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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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Er wurde vorwärtsgestoßen und einer der Männer, die ihn hielten, schob ihn auf das brennende, mit Rauch gefüllte Tor zu.
    »Dann geht«, rief ihm Vrill dröhnend nach, während sich die Flammen teilten. »Geht und sagt es dem Rest Eurer Soldaten!«

31

    »Die Großen und Edlen streiten sich wie verzogene Kinder«, sagte Ilumene verächtlich und warf einen finsteren Blick auf den Palast der Gelehrten zurück. Gerade machte er auf Bitten der Herzogin einen Spaziergang mit Ruhen, damit sie weiter mit Styrax streiten konnte.
    Er wandte den Kopf, um zu dem Kind hochzuschauen, das auf seinen Schultern saß. »Wenn sie so weitermachen, wird Lord Styrax sie niederstrecken wie der Gott der eitlen Menschen.«
    Das Kind reagierte jedoch nicht auf seine Worte. Ilumene spürte, dass es die fortlaufenden Verhandlungen mit der üblichen, schweigsamen Eindringlichkeit beobachtete. Der Abend war so leise wie eine Raubkatze herangeschlichen und hatte sich plötzlich in das Tal ergossen. Als man nach Laternen rief, hatte die Herzogin eine Decke für Ruhen verlangt.
    Ilumene war etwas enttäuscht, dass ihm keiner der Litse-Diener gefolgt war, als er die Terrasse verlassen hatte. Nur die Mächtigen und die Gelehrten waren wichtig genug, um beaufsichtigt zu werden. Offenbar hielt man Ilumene für keines von beidem.
    »Erzähl sie mir«, sagte Ruhen. Seine Stimme war sanft und entglitt dem Ohr gleich wieder, wie das Flüstern von Herbstblättern im Wind.
    »Die Geschichte? Hast du sie nicht geschrieben?« Er kicherte
und folgte dem Trampelpfad zum Rand des Tals. »In diesem Fall schuldet mir ein gewisser Besserwisser-König im Westen zehn Goldemins!«
    Er ging in Richtung des Eingangs zu dem Tunnel, der sie nach Byora zurückführen würde, wenn sie erst alle kapituliert hatten. Die Geweihten, allen voran der Ritter-Kardinal, waren von den Neuigkeiten aus dem Schritt gebracht worden, hatten sich aber noch nicht ergeben. Worüber sie nun stritten, wusste niemand, aber es war Ilumene auch ganz gleich. Als er dem Ritter-Kardinal zum ersten Mal begegnet war, war er eine von König Emins gesichtslosen Leibwachen gewesen. Die seitdem vergangenen Jahre hatten die Fähigkeit des Führers der Geweihten, unendlich zu schwafeln und dabei zu lächeln, aber nicht geschmälert. Ilumene war froh, dass die angeborene Arroganz der Farlan dafür gesorgt hatte, dass sich der Mann die Gesichter der Leibwachen nicht gemerkt hatte.
    Er räusperte sich übertrieben. »Gut, die Geschichte des Gottes der eitlen Menschen. Sie wird dir gefallen. Aus verschiedenen Gründen ist sie ketzerisch, darum habe ich sie für eine der deinen gehalten. Es war einmal ein reicher Mann im Königreich Pelesei, der auf seinem Land einen alten Schrein fand …«
    »Das ist eine Lüge«, unterbrach Ruhen.
    »Eine Lüge? Was ist eine Lüge?«
    »Erzähl mir von Pelesei.«
    »Pelesei?« Ilumente konnte den Gedankensprüngen nur schwer folgen. »Pelesei war ein Königreich auf der Halbmond-Halbinsel weit im Süden. Die Seuche hat es jedoch vor zwei Jahrtausenden dahingerafft. Jetzt ist es nur noch eine bunte Mischung von rund fünzig kleinen Stadtstaaten.«
    »Warum erinnert man sich noch daran?«, fragte Ruhen.
    Er schnaubte. »Hauptsächlich wegen der Geschichten, die dort angesiedelt sind. Willst du damit sagen, dass jede der Geschichten
über Pelesei erfunden ist? Aber Rojak hat mir mehr als ein Dutzend erzählt …«
    »Mein Herold wusste es.«
    »Wusste was?«, fragte Ilumene. »Pisse und Dämonen, was? Dass es Pelesei nie gab? Sag so was nicht, das kann nicht wahr sein.«
    »Es gab dieses Reich weit im Süden.«
    Ilumene dachte über die ganze Sache nach. »Aber die Geschichten sind erfunden, also ist an Pelesei nur bemerkenswert, dass es vor langer Zeit existierte? Also reiste kaum jemand dorthin … es stellt einen viel interessanteren Hintergrund für eine Geschichte dar, wenn wenig Handel getrieben wird, weil dann alles dort passieren könnte und kaum jemand dich berichtigen kann. Kein Wunder, dass Rojak es benutzt hat. Der Barde liebte seine Lügen, aber wenn sie die Geschichte veränderten, liebte er sie besonders.«
    Er lachte laut und seine Stimme hallte von der Talwand wider. Diese stand hier fast senkrecht, aber zwanzig Schritt weiter wurde sie etwas weniger steil. An der Stelle könnte man die Klippen ein Stück weit erklimmen – auch wenn es dort kein Ziel und keinen Weg gab.
    Während sie darauf zugingen, sah Ilumene, dass sich jemand von dieser Sinnlosigkeit

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