Sturmauge
»Natai, bitte verzeiht mir diese Anmaßung, aber Eure Lage ist die Folgende: Ihr verfügt nicht über genug Soldaten, um allein Krieg zu führen, vor allem nicht im Augenblick, da Euer Viertel von religiösen Streitigkeiten zerrissen wird. Ihr werdet die Verteidigungstruppen der Stadt unterstützen, Euch aber Akell unterwerfen.
Ritter-Kardinal, Kardinal Sourl, Ihr werdet gemeinsam entscheiden, ob Ihr kämpfen oder kapitulieren wollt. Die nahe liegende Entscheidung für einen Ritterorden ist natürlich der Kampf.« Er sah übertrieben betont zum Himmel, als wolle er die
Zeit abschätzen. Die Sonne verbarg sich hinter dichten Wolken, aber was er sah, reichte dem Menin-Lord. Er wusste, dass er auf Vrills Gespür für den richtigen Zeitpunkt vertrauen konnte.
»Meine Herren, ich habe Euch heute hierhergebracht, um Euch mitzuteilen, dass dies keine Möglichkeit mehr für Euch darstellt.«
Das Lächeln auf Certinses Gesicht geriet ins Wanken. »Was meint Ihr damit?«, fragte er.
Lord Styrax stand auf und winkte den Boten Karapin heran, der mit drei Schriftrollen im Arm herbeieilte. »Ich meine, Ritter-Kardinal, dass ich gerade die Faust eingenommen habe, die Hauptverteidigung Eures Viertels. Wenn Ihr den Friedensvertrag nicht unterschreibt, den der Bote Karapin hier vorlegt, werde ich es nicht dabei bewenden lassen.«
Er wandte sich ab und verließ den Tisch. »In Kürze wird ein Bote aus der Stadt hier eintreffen. Wenn Ihr verhindern wollt, dass meine Minotauren in Eurer Stadt Amok laufen, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um vor mir auf die Knie zu sinken.«
Teral trieb sein Pferd an, entschlossen, der Erste zu sein, der sah, was in der Faust geschehen war. Die Schnitter-Priester blickten auf, aus dem Gebet gerissen, hoben verwundert ihren Blick zu ihm, und als er sie erreichte, sprangen die Novizen auf. Sie spürten das nahende Unheil, was ihn auch in dem Verdacht bestätigte, dass sie früher Soldaten gewesen sein mussten – wer sonst sollte den Schnittern freiwillig dienen?
Sie waren jetzt weniger als fünfzig Schritt von der Mauer der Faust entfernt und damit nah genug, um die Festung zu erreichen, bevor sie von der Menin-Kavalerie niedergeritten werden konnten. Aber die Priester achteten nicht auf ihre Novizen. Sie sahen erst auf die vorbeihetzenden Reiter und dann auf die Menin-Armee hinter ihnen.
»Lauft, ihr Narren!«, rief Oberst Sants und peitschte die Gruppe damit in Bewegung.
Sie liefen auf die Faust zu, wobei die kleinste Gestalt, eine Frau, wie Teral erkannte, von einem der Novizen halb gezogen wurde. Es gab eine plötzliche Bewegung, und der Novize stürzte, schlitterte reglos über den Boden.
»Ihr Götter, Bogenschützen!«, rief er und beugte sich über sein Pferd, zügelte es aber erst, nachdem er durchs Tor gelangt war. Er war bereits aus dem Sattel, bevor ein Stallbursche die Zügel ergreifen konnte.
»Jackler!«, rief er. »Nehmt Euch eine Einheit und durchsucht die Faust, verdoppelt die Wachen an jedem Eingang.« Da wurde er von Oberst Sants und Hauptmann Shael unterbrochen, die hinter ihm hereingeritten kamen und ihn in ihrer Eile fast niederritten.
»Gebt Alarm!«, brüllte Sants. »Und kommt gefälligst in Wallung, ihr Mistkerle!«
»Wo ist Fell?«, fragte Teral und befürchtete das Schlimmste.
Sants schüttelte mit vor Wut geröteten Wangen den Kopf. »Der Idiot hat gewendet, um Vrill anzugreifen, glaube ich.« Er lief zum Tor und sah hinaus. »Wo sind diese …« Der Oberst erstarrte.
Ein Heulen durchschnitt die Luft, wie er es noch nie zuvor gehört hatte. Hoch und schrill, doch es war ein Wut- und kein Schmerzensschrei. Er verklang schlagartig, als eine kantige Gestalt in Sicht kam und Sants umriss, ohne dabei langsamer zu werden. Es geschah im Handumdrehen. Teral sah nur für einen Augenblick lange, verformte Fänge aufblitzen, dann drangen sie in Sants Körper ein.
Der Boden unter seinen Füßen erbebte, wie unter den Schritten eines Riesen, und als drei Wachen mit eingelegter Pike zu Sants Hilfe eilten, zog er sein Schwert. Sie stürmten genau in die
Hände einer zweiten Gestalt. Der erste Soldat wurde von einem riesigen Arm gegen seine Kameraden geschleudert und riss sie zu Boden.
Teral lief los, doch bevor er sie erreichen konnte, segelte eine dritte Gestalt durch die Luft und stach nach ihm. Instinktiv riss er das Schwert hoch, da blitzte eine Klinge auf, schnitt durch sein Gesicht und schlug ihm die Waffe aus der Hand. Er taumelte beiseite, und die Gestalt
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