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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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vorbereitet«, erklärte er.
    Tomal Endine war einer der Magier, denen König Emin vertraute. Seine Magie war zwar nicht sonderlich mächtig, doch es gab wenige in Narkang und den drei Städten, die es an Wissen und Kunstfertigkeit mit ihm aufnehmen konnten.
    »Soll mich das beruhigen?«, murmelte Beyn, drehte die Klaue herum und betrachtete die Zeichen, die in die Oberfläche gekratzt und mit Silber ausgegossen worden waren, weil sich dieses Metall am besten für Magie eignete. »Sind das die Klauen der Wyvern?«
    Doranei nickte. »Eine für dich, eine für mich. Wenn du mir unbedingt eine Nachricht schicken musst, schreib sie auf deinen Arm oder ein anderes Stück nackte Haut. Solange ich die andere Klaue bei mir trage, wird sie mir die Nachricht in die Haut schneiden.«
    »Klingt schmerzhaft«, sagte Beyn, dann erschien ein bösartiges Lächeln auf seinen Lippen.
    »Denk nicht einmal daran«, warnte ihn Doranei. Er hatte selbst an Ähnliches gedacht. »Wenn es nicht wirklich wichtig ist, schick ich dir eine ausführliche Antwort, das verspreche ich.«
    Sebe schnaubte geringschätzig. »Klingt gefährlich. Was aber,
wenn sie in falsche Hände gerät? Die von Ilumene, beispielsweise? Wenn es ausreicht, damit über die Haut zu fahren, um dem anderen die Haut aufzuschneiden, was geschieht dann, wenn er sie sich ins Fleisch rammt? Wie weit muss er gehen, bis er eine Ader öffnet? Denkt doch daran, wie seine Hände aussehen. Dieser Mistkerl würde keinen Augenblick zögern.«
    Doranei hob die Hand, um Sebe zu unterbrechen, und sagte: »So funktioniert es nicht. Die Klauen stammen aus unserer Wette in Scree. Nur wer an der Wette teilgenommen hat, kann sie auch nutzen. So konnte Endine seiner Aussage nach den Zauber binden.«
    »Wir drei und Coran also?«
    »Und sonst keiner. Coran hat die dritte Kralle, und die Nachrichten erreichen jeweils die beiden anderen.«
    »Meldet er sich heute Nacht noch?«, fragte Beyn und wurde plötzlich ernst.
    Doranei verzog das Gesicht und mit einem Mal verlangte es ihn nach einem Becher Branntwein.
    Er dachte kurz nach. Morghien hatte ihren Gefolgsmann in Tor Milist vor einigen Wochen besucht und war eilig nach Narkang beordert worden.
    »Vermutlich nicht. Wenn er Glück hat, ist er mittlerweile hier eingetroffen, aber der König ist zu vorsichtig. Er wird in jedem Fall bis morgen Abend warten. Ich denke, man muss einiges vorbereiten und … wir wollen es ja nicht versauen.«
    Beyn und Sebe warfen sich einen Blick zu, während die anderen verwirrt erschienen. Der König hatte viele Geheimnisse und nicht einmal die Männer aus der Bruderschaft erfuhren sie alle.
    »Das ist nichts, was ich überhaupt tun wollte«, murmelte Sebe. »Pisse und Dämonen, es gibt einige Leute, die man sich einfach nicht zum Feind machen möchte.«
    Doranei antwortete nicht. Er war sich des harten Blicks aus
Beyns Augen schmerzvoll bewusst. Ihr Götter, er hat Recht. Es kann gut sein, dass ich mir diesen Feind bereits gemacht habe. »Hat einer von euch Branntwein dabei?«, fragte er und schlug den Mantel enger um sich. »Ich glaube, die Nacht ist gerade noch kälter geworden.«
     
    Die Sonne verschwand am östlichen Horizont hinter einer Wolkenbank und zog dabei orangefarbene Schlieren. Morghien genoss von einem der Silberkuppen-Türme aus einen einmaligen Blick auf den Sonnenuntergang. Er folgte einige Augenblicke lang einem der Magier der Stadt mit den Augen, der die Nachtlampen in den reicheren Straßen erhellte und dabei blassblaue Lichtspuren hinterließ.
    »Ist es Zeit?«, fragte eine müde Stimme aus dem Innern des Turmes.
    Morghien sah erneut auf den Himmel und drehte sich dann um. »Spät genug, um anzufangen.«
    König Emin saß auf einem dreibeinigen Hocker, dem einzigen Sitzmöbel im Raum. Die Schießscharten blieben weiterhin unverhängt, weswegen es hier eiskalt war, und Morghien hatte Mitleid mit seinem Freund, der für die kommende Zeremonie nur in ein weißes Leinentuch gehüllt war. Er selbst konnte der Kälte wenigstens mit seinem schweren Ledermantel und Handschuhen trotzen. Neben dem Hocker lagen ein Kleiderbündel und eine lange Eisenzange, die Morghien vor dem Kamin in seinem Zimmer gefunden hatte.
    Der König krümmte sich zusammen und presste dabei einen glatten, runden Gegenstand an seinen Bauch. Er sah so müde aus, wie er sich anhörte. Seit sich Königin Oterness um ihren vier Wochen alten Sohn kümmerte, war Schlaf rar, und der Schädel der Herrschaft konnte die ständige, rasende

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