Sturmauge
Götter«, keuchte er. »Die Plünderer … und nun auch noch Minotauren.«
»Na, dann ist es ja gut, dass sie noch nicht angreifen!«, sagte Jackler fröhlich. Er wies auf die Infanterie unter der großen Menin-Standarte: »Seht, die weiße Flagge – sie wollen verhandeln. Vermutlich sind sie gekommen, um sich uns zu ergeben, Herr!«
Drei Reiter lösten sich aus der Gruppe und ritten auf die Faust zu. Zwei Blutgeschworene mit blutroten Schädeln auf den schwarzen Brustplatten und Schilden und zwischen ihnen ein Adliger mit der weißen Fahne. Er überragte die beiden Ritter, die ihn begleiteten.
Den Göttern sei Dank. Jemand, mit dem ich tatsächlich verhandeln kann und nicht diese gotteslästerliche Kreatur, die Styrax’ Lieblingsgeneral ist , dachte er und war für kleine Gnaden dankbar.
»Ein Weißauge?«, fragte Jackler, als er sah, dass der Mann in der Mitte größer war als seine Begleiter.
»Für ein Weißauge ist er prächtig gekleidet«, bemerkte Ternal. Die rot-weiß-blaue Uniform machte ihn zu einem offensichtlichen Ziel. Er wirkte unscharf, aber Teral war Farlan und wusste darum, dass daran nicht seine Sicht schuld war. »Der Mann trägt Bänder«, rief er aus. »Wenn er ein Weißauge ist, dann eines mit genug Prunksucht, um sogar Lordprotektor Saroc in den Schatten zu stellen.«
»Dann ist das Herzog Vrill«, erklärte Jackler. »Er soll der Haushofmeister von Lord Styrax sein.« Dann setzte er lachend hinzu: »Stellt Euch das vor: Haushofmeister Lesarl mit dem Temperament eines Weißauges.«
»Lesarl übertrifft an Grausamkeit jedes Weißauge«, sagte Teral verstimmt. »Aber du hast Recht, das muss Vrill sein. Was glaubt er, das wir sagen werden? Er muss doch wissen, dass hier niemand über dem Rang eines Obersten zu finden ist. Alle Kommandanten treffen sich gerade mit seinem Lord.« Er stieß sich von der Wand ab und ging mit Jackler im Schlepptau auf die Treppe zu. »Niemand hier ist befugt, über eine Kapitulation zu verhandeln, und warum sollte er sonst seine Armee herführen?«
»Reden ist besser, als die Faust anzugreifen«, erklärte Jackler.
Damit hatte er Recht, erkannte Teral. Auch für die erschreckenden Truppen der Menin wäre die Faust selbst im besten Falle
noch eine echte Herausforderung – und gerade war Verstärkung für die Verteidiger Akells eingetroffen: vier Legionen der Ritter der Tempel aus Canar Fell und Aroth. Das war der Großteil der Ordensmitglieder in Narkangs Herrschaftsgebiet. Der Orden besaß erhebliche Mittel, viel Land und stellte sicher, dass seine Soldaten gut ausgerüstet und ausgebildet waren. Die Truppen waren auf ein Dutzend oder mehr Stadtstaaten verteilt, unterstanden handverlesenen Generälen und besaßen allesamt den Ruf, ausgezeichnete Kämpfer zu sein.
Sie hatten vorgehabt, in der Faust ihre Vorräte aufzufrischen und dann nach Raland weiterzuziehen, einer wichtigen Stadt unter dem Einfluss des Ordens. Aber Sourl war mehr als froh, sie hier begrüßen zu können. Die Politik innerhalb des Ordens schien zwar verworren, aber es war nie ein gutes Zeichen, wenn ein General Truppen in den Farben seines Vorgesetzten empfing.
»Was wird er sagen, um uns zur Aufgabe zu bringen?«, rief Teral über die Schulter, als sie den Fuß der Treppe erreichten und auf das befestigte Torhaus zugingen, das den einzigen Zugang zur Faust darstellte.
Über ihnen wurde der Alarm geschlagen, und überall um sie herum kam Bewegung in die Männer, die sich auf ihre Gefechtsposten begaben. Die Faust war ein großes, viereckiges Gebäude, dessen gerade Mauern nur von einem hervorspringenden Torhaus an der Nordseite durchbrochen wurden. Die äußere Wand war drei Schritt dick und verfügte über eingelassene Wehrgänge. Sie diente als Schutzhülle für die inneren Gebäude, die fünf Stockwerke hoch waren und einen Irrgarten aus Küchen, Lagerräumen, Baracken, Schmieden, Arbeitszimmern und Ställen bildeten.
Es würde nicht leichtfallen, die Faust einzunehmen. Die Außenbereiche der Stadt waren mit der Zeit immer näher gekommen. Mittlerweile trennten keine fünfhundert Schritt mehr die nächsten Häuser von den dicken Mauern – aber das Gelände
dazwischen war mit Sorgfalt so angelegt worden, dass es Angreifer behinderte. Rund um die Feste hatte man Erdwälle und tiefe Gräben ausgehoben, doch drumherum lag genug offenes Gelände, dass sich niemand an der Faust vorbeischleichen konnte, ohne dabei viel zu lang in freier Sicht und damit verwundbar zu sein.
Teral
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