Sturmauge
Teral, beantwortete sich die Frage jedoch gleich darauf selbst: um uns abzulenken. Er drehte sich um und betrachtete die Festung. Noch hatte sich nichts verändert.
Ich verstehe das nicht , dachte er verwundert. Sie können keine Soldaten an uns vorbeigeschleust haben, das ist unmöglich.
Sogar die fünf Priester der Schnitter taten nichts Ungewöhnliches, knieten nur mit ihren Akolythen im Schlamm und beteten. Genau wie die Priester des Tods und Karkarns im Inneren der Faust.
»Ich möchte betonen, dass jeder, der sich ergibt und seine Waffen niederlegt, verschont werden wird«, sagte das Menin-Weißauge. Er hob die linke Hand und ein schreckliches Brüllen durchschnitt die Luft.
Teral wäre vor Schreck beinahe aus dem Sattel gefallen. Die Minotauren brüllten, während sie auf den offenen Bereich auf der rechten Seite der Faust zurannten.
»Nach Eurer Kapitulation solltet Ihr Eure Truppen durch das Westtor abziehen lassen«, riet der Menin-General.
»Seid Ihr taub oder nur irrsinnig?«, wollte Oberst Sants wissen, dabei war er offensichtlich genauso besorgt wie Teral selbst. »Wir werden Euch die verdammte Faust nicht übergeben, nur weil Ihr lieb darum bittet.«
»Meine Redekunst reicht nicht aus, um Euch zu überzeugen?« Vrill zuckte die Achseln. »Wie Ihr wünscht, dann werde ich es Euch also zeigen. Ich will Euch nicht länger aufhalten, meine Herren.«
Er salutierte knapp und saß lächelnd im Sattel, während die
geweihten Soldaten ihre Pferde wendeten und zurück zum halboffenen Tor der Faust ritten. Alle vier fragten sich, was sie dort wohl vorfinden würden.
»Genug!«, rief Lord Celao und unterbrach Styrax mitten im Satz. »Eure Pläne für die Verwaltung interessieren mich auch nicht, Eure Handelsstrategien interessieren mich nicht, Eure Einschätzung der politischen Lage interessiert mich nicht!« Sein Gesicht war rot, und seine Wangen schlackerten hin und her, weil er vor Wut bebte. »Ihr beleidigt meinen Stamm durch Eure bloße Anwesenheit – und dass Ihr glaubt, wir würden jemals die Herrschaft eines Menin hinnehmen, ist eine weitere Beleidigung. Die Nachfahren Grasts werden Ismess niemals beherrschen!«
»Ganz recht«, fügte Certinse gemessen hinzu. »Und darf ich Euch außerdem zu einem neuen Koch raten, der Aal war leider sehr fad.«
Der mächtige Farlan schien sich zu amüsieren, obwohl er gerade eine halbe Stunde damit verbracht hatte, Lord Styrax bei seiner Rede über belanglose Dinge zuzuhören. Er kannte dieses Spiel schon und war es zufrieden, zuzuhören und die Leute im Auge zu behalten, gelegentlich einen Kommentar einzuwerfen und alle paar Minuten zu lauschen, was ihm der Priester in Braun ins Ohr flüsterte. Sie würden schon noch zur Hauptsache kommen, und dann mochte das Spiel erst richtig in Schwung kommen.
Die Herzogin von Byora trommelte ungeduldig mit den Fingern auf den Tisch. Ruhen starrte wie gebannt Lord Celao an und ließ sich davon auch nicht abbringen, egal, was sie versuchte. Der Sergeant auf der anderen Seite des Kindes verärgerte sie ebenso sehr. Kayel übersah ihre tadelnden Blicke und mischte sich nicht nur in das Gespräch ein, obwohl dies einem Mann seines Standes nicht anstand, sondern ermutigte den
Jungen auch noch, an dem geflügelten Weißauge Interesse zu zeigen.
»Lord Celao, Ihr seid hier, weil Ihr der Erwählte Ilits und Herrscher von Ismess seid«, sagte Styrax schließlich, »aber Ihr solltet nicht davon ausgehen, dass Euch dies dazu befähigt, mich weiter zu beleidigen, wenn Ihr nicht wollt, dass Kohrad Euch den Kopf von Eurem fetten Körper reißt. Eure Armee ist armselig und passt zu dem Fettsack, den der Götterbote erwählt hat. Die Schande Eures Daseins ist wohl ein Ausdruck dafür, dass Ilits Einfluss schwindet.«
Das Litse-Weißauge kreischte empört auf, schien aber noch wütender darüber zu sein, dass weder Gesh noch Kiallas aufsprangen, um diese Schmähung zu strafen. Die geflügelten Männer versteiften sich zwar, aber keiner machte Anstalten, Styrax zum Widerruf seiner Aussage zu bewegen.
»Ihr werdet die Herrschaft der Menin akzeptieren, denn Euch bleibt gar keine andere Wahl«, fuhr Lord Styrax ernsthaft fort, wobei er seinem Sohn, der vor Wut bebte, beruhigend die Hand auf die Schulter legte. »Eure Anwesenheit hier verdankt Ihr nur meiner Höflichkeit. Eigentlich will ich lediglich mit der Herzogin und Ritter-Kardinal Certinse sprechen.«
Als er weitersprach, verschwand jede Feindseligkeit aus seiner Stimme.
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