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Sturm und Drang

Sturm und Drang

Titel: Sturm und Drang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Scott
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Wohnungen in den Geschossen in immer kleinere und kleinere Einheiten auf, bis diese Verschlage kaum noch menschenwürdig sind. An einem solchen Ort gibt es nichts Gutes: keine Kanalisation, keine Lüftung, keine Hygiene, kein Privatleben, kein gar nichts.
    Kerk reißt die Tür auf und ist ziemlich enttäuscht, als er mich davor stehen sieht. Er hat ein etwas elfisches Aussehen, was an seinen Augen liegen muss. Falls tatsächlich Elfenblut in seinen Adern fließt, dann wurde es dort sicher von einem Elf hinterlassen, der eine Hure in ZwölfSeen besuchte. Selbst Elfen auf der Durchreise brauchen ab und zu Zerstreuung. Vielleicht war Kerk sogar ganz schlau, als er noch kleiner war. Manchmal ist er auch heute noch gerissen, aber er ist zu sehr von Boah abhängig, um jemals aus dem Sumpf herauszukommen. Er kratzt alles an Geld zusammen, was er kriegen kann, kauft sich davon Drogen und sammelt dann weiter, um sich noch mehr Boah zu besorgen. Dieser Kreislauf setzt sich fort und zerstört ihn jedes Mal ein bisschen mehr. Er hat bestimmt seit Jahren keine ordentliche Mahlzeit mehr zu sich genommen. Eine wenig erstrebenswerte Existenz. Vielleicht tun ihm die Orks ja einen Gefallen, wenn sie die Stadt zerstören. Selbst wenn nicht, wird Kerk früher oder später krepieren.
    Ich sage ihm, dass ich nach einem Bettler suche, den ich vor dem Mietshaus in der Silbergasse gesehen habe.
    »Dort, wo der Hochseekapitän ermordet wurde?«
    »Genau dort.«
    Kerk streckt eine Hand aus. So früh am Morgen ist er noch ganz rege, aber er zittert bereits, weil er Boah braucht. Ich lasse eine kleine Münze in seine Handfläche fallen.
    »Mehr«, krächzt er.
    »Mehr gibt es, wenn du mir etwas erzählst.«
    »Ich weiß, wo du ihn finden kannst. Gib mir mehr.«
    Ich gebe ihm noch eine kleine Münze. Kerk war immer ein guter Informant. Er wird jedoch zusehends unzuverlässiger, und ich zahle ihm keinen Vorschuss, um dann feststellen zu müssen, dass er gar nichts weiß. Kerk betrachtet mürrisch die beiden Münzen in seiner Hand.
    »Er heißt Habenax. Normalerweise bettelt er morgens vor der Sankt-Völlinius-Kirche. Das ist ein guter Platz, weil er meist etwas vom Pontifex bekommt. «
    Ich gebe Kerk eine größere Münze. Seine Miene hellt sich auf. Ich überlasse ihn seinem Schicksal und taste mich vorsichtig die dunkle, mit Abfall übersäte Treppe hinunter. Bis zur Kirche ist es nicht weit. Der Regen ist eisig, und ich eile über die gefrorenen Straßen. Hoffentlich begegne ich Litanex nicht, dem Pontifex. Er hat es auf mich abgesehen, seit ich mich einmal heftig mit seinem Vorgesetzten, Bischof Gabrielius, gestritten habe. Ich muss zwar zugeben, dass ich nicht gerade zu den Frommsten zähle, aber der Bischof ist einfach zu weit gegangen, mich als Exempel in seiner berühmten Predigt gegen die vier größten Laster aufzuführen, die Völlerei, die Spielleidenschaft, die Trunksucht und die Gewalttätigkeit. Noch immer zeigen die Kinder auf der Straße auf mich.
    Habenax, der Bettler, sitzt direkt vor der Kirche. Als ich das letzte Mal bei der Kirche war, bin ich auf ein paar Orks gestoßen. Makri hat sie alle umgebracht. Sie war so blutrünstig, dass ich mein Schwert gar nicht benutzen musste.
    Vor Habenax steht eine kleine Schale mit ein paar Münzen. An der Wand hinter ihm lehnt eine Krücke, und eines seiner Beine endet direkt unterhalb des Knies. Als ich mich ihm nähere, sieht er mich erwartungsvoll an. Ich ziehe eine kleine Münze aus meiner Börse.
    »Bettelst du nicht auch an einem Platz in der Silbergasse?«
    Die Erwartung erlischt in seinem starren Blick. Jetzt bin ich für ihn niemand mehr, der ihm Geld schenkt, sondern jemand, der Fragen stellt. Solche Personen sind in ZwölfSeen nicht sonderlich gern gesehen.
    »Silbergasse«, wiederhole ich. »Bettelst du dort auch?«
    »Und wenn?«
    »Hast du gesehen, wer aus dem Mietshaus gekommen ist? «
    »Niemand.«
    Ich werfe die Münze in seine Schale und nehme eine zweite aus meiner Börse. Bisher habe ich den Seemann in der Mehr Jungfrau, Kerk und jetzt Habenax bestochen. So kommt man am leichtesten an Informationen und muss nicht lange nachdenken.
    »Bist du von der Garde?«
    »Nein. Ich bin Detektiv. Kapitän Ahabex wurde in dem Gebäude ermordet, vor dem du gebettelt hast, was du zweifellos weißt. Also erzähl mir von den Leuten, die du hast herauskommen sehen.«
    »Ich habe dich gesehen.«
    »Und wen noch?«
    »Zivilgardisten. Nach dir.«
    »Und wer ist vor mir

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