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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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würden diese mit Sicherheit in den trügerischen Hochmooren steckenbleiben und umkommen.
    Thedra war uneinnehmbar! Daran glaubte Teri, daran glaubte der König und daran glaubten alle. - Die Schlafende Armee war nur eine Legende, geschaffen, um die ewig Ängstlichen und die Zweifler zu beruhigen, die die Realitäten nicht sehen wollten oder nicht sehen konnten.
    Thedra war uneinnehmbar! Angreifer auf See wurden von den Fliegenden Schiffen vernichtet. Angreifer im Hafen vom Wachfelsen aus. Angreifer aus dem Binnenland konnte es nicht geben. Thedra hatte keine Armee und brauchte auch keine.
    Trotzdem, oder gerade deshalb, wurde in jedem Jahr das Fest der Armee gefeiert. Immer zum Jahrestag des ersten und einzigen kaiserlichen Angriffs auf seine aufsässige Verbanntenkolonie, wurde die kleine Höhle am Weg in das Binnenland zum Mittelpunkt der Stadt. Jeder Bewohner, der Lust hatte, stellte dann mitgebrachte Opfergaben für die Armee kurz auf den Altar und aß sie dann zweckmäßigerweise gleich selbst an Ort und Stelle auf. Da das Fest in den meist noch sonnigen Herbst fiel, nutzten regelmäßig viele Handwerker die Gelegenheit, ihren düsteren Werkstätten für einen Tag zu entfliehen und mit ihren Familien einen nahrhaften, glaubensstarken Spaziergang zu unternehmen.
    Für den Rest des Jahres war die Höhle der Armee ein ruhiger, für Teris Geschmack ein viel zu ruhiger Ort. Zwar lag sie direkt an dem Hauptweg, der ins Binnenland führte, kurz vor dem Beginn des Felssteiges, aber die Leute, die hier vorbeikamen, waren allesamt so sehr von dem Transport ihrer Waren, oder ihren sonstigen Geschäften in Anspruch genommen, dass Teri noch nicht ein einziges Mal von jemandem angesprochen worden war.
    Aber das Amt hatte auch seine guten Seiten. Besonders erfreut war Teri über ihre neue Kleidung. Da das Hüteramt im weiteren Sinne zum Schardienst zählte, mußte, nein, durfte Teri die Tracht der Sturmflottenschar tragen: Über weißseidenem Unterzeug trug sie einen Wollanzug, der hervorragend gegen die Kälte schützte. Darüber wiederum sorgte ein eng anliegender Anzug aus geölter gelber Seide für Schutz gegen Nässe. Ein gelbes Halstuch, eine Umhängetasche und hohe Seestiefel mit weichen Sohlen vervollständigten die Ausrüstung.
    Besonders stolz war Teri auf ihren bronzenen Dolch. Das kurze, einseitig geschliffene Instrument mit dem plumpen Griff war zwar in erster Linie dafür gedacht, gefrorene Knoten im Takelwerk der Fliegenden Schiffe aufzubrechen, aber immerhin war es eine Waffe der Schar, und die lederne Scheide war reich verziert.
    Noch wichtiger war allerdings, dass sie nun doch schon offiziell in den Schardienst aufgenommen worden war. Vor ihrer Einsetzung als Hüterin hatte Athan ihr den Eid der Scharleute abgenommen. Danach war sie von Jamik, einem Schüler Gerons `gehärtet' worden. Die `Härtung' hatte sich in der Werkstatt Jamiks abgespielt. Was dabei vor sich gegangen war, wußte Teri nicht genau. Es war so etwas wie ein Schlaf oder eine Ohnmacht gewesen. Jamik hatte ihr nachher erklärt, dass sie nun in der Lage sei, die Schargeheimnisse zu wahren.
    Der einzige Mangel an der Sache war, dass Teri sich überhaupt nicht bewußt war, Schargeheimnisse zu kennen, die sie hätte ausplaudern können.
    "Du wirst weiter feststellen, dass du in manchen Dingen anders reagierst als früher", hatte Jamik weiter erklärt. Wenn du in Bedrängnis gerätst, wirst du schneller und stärker sein, als man es deinem Körper zutraut. - Aber nur für kurze Zeit. Es wird eine große Erschöpfung folgen. - In der Gefahr werden sich deine Sinne schärfen und es dir leicht machen, dich richtig zu entscheiden. - Du wirst dich auch an manches erinnern, was ich dir in den vergangenen Tagen beigebracht habe; an Dinge, die dir sehr hilfreich sein können. - Geh aber vorsichtig mit deinen neuen Gaben um. Du bist jetzt stark. Bedenke immer, dass andere Menschen nicht so stark sind. Geh jetzt!"
    Als Teri wieder auf die Straße trat, waren zwei Tage vergangen gewesen. Zwei Tage lang war sie von Jamik `gehärtet worden. - Und sie spürte nichts. Absolut nichts! Etwas enttäuscht hatte Teri ihr Amt als Hüterin angetreten.

    Mittlerweile fand Teri langsam Gefallen an ihrer Aufgabe und versuchte, ihre wenigen Pflichten ordentlich zu erledigen.
    Jeden Tag kam bei Sonnenaufgang ein Wächter aus der Stadt, der ihr einen Beutel und einen Krug mit Opfergaben für die Schlafende Armee brachte. Sie stellte immer brav Brot, Wein, Wasser, Fleisch und

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