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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Wohlstand und Gerechtigkeit nach Somerstorm bringen. Ist dies in deinem Sinne, Schwarzklaue?«
    Der Nachtschatten winkte ab. Er wirkte gelangweilt. »Meinetwegen. Du bezahlst schon unsere Feinde, warum also nicht unsere Sklaven? Lasst uns über etwas anderes als Gold reden.«
    Gerit zuckte unter seinem plötzlichen Blick zusammen. Die gelben Augen schienen sein Innerstes zu erkennen. Vrenns Wimmern erstarb.
    »Lasst uns über unsere Gefangenen reden. Willst du sie auch bezahlen, Mortamer?«
    »Nein.«
    Schwarzklaue stand auf und ging mit seinem geschmeidigen Raubtiergang auf Gerit zu. »Gerit Somerstorm«, sagte er. »Alle dachten, du wärst mit deiner Schwester geflohen, aber du warst hier, die ganze Zeit, hast sie beobachtet und abgewartet.«
    Gerit wusste nicht, ob er etwas dazu sagen sollte, also schwieg er. Sein Mund war so trocken, dass er kaum schlucken konnte. Schwarzklaue konzentrierte sich nur auf ihn, Vrenn ignorierte er. »Du hast Mut gezeigt, aber dein Name verurteilt dich zum Tod.«
    Gerit wich seinem Blick nicht aus. Seine Beine zitterten, sein Herz raste. Vrenn begann neben ihm leise zu weinen. Seine Schwäche gab ihm die Stärke, Schwarzklaue ins Gesicht zu blicken. Ich werde nicht als Feigling sterben.
    »Sein Name ist unbedeutend«, sagte Korvellan. »Solange seine Schwester lebt, hat er keinen Erbanspruch. Wir …«
    »Musst du allem widersprechen, was ich sage!« Schwarzklaues Stimme donnerte durch den Saal. »Er ist ein Somerstorm, der Sohn unseres toten Feindes. Wir werden ihn nicht leben lassen!«
    »Ich glaube, das werden wir.« Korvellan war jetzt ebenfalls aufgestanden. Die Bestie in ihm lauerte hinter seinen Bewegungen. »Jeder Herrscher, der jemals eine Allianz mit Somerstorm hatte, jagt gerade nach seiner Schwester. Niemand weiß, dass er auch noch lebt. Lebendig könnte er uns einen Vorteil verschaffen. Lass uns abwarten, was da draußen geschieht, bevor wir handeln. Sein Tod hat keine Eile, und wie du selbst siehst, zeigt er Mut. Die Vorfahren schätzen Mut.«
    Schwarzklaue fletschte die Zähne. »Aber sie hassen Feiglinge.«
    Seine Pranke schlug so schnell zu, dass Gerit nicht einmal blinzeln konnte. Krallen schossen an seinem Gesicht vorbei. Er hörte ein Geräusch, als würde jemand Stoff zerreißen. Vrenns Kopf kippte nach hinten. Aus dem offenen Hals sprudelte hellrotes Blut. Der Junge griff mit den Händen in die Luft, suchte nach etwas oder jemandem zum Festhalten. Gerit stolperte zurück, entging den blutigen Händen. Gurgelnd fiel Vrenn zur Seite. Sein Blut floss über den Wandteppich, über die Reiter, die Löwen und die Savanne. Nichts blieb von ihnen übrig, nur eine rote Pfütze, die im Stoff versickerte wie in Sand.
    Schwarzklaue wandte sich ab. »Schafft ihn mir aus den Augen. Er soll in der Küche arbeiten oder den Ställen, irgendwo, wo ich ihn nicht sehen muss. Behandelt ihn wie jeden anderen. Tut so, als wäre er einer von uns. Und – Korvellan …«
    »Ja?«
    »Verwechsle Klugheit nicht mit Unersetzlichkeit.« Schwarzklaue ließ ihn stehen und verließ mit langen, wütenden Schritten den Audienzsaal.
    Gerit war bis an die Wand zurückgewichen. Der Anblick von Vrenns beinahe kopfloser Leiche und der schwere Eisengeruch des Bluts ließen ihn würgen. Hustend übergab er sich.
    »Tut, was er sagt.« Korvellans Stimme drang kaum zu ihm durch. Hände ergriffen ihn an den Schultern. Zwei Nachtschatten führten ihn aus dem Audienzsaal hinaus. Durch eine Wand aus Tränen sah er Korvellan, der auf einem der Teppiche stand und sich mit der Hand über das Kinn strich. Seine andere Hand war zur Faust geballt. Sie hing an seiner Seite, unmittelbar über dem Knauf seines Schwertes.

 
    Kapitel 7
     
    Die Meister der westlichen Inseln, einer kleinen Inselgruppe vor der Küste Westfalls, gelten als exzentrisch, unnachgiebig und geheimnisvoll. Selbst die, die nach dem Studium auf den Inseln Großes vollbringen, können nur selten sagen, ob ihnen dies wegen oder trotz der Meister gelungen ist.
    Jonaddyn Flerr, Die vier Königreiche und
    ihre Provinzen, Band 1
     
     
    Craymorus Ephardus war ein Krüppel. Er wusste, dass er ein Krüppel war, weil seine Beine von Metallschienen und Lederriemen zusammengehalten wurden und weil er ohne Krücken keinen Schritt weit gehen konnte. Doch an diesem Nachmittag, auf einer Holzbank vor der Hütte sitzend, die er sich mit Rickard Westfall teilte, fühlte er sich nicht wie ein Krüppel. Er fühlte sich wie ein Held.
    »Rickard«, rief er. »Ich

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