Sturm und Drang
Thazisrolle an und kehrt Moolifi nachdrücklich den Rücken zu. Sie will offenbar ihre Verachtung für diese Vorstellung zeigen. Aber sie ist die Einzige im ganzen Schankraum. Das Stimmengewirr ebbt ab, und der Trinkwettstreit wird unterbrochen, als Moolifi anfängt zu singen. Aber die Stille hält nicht lange an. Als die Künstlerin das Lied »Liebe mich durch den Winter« anstimmt, erntet sie stürmischen Beifall. »Liebe mich durch den Winter« ist ihr beliebtestes Lied. Botenjungen und Kutscher pfeifen es seit Monaten. Es hat eine eingängige Melodie, und als Moolifi die erste Strophe beendet hat, hämmern schon einige Krüge im Takt mit. Als das Lied endet, erntet sie donnernden Beifall.
»Das war ja furchtbar«, erklärt Makri. »Welcher Idiot kann so etwas genießen? Thraxas, hör endlich auf, deinen Krug auf dem Tisch zu zertrümmern! «
»Wieso sollte es mir nicht gefallen? Sie ist eine großartige Künstlerin.«
Ich hämmere meinen Krug noch ein paar Mal auf die Tischplatte. Makri schüttelt den Kopf und steht angewidert auf. Dann reißt sie mir den Krug aus der Hand und stellt ihn auf ihr Tablett.
»Bring mir noch ein Bier!«, gröle ich.
»Darauf kannst du lange warten!«, knurrt Makri und windet sich mit ihrem Tablett durch die dicht gedrängte Menge von Trinkern, während sie den Männern rechts und links die Krüge aus den Händen reißt.
Moolifi singt noch einige Lieder. Es ist eine bemerkenswerte Nacht. Alle Sorgen wegen des Krieges sind gebannt, und diejenigen unter den Gästen, die noch um Freunde und Verwandte trauern, die sie vor kurzem in der Schlacht verloren haben, vergessen ihren Gram für eine Weile. Makri gefällt diese billige Unterhaltung vielleicht nicht, aber in der Rächenden Axt wird sie eindeutig wohlwollend aufgenommen. Und Hauptmann Rallig habe ich noch nie so fröhlich erlebt. Er ist so wohlwollend, dass er sogar seinen Groll darüber vergisst, dass wir beide an demselben Fall arbeiten.
»Thraxas, wie ich höre, suchst du nach dem Ozeanischen Orkan.«
Ich nicke.
»Und? Schon Erfolg gehabt?«
Ich schüttle den Kopf. Ich habe einen Boten zur Zivilgarde geschickt, um sie über die beiden Leichen in der Silbergasse aufzuklären, aber ich habe die Nachricht anonym gesendet. Deshalb weiß Hauptmann Rallig nicht, dass ich sie gefunden habe. Allerdings ahnt er es vielleicht, denn der Hauptmann ist kein Narr.
»Das ist eine große Sache für die Stadt«, erklärt er. »Wenn du irgendwann darüber stolperst, bring ihn so schnell wie möglich zu den Zauberern. Du weißt sicher, dass Berichten zufolge eine orkische Flotte nicht weit von der Küste entfernt ankert?«
Ich habe davon gehört, aber ich mag es nicht so recht glauben.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie bei diesem Wetter auslaufen. An der gesamten Küste gibt es keinen guten Ankerplatz. Wenn sie von einem Sturm überrascht werden, sind sie erledigt.«
»Vielleicht wollen sie ja nicht lange dort warten.«
Der Hauptmann spielt darauf an, dass die Orks, wenn ihnen der Ozeanische Orkan in die Hände fällt, dieses magische Artefakt einsetzen könnten, um unsere Seebastionen niederzureißen und in den Hafen einzufallen, was Prinz Amrag nur recht sein dürfte. Er hat keine Belagerungsmaschinen dabei, und ich kann mir nur schwer vorstellen, wie er die Mauern im Winter erstürmen will. Das Ost-und das Westtor der Stadt sind stark gesichert, von Truppen und Magiern, und das Nordtor, unter dem der Fluss in die Stadt strömt, ist extrem gut bewacht. Sich den Weg in den Hafen zu erkämpfen wäre vielleicht Amrags beste Möglichkeit.
Hauptmann Rallig hat viele Männer auf die Jagd angesetzt. Aber sie haben bisher nicht mehr Erfolg als die Zaubererinnung oder Prätor Simplicius. Der Hauptmann wirft einen schmachtenden Blick zu Moolifi hinüber, die mit Dandelion und Tanrose plaudert. Dann sieht er mich an. Anscheinend soll ich einen Kommentar abgeben.
»Sie ist eine feine Frau. Sie verschönt Euch sicher Euer Leben.«
»Das tut sie, ja.«
Plötzlich wirkt der Hauptmann niedergeschlagen.
»Natürlich hat sie sich nur für die Dauer des Krieges mit mir eingelassen. Du weißt ja, wie verrückt alle werden, wenn der Feind vor den Toren steht.«
Er sieht mich wieder so flehentlich an, aber wenn er glaubt, dass ich ihm jetzt versichern würde, Moolifi würde ihn ewiglich lieben, dann hat er sich den Falschen ausgesucht.
»Wann haben wir zum ersten Mal gemeinsam gekämpft?«, erkundigt Rallig sich.
Ich zucke mit den
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