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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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trug den Helm unter dem Arm, aber als er Bernstein erreichte, wies der Oberst mit Bestimmtheit darauf und Hain errötete. Er schlug die Kapuze seines Mantels zurück, wobei er versuchte, nicht im Wind zu erschaudern, der sie umtoste, und setzte den Helm auf. Der Befehl war eindeutig gewesen: Sie sollten zu jeder Zeit wie die furchtlosen Krieger aussehen, als welche die Menin bekannt waren – und das bedeutete leider, jederzeit voll gerüstet zu sein und so zu wirken, als machten einem Widrigkeiten nichts aus, egal, wie kalt es wurde, vor allem, wenn ihr Lord in der Nähe war.
    »Guten Morgen, Hauptmann.« Bernstein hob einen gepanzerten Arm, damit Hain seine Armschiene dagegenschlagen konnte, wie es als Gruß unter Soldaten üblich war. Aber er war deutlich größer als sein Untergebener und bemerkte, dass er seiner alten Angewohnheit folgte und seinen Arm so hoch hielt, dass sich Hain geradezu strecken musste, um ihn zu erreichen.
    Es ist doch seltsam, dass wir nur in manche alten Angewohnheiten so leicht verfallen , dachte er. Ich habe die Hälfte meines Lebens diese schwere Rüstung getragen, und doch kommt es mir seit meiner Rückkehr so vor, als gehörte sie einem anderen Mann.
    »Ist es denn ein guter Morgen?«, antwortete Hain. Seit er den Helm aufgesetzt hatte, trug er das gleiche grimmige und graue Gesicht zur Schau wie Bernstein selbst, doch der Oberst konnte durch die schmale Öffnung über Hains Mund dessen abgebrochenen Zahn sehen, als der Mann nun lächelte. »Sieht in meinen Augen weder nach gut aus noch nach Morgen.«
    Oberst Bernstein schlug ihm auf den Rücken. »Ich weiß nicht, so wie es aussieht, wird es für dich ein guter Morgen werden.« Er führte ihn den Hang hinauf. Vor sich sah er die Rücken von Lord
Styrax und General Gaur, die durch den Morgennebel auf Tor Salan hinabblickten.
    »Da könntet Ihr Recht haben, Herr – und das habe ich Euch zu verdanken«, sagte Hain beschwingt. Die Zeichen auf seiner Schulterplatte und seinem Helm wiesen Hain als Mitglied der Dritten Cheme aus, Lord Styrax’ Lieblingslegion, und Bernstein hatte Hain für besondere Aufgaben empfohlen. Das Ergebnis seiner ersten Aufgabe würde sehr offensichtliche Auswirkungen haben.
    »Ein Soldat schmiedet sein Glück selbst, das weißt du. Außerdem hatte ich ein paar Hauptmänner übrig und konnte dir ja schlecht den Befehl über meine Division überlassen – dann hätten die Männer den ganzen Sommer nur rumgehurt.«
    Hain lachte. »Ich bin ein glücklich verheirateter Mann, Herr, ich weiß gar nicht, wovon Ihr sprecht. Ich hoffe, Ihr liegt mit Eurem Urteil über den heutigen Tag richtig, aber ich zähle meine Jungfrauen erst, wenn ich tot bin, wie die Chetse sagen würden.«
    »So etwas sagen sie?«, fragte Bernstein verwundert.
    Hain zuckte die Achseln. »Kann schon sein, sie sind ein seltsamer Haufen.«
    Als sie in Hörweite von Lord Styrax gelangten, verstummten sie. Instinktiv musterte Bernstein die Gestalten, die sich auf der Anhöhe neben Lord Styrax versammelt hatten. Dieser überwachte seine jüngste Dreistigkeit, deren Durchführung von einem bestimmten Hauptmann der Dritten erleichtert worden war. General Gaur stand natürlich nah bei seinem Lord, und Kohrad Styrax, der Sohn des Lords, stand zwischen ihnen und einer Gruppe von Männern in prächtigen grünen und blauen Umhängen – Abgesandte von Sautin und Mustet, so hatte Bernstein gehört.
    Sie alle blickten nervös auf zwei Regimenter, die in Quadraten am Fuß der Anhöhe Stellung bezogen hatten. Bernsteins Augen nahmen die Banner am Kopf jeder Einheit sofort wahr. Er erkannte erschrocken, dass es seine eigenen Männer waren, etwa
zwei Drittel seiner fünfhundert Mann starken Division. Über ihnen flatterten längere Banner, auf denen der mit Fängen versehene Schädel Lord Styrax’ ein blutiges Zeichen vor dem stumpfen Himmel darstellte.
    Das ist interessant. Da mich niemand geholt hat, um hier mit meinen Männern aufzumarschieren, werde ich wohl nicht so bald zu meinen üblichen Pflichten zurückkehren.
    Im Vergleich zu anderen Legionen besaß die Elitetruppe der Dritten Cheme anderthalb Mal so viele Offiziere. Die erste Division der Dritten unterstand Oberst Bernsteins Befehl, und Oberst Ferek Darn war nach einer bemerkenswerten Tat zu seinem Stellvertreter berufen worden. Auf diese Weise konnten sie beide für besondere Aufgaben abkommandiert werden, ohne dass die Befehlsstruktur zusammenbrach.
    Hinter den verschiedenen Ehrenmännern,

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