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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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Lkeide spielten ihren Vorteil voll aus.
    Nach wenigen Tagen schon schienen die befreiten Sklaven überall gleichzeitig aufzutauchen. Kein Köhlerlager, keine Weberstube und kein Bergwerk war sicher vor ihnen. Sie befreiten Menschen aus Cebor und Ago, Tigan und Osange, Bru und Isco. Sogar einige Dramilen waren unter den Befreiten, die Teri aber nicht als unmittelbare Gefahr ansah. Solange es nicht direkt gegen Thedra ging, würden die Frauen und Männer bedingungslos hinter Teri stehen, und wenn die große, entscheidende Schlacht begann, konnte man immer noch eine Lösung für das Problem der Dramilen im Heer finden.
    Das Heer der Befreiten war schnell. Es war dieselbe brisante Mischung aus Menschen aller Länder, die einst dem Kaiser getrotzt hatte, als er seine Sträflingskolonie hatte befrieden wollen. Talente und Fähigkeiten aller Nationen vereinigten sich hier zu einer Kraft, die Estador, weit mehr als die Einnahme Thedras, in seinen Grundfesten erzittern ließ.

    Immer schneller und immer dreister wurden das Heer der ehemaligen Sklaven. Es wehte über das Land hinweg, wie Herbstblätter, die bald hierhin, bald dorthin getrieben werden. Es überfiel kleine und größere Lager, teilte und vereinigte sich nach Belieben, und in mancher Nacht fanden vier oder sogar fünf Befreiungsaktionen zugleich statt. Es hatten sich unter Teris und Lkeides Leitung fähige Unterführer herausgebildet, die ihr Handwerk wohl verstanden, Posten und Stadtwachen umgingen, die Lager überfielen und auch die Vorräte an Lebensmitteln nicht mitzunehmen vergaßen.
    Dass dabei so mancher Speicher harmloser Bauern ebenfalls ausgeräumt wurde, war für Teri eine traurige, aber notwendige Angelegenheit. Sie und Keldan schärften den Unterführern jedoch ein, immer nur einen Teil des Vorhandenen zu nehmen, um die Bevölkerung nicht zu sehr gegen sich aufzubringen, und selbst Lkeide, die doch sonst so schlecht etwas liegenlassen konnte, mußte dem zustimmen.
    Sie war es auch, die einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg der Requirierungs- und Befreiungsaktionen leistete. Lkeide war es gewesen, die Teri und Keldan vorgeschlagen hatte, nicht im geschlossenen Verband zu marschieren, sondern mit kleinen Stoßtrupps zu operieren, die schwer zu fassen waren. So durchstreifen ständig kleine Gruppen Befreiter die Wälder des nordöstlichen Estador, schlossen sich nur bei ihren Einsatzorten zu größeren Verbänden zusammen und teilten sich alsbald wieder in Einheiten von geringer Größe auf.
    Diese "Diebestaktik", wie Teri sie nannte, brachte die Estadorianer schier zur Verzweiflung. Wie sollte man ein Heer bekämpfen, das nicht greifbar war, das regelmäßig nach seinen Attacken verschwand - sich förmlich in Luft auflöste?
    Es ging gut voran mit Teris kleiner Armee, die nun schon mehrere hundert Frauen und Männer zählte. Die erbeuteten und selbst gefertigten Waffen ihrer Kämpfer standen den Schwertern und Bogen der Stadtwachen und Feldhüter kaum nach, und im Herbst kam Teri neben Keldan an der Spitze von siebenhundert Bewaffneten vor dem Gerberlager von Wolfen an. Dies war auch die Zeit, in der man in Estador von der `Schlafenden Armee' zu reden begann.

    Lange schon war die Nachricht von den Siegen der Sklavenarmee in Wolfen angekommen, und die dortigen Kaufleute hatten, neben den Männern aus der Wachstadt, noch eine private Streitmacht aufgestellt, die sich jetzt im Lager befand und dafür sorgen sollte, dass die Mauer einem eventuellen Angriff standhielt. Die Stadtwachen Wolfens bildeten die Elite, und viele Söhne von Kaufleuten waren von ihren Vätern dazu gedrängt worden, sich freiwillig zu melden.
    Diese unausgebildeten jungen Männer bildeten den Hauptteil der Truppe, und es war kaum einer dabei, der sich in seiner Rolle sonderlich wohl gefühlt hätte. Sie befanden sich schon seit mehreren Tagen hinter der Lagermauer, hieben mit ihren Schwertern Löcher in die Luft, schickten Speere auf wackelige, kurze Flugbahnen und scheuerten sich an Bogensehnen die Finger wund, als die Befreiungsarmee tatsächlich erschien. - Doch soviel sie auch geübt hatten, irgendwie fühlten sich die Verteidiger für einen Kampf nicht gerüstet, als sie die Menge ihrer Gegner in einiger Entfernung von der Mauer ihr Lager aufschlagen sah. Die Anzahl der Befreiten machte ihnen Angst, und die Angst machte die Schutzmauer klein und schwach, die Schwerter und Speerspitzen stumpf, und es schien, dass selbst die Spannkraft der Bogen erschlaffe.
    Wie sollten die

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