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Sturm und Drang

Sturm und Drang

Titel: Sturm und Drang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Scott
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Schultern. »Muss schon zwanzig Jahre her sein.«
    »Wir haben viele Kämpfe durchgestanden.« Hauptmann Rallig starrt in seinen Krug. »Ich glaube nicht, dass ich diesen hier ebenfalls überstehe.«
    »Warum denn nicht?«
    »Weil ich nicht erwarte, dass uns jemand zu Hilfe kommt. Das Glück hat Turai verlassen.«
    Es überrascht mich, so pessimistische Töne vom Hauptmann zu hören. Rallig war bisher immer zuversichtlich, dass er sich irgendwie durchschlagen kann, selbst unter widrigsten Bedingungen.
    »Wenigstens versüßt Euch Moolifi Eure letzten Tage.«
    »Wohl wahr. Aber sie hat sich eine ungünstige Zeit ausgesucht, um in Turai aufzutauchen.«
    »Trotzdem, ein Glück für Euch.«
    Der Hauptmann nickt. »Es ist trotzdem merkwürdig, dass sie sich mit mir eingelassen hat«, erklärt er.
    »Das sagt Ihr jetzt schon zum zweiten Mal.«
    »Und?«
    »Wo liegt das Problem? Glaubt Ihr etwa, dass Moolifi hinter Eurem Geld her ist?«
    Darüber muss der Hauptmann lachen. Wir wissen beide, dass ein Hauptmann der Zivilgarde nicht genug verdient, um Heiratsschwindlerinnen zu interessieren.
    Makri taucht neben uns auf. Sie ist immer noch verärgert.
    »Hat dir der Gesang gefallen?«, erkundigt sich Rallig.
    »Nein!«, faucht Makri, schnappt sich seinen leeren Krug und zischt ab, ohne ihn eines weiteren Wortes zu würdigen.
    Rallig ist verdutzt. »Was ist denn in sie gefahren?«
    »Sie hat recht hohe Maßstäbe«, erkläre ich ihm. »Sie mag eigentlich nichts, was nicht elfisch ist. Und uralt.«
    Er schüttelt den Kopf. »Makri, die Intellektuelle. Den Mann, der am Ende bei ihr landet, beneide ich nicht.«
    Er sieht mir in die Augen. Irgendwie macht der gute Hauptmann das in letzter Zeit ziemlich häufig.
    »Ich habe immer gedacht, dass du an ihr interessiert wärst.«
    »Dann habt Ihr falsch gedacht. Ich werde mit einem Bierkrug in der Hand in die Grube fahren.«
    »Eine Hand hättest du dann noch frei.«
    »Dann nehme ich eben noch eine Thazisrolle mit.«
    »Vielleicht solltest du es dir überlegen. Im nächsten Frühling dürfte keiner von uns mehr hier sein.«
    »Verdammt, Rallig, seit wann benehmt Ihr Euch so missgelaunt wie eine niojanische Hure? Eure hübsche Nachtigall scheint Euch wohl doch nicht so fröhlich zu stimmen.«
    »Die hübsche Nachtigall lässt mich wünschen, ich würde noch ein bisschen länger leben.«
    Ich verbringe eine höchst unerfreuliche Nacht vor dem Kamin auf den Bohlen meines Büros. Lisutaris schlummert noch im Bett meines Privatgemachs, und Makri hat auf dem Boden neben ihr Posten bezogen. Marihana schnarcht leise auf meiner Couch. Ich bin es gewohnt, meine Ruhe zu haben, und dieses Sortiment von Turais nervigsten Frauen ist schwer zu ertragen. Ich habe schon erwogen, unten im Lagerraum oder sogar im Flur zu schlafen. Aber eine kurze Inspektion hat mich daran erinnert, dass es dort so eisig ist wie im Grab der Königin. Und so unerträglich sind die Frauen nun auch wieder nicht, dass ich erfrieren würde, um von ihnen wegzukommen. Ich wickle mich in meinen Umhang, lege mich vor den Kamin und verfluche das Winterfieber und alle, die sich damit angesteckt haben.
    Wenigstens kann ich mich auf das Kartenspiel freuen. Übermorgen Abend sitze ich mit Georgius, Prätor Raffius und General Akarius an einem Rafftisch. Denen werde ich es zeigen. Da fällt mir ein, dass ich noch nicht genug Geld für das Spiel zusammenhabe, was meine Stimmung einen Augenblick nachhaltig trübt. Ich werde morgen früh aufstehen und mich auf die Suche nach dem vergrabenen Gold machen. Vielleicht stolpere ich dabei ja über den Ozeanischen Orkan. Ich könnte einen spektakulären Erfolg gut gebrauchen. Jeder muss irgendwann mal Glück haben.
    Am nächsten Morgen hülle ich mich in meinen magischen warmen Mantel und statte Kerk einen Besuch ab, einem meiner Informanten. Im Quintessenzweg sind die Budenbesitzer bereits geschäftig bei der Arbeit. Sie hocken zitternd hinter ihren kargen Auslagen. Ich bin sehr dankbar für meinen warmen Mantel. Er verleiht mir ein Gefühl der Überlegenheit über diese Prozession frierender Gestalten, die in ZwölfSeen ihren Geschäften nachgehen. Jedenfalls besitzt keiner dieser Geschäftsleute ein magisches Artefakt, das ihn warm hält.
    Kerk ist zu Hause. Er haust in einer miesen Dachkammer in einer baufälligen Mietskaserne am Ende der Sankt-Rominius-Gasse. Dort landen die Ärmsten der Armen, bevor sie den letzten Schritt tun und ihr Lager in der Gosse aufschlagen. Die Vermieter teilen die

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