Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
seine Hand abschüttelte.
    Ein Mann trat in sein Gesichtsfeld und verdeckte die beiden. »Das ist meine Kiste, auf der du da sitzt«, sagte er. Sein Tonfall war barsch. Er war so groß, dass Craymorus den Kopf in den Nacken legen musste, um ihn anzusehen. Der Mann trug reich bestickte Kleidung und hatte seinen Bart rot gefärbt, zum Zeichen, dass er sich auf einer Pilgerfahrt zu den Tempeln des Großen Flusses befand.
    »Es tut mir leid«, sagte Craymorus. »Ich wollte Euch nicht belästigen.«
    Er griff nach seinen Krücken. Die Augen des Pilgers weiteten sich. Beschwichtigend hob er die Hände. »Nein, mir tut es leid. Ich dachte, Ihr wärt nur einer von diesen faulen Habenichtsen, die am Hafen herumlungern. Bitte bleibt sitzen.«
    »Ich danke Euch für Eure Großmut.« Craymorus versuchte an ihm vorbei zu Penya und Rickard zu sehen, aber die Roben des Pilgers blähten sich im Wind und versperrten ihm die Sicht.
    Der Mann räusperte sich. »Wenn es Euch belieben würde, mir Glück auf meiner Reise zu wünschen?« Er neigte den Kopf.
    »Ich wünsche Euch Glück bei all Euren Unternehmungen«, sagte Craymorus. Viele Menschen glaubten, dass es Glück brachte, wenn ihnen ein Krüppel Gutes wünschte.
    »Gibt es hier ein Problem?«
    Craymorus drehte den Kopf. Er hatte nicht bemerkt, dass Rickard zurückgekehrt war.
    Der Pilger schüttelte den Kopf. »Nein, alles ist, wie es sein sollte.« Er nickte Craymorus zu. »Ich danke Euch.« Dann ging er diskret einige Schritte zur Seite, ohne seine Kiste aus den Augen zu lassen. Hinter ihm eilten Händler und Sklaven über den Pier. Penya war nirgends zu sehen.
    »Wird Penya uns zur Fähre bringen?«, fragte Craymorus.
    Rickard setzte sich auf den Boden und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Er wirkte müde. »Nein. Wir werden ein anderes Boot nehmen.«
    Er fügte nichts weiter hinzu. Schweigend saßen sie nebeneinander auf dem Pier. Rickard hatte den Kopf zur Seite gedreht, sodass Craymorus sein Gesicht nicht sehen konnte. Nach einer Weile stand er auf. »Ich glaube, unser Boot ist bereit.« Seine Stimme klang heiser. Er räusperte sich und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. Feuchtigkeit hinterließ dunkle Spuren auf dem Stoff.
    »Bald sind wir in Westfall«, sagte er. Craymorus war sich nicht sicher, ob er zu ihm oder zu sich selbst sprach. »Da werden andere Dinge wichtig sein.«
    Über eine Rampe bestiegen sie das Boot, auf dem Rickard zwei Passagen gelöst hatte. Vor ihnen schob eine alte Frau einen Karren voller Trockenfisch, hinter ihnen klirrten die Ketten der Sklaven. Holzbänke säumten die Reling des Schiffs, andere Sitzgelegenheiten gab es nicht. Der Weg war kurz, der Transport der Waren wichtiger als die Bequemlichkeit. Eine junge Frau scheuchte ihre beiden Söhne von der Bank und bot ihren Platz Craymorus an. Er nickte und setzte sich.
    »Ich wünsche Euch Glück bei all Euren Unternehmungen«, sagte er höflich. Die Frau lächelte.
    Das Boot legte ab. Rickard blieb an der Reling stehen und sah zurück zum Hafen. »Ich kann es kaum erwarten, wieder zuhause zu sein«, sagte er. »Diese Insel war reine Zeitverschwendung.«
    »Du hast Lesen und Schreiben gelernt. Das würde ich nicht als Zeitverschwendung bezeichnen.« Craymorus folgte mit seinem Blick den Sklaven, die am Mast angekettet worden waren.
    »Das ist doch Lorky, der Sohn vom alten Biel«, sagte die Frau, die Craymorus eben noch angelächelt hatte, zu dem Mann, der mit ihr reiste. Sie zeigte auf einen der nackten Jungen. »Das ist er doch, oder?«
    Ihr Begleiter hob die Schultern. Er war kräftig und trug sein langes schwarzes Haar in einem Zopf. »Kann schon sein.«
    »Alle haben sich gefragt, wie er das neue Boot bezahlen konnte, weißt du noch?« Sie zog ihre Kinder zu sich heran, als habe sie Angst, man würde sie ihr wegnehmen. »Was ist das nur für ein Mensch, der sein eigenes Fleisch und Blut verkauft?«
    »Neue Kinder kann er leicht machen, ein neues Boot nicht.« Der Mann grinste. Die Frau schüttelte den Kopf.
    Das Boot erreichte die zweistöckige Fähre. Obwohl es fast windstill war, schwankte sie von einer Seite zur anderen. Sie lag so tief im Wasser, dass gelegentlich Wellen über die Reling schwappten.
    »Hoffentlich hält sich das Wetter«, sagte Rickard. »Ich will nicht nach Westfall schwimmen.«
    Auf der Fähre schwenkten Matrosen eine Rampe aus, die sie mit dem Boot vertäuten. Auf ihr Kommando begannen die Passagiere das Boot zu verlassen.
    Craymorus ließ sich von

Weitere Kostenlose Bücher