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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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Erinnerung sein konnte, die von ihrer Stimme ausgelöst wurde. Zhias Verständnis der Magie übertraf alles, was Nai in einem ganzen Leben hätte lernen können – es war gut möglich, dass dieser Ort, wenn er am Morgen hierher zurückkam, dem restlichen Tal genau gliche. Vielleicht konnte man die Magie von außen ein Stück weit ins Tal hineintreiben. Oder vielleicht umgab sie die Energie auch einfach wie die Luftblase eines Schwimmkäfers.
    »Gibt es sonst noch etwas, edle Dame?«
    »Du erstattest doch hier Bericht«, sagte sie gefasst.
    »Äh, ja, natürlich. Ritter-Kardinal Certinse gibt in Akell nun die Befehle. Er ist vor einigen Wochen eingetroffen.«
    »War er auf dem Weg hierher, oder ist er nur unterwegs nach Embere hier eingekehrt?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ich hörte, dass er vier oder fünf Legionen bei sich hat«, sagte Zhia nach kurzem Zögern. »Sourl ist nicht mutig genug, um sich gegen seinen Herrn aufzulehnen. Ich kann kaum glauben, dass er nur dafür so viele Soldaten aus Narkang abgezogen hat – der
Mann ist doch ehrgeizig. Vermutlich hat er einen größeren Plan, für den er die tatsächliche und nicht nur die nominelle Kontrolle über den Orden benötigt. Das gelingt ihm am besten mit Ralands Goldminen, und Telith Vener hat dort im Augenblick das Sagen. Er hat Certinses Herrschaft über den Orden anerkannt, solange Certinse weit entfernt war und Herzog Nemarse Raland beherrschte, aber jetzt nicht mehr.« Sie dachte schweigend nach, doch Nai konnte an ihrem Tonfall erkennen, dass sie mit ihren Schlüssen zufrieden war.
    »Sonst noch etwas?«, fragte sie schließlich.
    »Es gibt eine magische Verbindung zwischen der Leibwache der Herzogin, Sergeant Kayel, und unserem Freund, Oberst Bernstein.«
    »Interessant, durch die Augen der Dame Kianna habe ich davon nichts bemerkt.«
    »Sie ist sehr schwach. Es wirkt so, als trage jeder das Echo des anderen in seinem Schatten. Man bemerkt es nur, wenn beide anwesend sind.«
    »Kayel und Bernstein«, sagte Zhia nachdenklich. »Das ist eine reizvolle Wendung.«
    »Ihr kennt Kayel?«
    »Nur durch Kiannas Augen, aber er ist offensichtlich mehr als ein polternder Sergeant. Halte Augen und Ohren offen. Du bleibst so lange hier wie Styrax. Mach dich auf jede erdenkliche Art nützlich und berichte mir täglich eine Stunde nach Sonnenuntergang, verstanden?«
    »Ja.«
    »Gut.« Sie zögerte kurz und sagte dann freundlicher: »Nai, dies ist wichtiger, als du dir vorstellen kannst. Du musst mir vertrauen, dass du am sichersten bist, wenn du mich auf dem Laufenden hältst. Und jetzt geh, bevor man dich vermisst.«

     
    Zhia löste sich aus dem magischen Strom und seufzte, als sich die Energie in der Nachtluft auflöste. Sie saß reglos hoch oben auf der Klippe, vom Wind unberührt, beinahe so, als wäre sie in eine Glaskugel eingeschlossen. Die Felsenfläche, auf der sie saß, hatte die ungefähre Form eines Ovals und maß etwa zehn Schritt von einer Seite zur anderen. Es war das einzige ebene Stück in den rauen oberen Bereichen des Schwarzfang, in denen man keine zehn Schritt weit kam, ohne klettern zu müssen.
    Über den äußeren Klippenring ragte nichts heraus. Innerhalb war die Oberfläche des Berges zackig und chaotisch, denn sie war geschützt, der Wind konnte sie nicht abtragen. Hier und da klammerten sich wagemutig seltene kleine Grasflächen und Moosflechten an den Fels. Nur wenige Vögel trotzten den trügerischen Böen und dem Mangel an Nahrung und Nistplätzen hier oben. Es war ein unzugänglicher, lebloser Ort.
    Hier konnte man sich hervorragend verstecken.
    »Hast du es gehört?«, fragte sie nach einer langen Pause. Sie hatte ihr übliches Seidenkleid gegen praktischere Jagdhosen und ein Wams getauscht. Ihr Schwert mit dem langen Griff trug sie in einer Lederscheide, in die ein zur Kleidung passendes Muster eingeprägt war, auf dem Rücken. Um den Eindruck der Kampfbereitschaft weiter zu unterstreichen, hatte sie ihr wallendes Haar mit langen, saphirbesetzten Silbernadeln festgesteckt.
    »Ja«, antwortete Koezh aus einer kleinen Höhle hinter ihr. »Wie sehr vertraust du ihm?«
    »Überhaupt nicht.« Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, dann warf sie ihrem Bruder einen Blick zu. »Er ist ein sehr ehrlicher Mann, aber er ist nur sich selbst treu.«
    »Wenn er also auf seinem Weg am Rand des Tales entlang etwas findet, wird er es Lord Styrax berichten.« Koezh klang erschöpft. »Es gibt nur einen Grund, warum ihm Styrax so einen

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