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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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leicht mit einem Rammbock eingedrückt werden konnten.
    Llauk hatte ganze Arbeit geleistet, und Sed eb Rea konnte stolz auf seinen Spion sein, den er so vorzüglich hatte abrichten lassen.
    An einem sonnigen Tag im Herbst war es dann so weit: Als die ersten Eisschollen aus dem Nordmeer an Thedras Hafeneinfahrt vorbeitrieben, kam Sed eb Rea, Großkapitän der dramilischen Flotte, Fürst von Thonar, zu einer letzten Erkundung nach Thedra.
    "Nun Stoffmacherlein, was weißt du zu berichten?" Sed eb Rea war in Llauks Wohnung gekommen. Nun saß er am Tisch und lehnte sich so gemütlich wie es ging, auf seinem Stuhl zurück. Sein schiefliegender Kopf gab seiner ganzen Erscheinung in Llauks Augen etwas Furchteinflößendes; schließlich war er es gewesen, der den Kapitän so heimtückisch verwundet hatte. - Er verfluchte sich dafür!
    "Wir haben eine neue Hüterin, Herr!"
    Teris Vereidigung war das herausragende Ereignis der letzten Tage gewesen. Llauk war selbst auf dem kleinen Platz am Felssteig gewesen, wo die Höhle der Armee lag und hatte die Amtseinführung verfolgt.
    "Was für eine Hüterin?" Sed eb Rea war nur mäßig interessiert.
    "Ach, die Hüterin der Schlafenden Armee, Herr! Ein ganz und gar unwichtiger Posten."
    "Armee?" Sed eb Rea runzelte die Stirn. So weit er wußte, hatte Thedra überhaupt keine Armee, sondern verließ sich in seiner Verteidigung ganz auf die Scharleute.
    "Nein Herr", versicherte Llauk eilig. "Keine richtige Armee. Das - das ist mehr so eine Art - wie soll ich sagen? - Ein alter Glaube, Herr."
    "Eine Religion?"
    "Ja Herr, so ähnlich."
    Sed eb Rea erhob sich. Llauk sprang eilig auf, und auch Szin, der die ganze Zeit starr dagesessen hatte, schob nun seinen Stuhl zurück und folgte den beiden mit geschmeidigen Bewegungen.
    "Wenn es eine Religion ist, dann darf man sie nicht unterschätzen! Ich will mir diese Priesterin mal näher ansehen. - Kommt!" Sed eb Rea war an der Tür stehengeblieben. Er machte sich Sorgen. Eine neue feindliche Armee paßt nie in die Pläne eines Feldherrn, auch nicht, wenn sie schläft.

    Teri hatte sich inzwischen an ihre neue Würde gewöhnt. Zwar fand sie es immer noch lästig, ein volles Jahr in der Höhle der Armee verbringen zu müssen, aber es gab nur wenig Pflichten zu erfüllen, so dass es sich dort doch ganz angenehm leben ließ.
    Der Kult um die Schlafende Armee war eine Sache, die in Thedra zwar gepflegt, aber nicht sonderlich wichtig genommen wurde. Der Sage nach hatte einst ein mächtiger Zauberer, noch größer als Aganez, eine gewaltige Armee in Stein gebannt, die der Stadt Thedra zu Hilfe eilen würde, falls diese je in Bedrängnis geriete.
    Die Hüterinnen und Hüter wurden in jedem Jahr neu bestimmt und dienten dazu, im Fall der Not dem Weg zu folgen, der auf einem großen Stein eingemeißelt war. Sie waren es, die die Armee zu finden, zu erwecken und zu herzubringen hatten.

    "Tief in Gebirges dunkler Höhlung
    Männer und Frauen und Waffen zuhauf
    ruhen und warten den Feind zu bezwingen
    mit stählerner Macht!"

    So stand es eingemeißelt auf dem Opferstein, den Teri jetzt täglich gründlich abzustauben hatte.
    Solange man sie aber nicht wirklich brauchte, ließ man die Armee besser weiterschlafen.

    "Wage es Wand'rer im Scherz sie zu suchen
    ohne Not zu erwecken die eherne Schar
    wird ihre Kraft sich gegen dich wenden
    mit stählerner Macht!"

    Teri war das alles ziemlich gleichgültig. Sie glaubte nicht daran, dass Thedra jemals vom Feind genommen werden könne. Die Stadt lag zwischen der schmalen Hafeneinfahrt mit dem Wachfelsen und dem kaum zwei Ellen breiten Fußsteig auf der Landseite mitten in einer natürlichen Festung.
    "Zwei alte Wächter können Thedra gegen jeden Feind verteidigen!", sagte man in der Stadt, und dieses Sprichwort übertrieb kaum.
    Der Wachfelsen an der Hafeneinfahrt sorgte dafür, dass kein angreifendes Schiff unbeschadet in den Hafen gelangen konnte, und die Wachen dort verstanden es, mit ihren Stahlfeuerbögen und Katapulten umzugehen. Der Fußsteig, der nach Estador hineinführte, war fast noch leichter zu verteidigen. Hier konnte tatsächlich ein einzelner beherzter Kämpfer mit Schild und Schwert einer ganzen Armee trotzen.
    Im übrigen war es äußerst unwahrscheinlich, dass Thedra je von der Landseite her angegriffen würde. Die schroffe Küste Estadors bot weder Schiffen noch Booten eine Landemöglichkeit. Sollte der Feind es trotzdem schaffen, einige Soldaten durch die mörderische Brandung zu bringen,

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