Sturm
Sklaverei verkauft werden sollen und waren davor geflohen. Nur aus Notwendigkeit waren sie gemeinsam unterwegs, und nur aus Notwendigkeit teilten sie sich ein Zelt.
»Dann solltest du Daneel bitten, dich auftreten zu lassen. Du bist ein hübsches Mädchen. Ich könnte dir zeigen, wie man tanzt.«
Ana schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht tanzen«, sagte sie. »Ich kann überhaupt nichts, nur Wurzeln schälen und Maka flechten.«
»Du kannst sprechen.«
Ana lachte. »Das stimmt. Und ich kann atmen und mit den Augen blinzeln.« Sie hob die Schultern. »So wie jeder andere hier auch.«
»Ich bin sicher, dass du etwas kannst, was sie nicht können. Oder etwas weißt.«
Ana bemerkte den seltsamen Unterton in ihrer Stimme und den Blick, der sie mit unerwarteter Schärfe musterte. Sie will mich ausfragen, dachte sie.
»Das glaube ich nicht.« Sie stand rasch auf. »Ich gehe noch etwas Wasser für den Sud holen.«
Fyramei nickte.
Ana nahm zwei Holzeimer, einen für den Sud, einen für Spülwasser, und ging an der Scheune vorbei, die ihnen ein Bauer für die Nacht überlassen hatte. Es war die erste richtige Unterkunft, seit man sie aus dem Dorf vertrieben hatte. Nach Sonnenuntergang wollte Daneel mit einigen anderen Gauklern die Taverne besuchen, um sich für die Gastfreundschaft mit Kunststücken und Geschichten zu bedanken. Ana hatte sich vorgenommen, dabei zu sein, ob Daneel und Jonan das gefiel oder nicht. Vielleicht hatte man in dem Dorf Neuigkeiten aus Somerstorm oder Westfall gehört.
Sie tauchte den ersten Eimer in einen Bach, der die Lichtung in zwei Hälften teilte. Kühe grasten auf der anderen Seite. Ein Stück entfernt hockte Roff, einer der beiden Jongleure, und wusch Kleidung auf einem Stein. Sein Bruder Rotolf übte mit drei Bällen. Er wurde langsam besser.
Die Karren standen in einer langen Reihe neben der Scheune. Ochsen standen neben ihnen und kauten auf frischem Gras. Soram, der Zauberer, hatte seine Gänse aus ihren Käfigen befreit und fütterte sie aus einem Getreidesack. Jede Gans hatte einen eigenen Namen. Er sprach mit ihnen, als wären es Kinder.
Ana stellte den Eimer ab und tauchte den zweiten in den Bach. Das Wasser war klar und kühl.
»Lass mich das machen.«
Sie sah auf, als sie Jonans Stimme hörte. Er war neben ihr aufgetaucht, lautlos wie immer. Sie hatte sich so sehr daran gewöhnt, dass es sie kaum noch überraschte.
»Schon gut«, sagte sie. »Die Eimer sind nicht schwer.«
»Wie du wünschst.« Er blieb neben ihr stehen, sah zu, wie sie die vollen Eimer hochhob. Sie waren schwer. Die Stricke, an denen Ana sie trug, schnitten in ihre Finger, aber sie sagte nichts. Die meisten Männer, die sie kannte, hätten ihre Aufforderung wiederholt, aber Jonan ging nur stumm neben ihr her.
»Fyramei hat versucht, mich auszufragen«, sagte sie nach einem Moment.
Er nickte. »Sie ist so neugierig wie alle anderen auch. Wir passen nicht hierher.«
Ana dachte an das, was Fyramei zu ihr gesagt hatte. »Vielleicht«, begann sie, »sollten wir uns ihnen anpassen.«
»Wie meinst du das?«
Sie schreckte davor zurück, ihre Gedanken auszusprechen, kam sich auf einmal dumm vor. »Nichts«, sagte sie. »Das war eine alberne Idee.«
Sie spürte seinen Blick und wandte den Kopf ab. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie Daneel aus der Scheune trat. Er hatte seine Stiefel geputzt und den Staub aus seiner Kleidung geklopft.
Sie stellte die Eimer ab. »Daneel?«, rief sie ihm zu. »Machst du dich auf den Weg zur Taverne?«
»Ja.«
»Dann warte. Ich komme mit dir.«
Er hob die Augenbrauen. Ana bemerkte, wie er an ihr vorbei Jonan ansah.
»Ich halte das für eine schlechte Idee«, sagte ihr Leibwächter.
»Dann kannst du mich ja begleiten.« Sie ging zu der Kochstelle und stellte die Eimer ab. »Brauchst du meine Hilfe noch?«
Fyramei schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein, geh nur.«
Ana drehte sich um. Sie wusste, dass Jonan etwas sagen wollte, gab ihm aber keine Gelegenheit dazu. »Ich muss wissen, was in der Welt geschieht.«
Fyramei blickte starr auf die Krummfinger in ihrer Hand, aber Ana spürte, dass sie jedem Wort lauschte. Sie atmete tief durch. »Ich bin nicht daran gewöhnt, von zuhause weg zu sein«, sagte sie ruhiger, »und ich möchte wissen, ob es von dort Neuigkeiten gibt, verstehst du?«
»Ich verstehe.« Jonan nickte Daneel zu. »Wir kommen mit dir.«
Daneel hob die Schultern, als wäre es ihm egal. »Dann sollten wir aufbrechen. Qaru und Ezza, ihr kommt auch
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