Sturm und Drang
ich uns widerstrebend ihren Befehlen und verlegen Cimdy und Bertax rasch in Makris winzige Kammer.
»Das kann doch nicht rechtens sein«, beschwert sich Makri. »Ich habe nur diesen kleinen Raum. Wieso muss ich dann gleich zwei Kranke aufnehmen? Wie soll ich studieren, während sie hier sind? Und wenn ich mich auch bei ihnen mit dem Fieber anstecke?«
Wir haben die Kranken gerade umgebettet, als auch schon Moolifi und Ghurd die Treppe heraufkommen. Ghurd wirft mir einen fragenden Blick zu. Ich deute mit einem Nicken an, dass er sie unbesorgt ins Gästezimmer führen kann. Moolifi dankt Ghurd. Ihre Stimme ist kühl und vornehm und weit weniger verrucht, als ich bei einer Sängerin aus Kushni vermutet hätte. Sie erklärt, dass sie müde ist und sich eine Weile hinlegen möchte.
»Das ist schlimm«, erklärt Ghurd, nachdem die Sängerin sich zurückgezogen hat.
»Da hast du Recht. Die Oberhexenmeisterin der Zaubererinnung liegt in meinem Bett und stirbt. Gott allein weiß, was Der Berühmte Und Wahrheitsgetreue Chronist darüber schreiben wird.«
Wir gehen in mein Büro. Chiruixa taucht geschäftig in der Schlafzimmertür auf.
»Du musst den Präfekten verständigen«, erklärt sie.
»Das geht nicht«, weigert sich Ghurd. »Der macht mir die Taverne zu.«
»Er macht noch weit Schlimmeres, wenn er herauskriegt, dass du einen Ausbruch des Fiebers verheimlichst«, meint die Heilerin nachdrücklich.
»Ich melde es nicht.« Ghurd bleibt stur.
»Dann melde ich es«, erklärt Chiruixa.
»Wir können es ohnehin nicht geheim halten«, wirft Makri ein. »Den Leuten wird es auffallen, wenn die Oberhexenmeisterin der Zaubererinnung plötzlich wie vom Erdboden verschwunden ist.«
Damit hat sie natürlich Recht. Lisutaris gehört zu den wichtigsten Menschen der Stadt. Sie kann nicht einfach untertauchen. Es ist unsere Pflicht, die Behörden über die Vorkommnisse zu verständigen. Ghurd scheint nichts anderes übrig zu bleiben, als die Vorfälle dem örtlichen Präfekten zu melden.
In dem Moment klopft jemand leise an die Flurtür meines Büros. Alle starren sie argwöhnisch an, und ich mache sie vorsichtig auf. Davor steht eine zierliche, blasse Frau mit dunklem Haar, die ich für eine Marktfrau hielte, wenn ich in ihr nicht Marihana erkennen würde, die Nummer drei der Meuchelmördergenossenschaft. Ich starre sie verächtlich an.
»Was willst du?«
»Makri.«
Marihana spricht sehr sanft. Niemand, der ihre Stimme hört, würde glauben, wie viele Menschen sie schon umgelegt hat. Ich verabscheue sie genauso, wie ich alle Meuchelmörder verabscheue. Es ist eine tödliche, mörderische Brut, ohne die die Stadt weit besser dran wäre. Ich will ihr gerade die Tür vor der Nase zuschlagen, als Makri heraneilt.
»Was gibt es?«, fragt sie.
Marihana flüstert Makri etwas ins Ohr.
»Ich verbitte mir dieses mörderische Meuchelmördergetuschel vor meiner Tür!«, weise ich die beiden barsch zurecht.
Marihana fasst sich an den Hals und fällt vornüber. Das ist allerdings sehr verwirrend. Normalerweise reagiert sie anders auf Beleidigungen.
»Sie hat das Fieber!«, ruft Makri entsetzt.
»Nein!«, schreie ich. »Nicht Marihana. Nicht in meinem Büro!« Ich wirble zu Ghurd herum. »Die Angelegenheit läuft allmählich aus dem Ruder. Wir müssen diese Siechen aus der Taverne schaffen!«
Chiruixa beugt sich über die Meuchelmörderin.
»Legt sie auf die Couch!«, ordnet sie an.
»Ich weigere mich, eine kranke Meuchelmörderin auf meine Couch zu lassen!«, erkläre ich gebieterisch.
Chiruixa und Makri ignorieren mich. Marihana wird flach hingelegt. Schweiß rinnt ihr von der Stirn, und sie atmet keuchend. Ich starre sie finster an.
»Hättest du nicht woanders krank werden können? Du bleibst nicht hier. Ich werde das nicht gestatten.«
»Niemand in Turai kann sich weigern, einem kranken Gast zu helfen!«, weist Chiruixa mich zurecht.
»Sie ist kein Gast. Sie hat sich ungebeten Zutritt verschafft.«
Ich stehe auf verlorenem Posten. Chiruixa ist bereits mit ihren Kräutern zugange.
»Holt mir eine Decke!«, befiehlt sie.
»Ich verbiete es euch, Marihana mit meiner Decke zuzudecken!«, schnarre ich. Vergeblich. Makri kommt schon damit angelaufen.
»Wie kann Marihana mein Gast sein? Ich mag sie nicht mal. Da könnt ihr jeden fragen.«
Niemand achtet auf mich. Also schnappe ich mir eine Flasche Kleeh und nehme einen großen Schluck. Ich schüttele mich, als der Schnaps brennend meine Kehle hinunterrinnt. Jetzt habe ich
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