Sturm ueber Thedra
drei kehrten in die Stadt zurück. Sed eb Rea war sich sehr wohl des langen, mißtrauischen Blickes bewußt, den diese kleine Priesterin ihnen nachgeworfen hatte. Er war froh, dass er sich persönlich um diese Angelegenheit gekümmert hatte. - Diese Hüterin hätte gefährlich werden können.
Nachdenklich schaute der Kapitän über die Türme der Stadt, die schon bald ihm gehören sollte. Der Blick vom Hauptweg aus bot ein mächtiges Panorama. Viertausend Menschen zählte Thedra - zweiundsiebzig Männer die Stadtwache. Ein Kinderspiel, diese Stadt zu besiegen!
Einzig unbekannter Faktor war die Stärke der Sturmflottenschar zum Zeitpunkt des Angriffs. Alles was die Schwalbenschiffe betraf, unterlag der strengsten Geheimhaltung.
Es war Sed eb Rea trotz intensivster Bemühungen noch nicht einmal gelungen, herauszubekommen, über wie viele der Fliegenden Schiffe die Thedraner überhaupt verfügten.
Erzählungen eines geschwätzigen Hafenbeamten zufolge konnten es allerdings kaum mehr als dreißig sein. Ging man davon aus, dass sich mindestens zwei Drittel davon auf Handelsfahrt befanden, blieben zehn Schiffe mit einer Besatzung von jeweils etwa fünfzehn Leuten, die aber kaum alle im Hafen übernachten würden.
Sed eb Reas Plan sah vor, mit seiner Streitmacht im Schneckenhafen an Land zu gehen. Im Bauch der Großen Geliebten und einem anderen Dramilenfrachter warteten sechshundert gut ausgerüstete Soldaten auf die Mondgleiche. Genau um Mitternacht würden die Männer an Land gehen. Um diese Zeit sollten Szin und Llauk die zwei Wachen am Hafenschutztor töten und das Tor öffnen. Anschließend würde die Streitmacht sich teilen.
Einhundert Mann sollten die Stadtwachen an den verschiedenen Standorten möglichst lautlos überraschen und außer Gefecht setzen. Dreihundert Soldaten würden die Königsklippe stürmen und die dort wohnenden Scharleute im Schlaf überraschen. Hier erwartete Sed eb Rea den heftigsten Widerstand. Gleichzeitig würden zweihundert Männer, mit einem Rammbock versehen, das Tor zum Schwalbenhafen eindrücken und Werften und Liegeplätze stürmen.
Es war Sed eb Reas Meinung nach durchaus möglich, dass es in den Gängen des Wachfelsens zu längeren Kämpfen kommen würde. Da er die Besatzung des Felsens auf nicht mehr als fünfzig Männer schätzte, würde er mit zehnfacher Übermacht operieren können, wenn seine Soldaten aus der Stadt nach und nach dazukamen.
Die Scharleute würden keine Gelegenheit haben, auch nur ein Fliegendes Schiff seeklar zu machen, dafür war gesorgt. - Wenn nur auf die Worte dieses Llauk mehr Verlass gewesen wäre! Hoffentlich war das Tor des Schwalbenhafens wirklich so schwach, wie er behauptete. Wenn das Tor besser hielt als angenommen und die Scharleute im Hafen sich erst einmal formieren könnten, würde es erheblich schwieriger werden, sie auszuräuchern. Nur zu gern hätte Sed eb Rea sich selbst einmal im Vorhof des Schwalbenhafens umgesehen, aber ihn als Fremden hätten die Wachen dort sofort verhaftet. Er mußte sich schon auf die Berichte seines Spions verlassen.
Nachdenklich sah Sed eb Rea auf den Gipfel der Königsklippe.
"Da fällt mir ein - ist eigentlich dieser alte Zauberer wieder zurück?"
"Geron? Nein Herr! - Geron ist nach Hestron berufen worden, und man sagt, dass er nicht zurückkehren wird."
"Schade! Ich hätte mir den alten Knaben gern mal aus der Nähe angesehen. Er versteht sich gut auf's Feuer machen wie man hört."
Unwillkürlich durchzuckte Llauk die Vorstellung, wie Geron Sed eb Rea seine Feuerkünste demonstrierte: An Sed eb Rea! Doch ein warnendes Kribbeln in seinem Unterleib ließ ihn diesen spaßigen Gedanken nicht zu Ende bringen. „Gerons Stelle hat jetzt Jamik eingenommen, sagte er hastig.“
"Der Meisterschüler", stellte Sed eb Rea mehr für sich fest. "Ich bin ja mal gespannt, wie es in seiner Werkstatt aussieht!"
Wieder zu Hause angekommen, hielt Llauk es nicht mehr aus. "Wann wollen wir losschlagen, Herr? Ist es bald so weit? Werde ich dann Gouverneur, Herr? Euer Diener hat es mir versprochen!"
Angeekelt sah der Kapitän auf den Stoffmacher, der dienernd und kriecherisch um den Tisch scharwenzelte und es nicht erwarten konnte, seine Stadt zu verraten. "An dem Abend, wenn du deinen Dolch zurückerhältst, Stoffmacherlein, an genau dem Abend wirst du zum Mörder werden. - Und wenn du zum Mörder geworden bist, dann wird Thedra fallen!"
"Herr, ich ..."
"An jenem Abend wird Szin bei dir bleiben", fuhr Sed eb Rea fort.
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