Sturmauge
Stadt arbeiten die Leute so gut zusammen wie ein ganzer Sack voller wilder Katzen«, gab Kohrad Styrax zurück und Bernsteins Hand zuckte schon zum Knauf seines Säbels. Das junge Weißauge schien wieder zurück zu seiner alten, reizbaren
und jederzeit streitlustigen Form gefunden zu haben, was ein großer Fortschritt war. Das letzte Mal, als Bernstein ihn gesehen hatte, hatte er in Thotel, der Chetse-Hauptstadt, nur ohnmächtig dagelegen. Die Menin waren in dieser schrecklichen Nacht gezwungen gewesen, ihre eigenen Leute abzuschlachten.
»Nun, Erbe Styrax«, fuhr Ayel mit vor Wut aufgerissenen Augen fort. »Ich lade Euch ein, auf Mustet zu marschieren, wenn Ihr eine Lektion darin erhalten möchtet, wie man eine Verteidigung aufbaut. Die Ritter der Tempel geben Euch gerne eine umfassende Lehrstunde.«
Bernstein blieb die Spucke weg. Ihr Götter, dieser Priester ist irrsinnig. Man zeigt nicht, dass man vor wütenden Weißaugen keine Angst hat!
»Da das Siegel an dieser Rolle gebrochen wurde, muss ich annehmen, dass Ihr mein Angebot bereits gelesen habt«, sagte Lord Styrax ohne eine Spur von Ärger, während sich sein Sohn vor dem Magier aufbaute.
»Ich habe es gelesen und meine …«
»Antwortet noch nicht«, unterbrach Styrax den Hohepriester scharf, bevor dieser einen zu großen Fehler begehen konnte.
Ayel war zwar rot vor Wut, aber er verstummte doch unter Lord Styrax’ grimmigem Blick. »Sagt nichts, was Ihr später bereuen würdet. Ihr werdet noch heute aufbrechen, um Kardinal Afasin das Angebot zu überbringen.«
Kardinal Afasin? Bernstein lächelte grimmig in sich hinein. A ls ich das letzte Mal von ihm hörte, war der Mistkerl noch General Afasin. Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn sich ein Weißauge Religion zuzieht. Ich glaube auch nicht, dass Ritter-Kardinal Certinse darüber sehr erfreut sein wird. Was sagt das über den Zustand der Ritter der Tempel aus, dass sich Afasin lieber Priester als Soldat nennt?
»Heute?«, fragte Abgesandter Jerrer. »Wir waren eine Woche hier – warum schickt Ihr uns jetzt weg?« Der Sautin-Unterhändler
war ein unauffälliger Mann: ergrauend, mittelalt, mit mattblauen Augen. Seine Kleidung wirkte eher praktisch, nicht elegant, was bedeutete, dass er entweder ein Lakai war und als Beleidigung geschickt worden sein musste, oder als eine Art von Meisterspion. Nach einigen Augenblicken des Musterns verlegte sich Bernstein darauf, das Letztere anzunehmen. Der Mann konnte auf keinen Fall so harmlos sein, wie er wirkte.
»Warum heute?«, wiederholte Styrax. »Weil heute der Tag sein wird, an dem ich meine Standarte von den Himmelssäulen wehen lasse.«
»Heute?«, fragte Ayel patzig und trat vor seinen Genossen. Ein Knurren von General Gaur verhinderte, dass sich der Hohepriester weiter näherte, aber er fuhr fort: »Ihr müsst mit der Belagerung der Stadt erst noch beginnen. Der Patriarchenrat hat nur zur Vorsicht das Tor versperren lassen.« Er wies mit dem Finger, der in einem roten Handschuh steckte, auf Tor Salan. »Ich habe die Hände des Riesen ihr Werk verrichten sehen … sie werden Euer Heer im Nu kleinkriegen.«
Bernstein folgte Ayels Fingerzeig und sah fünfzehn gleichmäßige Hügel, die sich aus dem Boden vor Tor Salan erhoben. Aus dieser Entfernung wirkten sie nicht sonderlich bedrohlich, aber wenn das Menin-Lager näher dran gewesen wäre, hätte sich die Gefahr gewiss offenbart. Er stellte sich Lord Styrax’ Festung im Heimatland der Menin vor. Sogar aus der Entfernung waren die schwarzen Tore von Crafanc ein furchterregender Anblick – und es wurde noch schlimmer, je näher man kam.
Styrax bedeutete Ayel mit erhobener Hand zu schweigen. »Ich muss zugeben, dass ich die Hände des Riesen noch nie bei der Arbeit gesehen habe, aber ich habe mich ausführlich mit Berichten darüber befasst. Tor Salan, die Stadt der tausend Magier. Und sie besitzt einige einzigartige Verteidigungsanlagen. Diese riesigen Arme aus Kupfer, Stahl und Stein müssen in der Tat ein beeindruckender
Anblick sein, immerhin schießen sie weiter und genauer als jede Blide – und das alles wird von den Magiern Tor Salans mit Magie betrieben.«
»Und sie haben mehr Munition zur Hand, als sie für dieses kleine Heer brauchen«, fügte Ayel selbstgefällig hinzu.
»Ich würde ja vor Angst zittern«, sagte das riesige Weißauge weihevoll, »aber ich muss eine Stadt erobern. General Gaur, lass vorrücken.«
Bernstein erschrak, als die tieftönenden Hörner geblasen wurden. Er
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