri verdutzt, dann begriff sie. "Hast du etwa ..."
"Man braucht immer was zum Leute ablenken", erklärte Lkeide. "Schau mal", sie schlug den Kragen des feuchten Kittels hoch, "ich hab noch eine!"
Um ein Haar hätte Teri vor Verblüffung laut herausgelacht. Unter Lkeides Kittelkragen war noch eine weitere Kupferspange verborgen, die sie - hier im Lager, man bedenke! - ganz offensichtlich einem der Wärter gestohlen hatte. "Danke, dass du mir geholfen hast!", sagte Teri schnell, denn es war ihr nun klar, dass die Freundin das Schmuckstück hatte fallenlassen, um die Wärterin abzulenken; und sie fand es ein wenig peinlich, dass sie den Trick nicht sofort durchschaut hatte.
"Was heißt hier danke?", brummte Lkeide mit todernstem Gesicht. "Du schuldest mir eine Spange!"
Das Durchtrennen der Kette an den Fußgelenken war für Teri ein Kinderspiel. Als die `Sesiol' beschädigt im Hafen von Isco gelegen hatte, waren auch die Wanten erneuert worden, und wenn Teri nicht gerade mit Ging unterwegs gewesen war, hatte sie für den Kapitän die Bronzebolzen zur Befestigung der Seile zurechtgeschliffen. Sie wußte, wie schlecht Bronze scharfen Steinkanten widersteht, wenn man nur genug Druck anwendet und lange genug darauf herumreibt. Still hatte sie sich im Dunkel der Baracke unter ihrer Decke zusammengekauert, hielt die Kette unter Spannung, damit sie nicht klirrte, beseitigte den Bronzeabrieb, der dem Stein die Schärfe nahm, mit Speichel und hatte schon lange vor der Nachtgleiche die Kette abgestreift.
Eine Zeitlang lag Teri danach noch angespannt auf dem Rücken und lauschte in die Dunkelheit. Aus der Richtung in der Lkeides Schlafplatz lag, kam nicht das geringste Geräusch. Entweder ging die Freundin ebenso geschickt vor, wie Teri, oder sie war schon lange eingeschlafen. Teri beschloß, bis etwa zur Mondgleiche zu warten und dann zu Lkeides Lager zu gehen. Zu lange abzuwarten hatte keinen Sinn, da jederzeit die Wachen auftauchen und die durchtrennte Kette entdecken konnten, die unter Teris Decke lag.
Kein Atemzug und kein Rascheln hatten die Annäherung von Lkeide verraten, als sie, kurz vor der Mondgleiche, neben Teris Lager auftauchte. "Bist du bereit?", wisperte sie, indem sie ihre Lippen ganz dicht an Teris Ohr brachte.
Statt einer Antwort richtete Teri sich langsam auf, wobei sie jedes unnötige Rascheln des Strohs zu vermeiden suchte, griff im Dunkel nach ihrem Kittel, der von einem Deckenbalken herabhing und ging, mit vorsichtig tastenden Schritten den Mittelgang entlang, zu der verriegelten Tür.
Eigentlich hatte Teri daran gedacht, schon am Abend mit den Fingernägeln einen langen Holzspan aus einem der verwitterten Bretter zu lösen, um damit durch eine der Fugen in der Tür den Riegel zurückschieben zu können. Jetzt hatte Lkeide für diesen Zweck ja die Spange besorgt, was natürlich ungleich praktischer und eleganter war. Teri mußte zugeben dass ihre neue Freundin sich auf manche Tricks und Kniffe besser verstand als sie. Nicht, dass es Teri an Geschicklichkeit gemangelt hätte; es war nur die etwas geradlinigere Art zu denken, die sie hier ins Hintertreffen geraten ließ. Lkeide war immer darauf aus, die Leute anzuschwindeln, zu verwirren und zu täuschen. - Ein Wesenszug, der Teri fast gänzlich
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