Sturmauge
einige Augenblicke, um den Zauber für unsere Zwecke zu beugen.«
Venn musste ein Schaudern unterdrücken. In dieser Form gab der feige Magier keine so lächerliche Figur ab. Als Schatten erinnerte Dohle in verstörender Weise an Rojak, Azaers Lieblingsschüler. Etwas in seiner Stimme gemahnte Venn daran, dass sie von Rojaks Körper keine Spur gefunden hatten – nicht einmal seine verzauberte Goldkette, der die Flammen, die Scree dem Erdboden gleichmachten, nichts hätten anhaben können.
Er vertrieb diesen Gedanken und fuhr mit dem Gebet fort. Rojak hatte ihm befohlen, seinem Volk einen König zu bringen, und in Kürze würde Dohle dem Zauber des Wassers etwas hinzugefügt haben, das sie für Veränderungen empfänglich machte, für Ehrgeiz.
Sollen sie einen neuen Weg wählen , dachte Venn und gab damit seinen eigenen Segen. Sollen sie doch hoffen, mehr als nur Unterhaltung zu sein, sollen sie nach etwas Neuem suchen. Sie werden sich einen König wünschen und einen neugeborenen Prinzen finden.
»Es ist vollbracht« , sagte Dohle leise in sein Ohr. Venn nickte kaum merklich und sprach die letzten Worte des Gebets. Dann erhob er sich und wandte sich der Priesterin zu, die mit besitzergreifender Ausstrahlung unmittelbar vor ihm stand.
Dies ist die Belohnung, nach der du all die vielen Jahre gesucht hast. Erinnerst du dich an die Geschichte von Amavoqs Becher? Wie weit wirst du den vergifteten Kelch leeren?
Venn sah an ihr vorbei, als sie auf das Becken hinabblickte, als erwarte sie, dass ihr ein Wunder in den Schoß fiele. Er sah allein auf die Wand, in die die heiligen Worte seines Volkes eingearbeitet worden waren. Alle Blicke ruhten auf ihm und Stille breitete sich mit einem Mal in der Höhle aus, vom leisen Zischen und Knacken des Harzes in den Kohlebecken abgesehen. Er achtete darauf, dass seine Bewegungen unnatürlich und ungelenk wirkten, während er auf die breite Wand mit den heiligen Worten zuging, vor ihr auf die Knie sank und hinaufstarrte.
»Warum bist du hier?«, fragte eine krächzende Stimme zu seiner Rechten.
Mit ausdruckslosem Gesicht wandte sich Venn der gebeugten Gestalt zu, die ihn ansprach. Sein Wachhund, die Priesterin, stand hinter ihm, beinahe so nah wie Dohle, um ihr Revier abzustecken. Der alte Mann war ein Windflüsterer, einer der angesehenen Priester, die durch langjährige Dienste keiner Gebete mehr bedurften, sondern die Stimmen der Götter im Wind hören konnten. Sie würde einen so altehrwürdigen Mann nicht herausfordern, aber Venn war sicher, dass sie sich auf alles stürzen werde, das es ihr erlaubte, die Kontrolle an sich zu reißen. Ehrgeiz konnte Berge versetzen.
Er gab vor, den Windflüsterer nur allmählich zu bemerken. Der Priester, der sich mit beiden Händen auf einen verdrehten Stab stützte, verzog das Gesicht und wiederholte seine Frage.
Windflüsterer, wenn du Worte im Rauschen des Windes hörst, dann wirst du auch den Willen der Götter in meinen Taten sehen. Männer wie du haben mich die Geschichte vom Spiegel des Feiglings auswendig lernen lassen. Bevor dies beendet ist, werde ich sie dir vortragen, als letzte Gelegenheit, deiner eigenen Dummheit zu entgehen.
»Man schickte mich«, flüsterte Venn schließlich.
»Wer?«
»Der Herr.« Venn wartete ab, gab ihnen Zeit, zur Kapelle von Tod hinüberzublicken, wo auf einem Dutzend Ikonen, von goldenen Blättern umrankt, sein Gesicht im Licht des Feuers leuchtete. »Überbringer einer Nachricht von vergangener Dunkelheit und Bereiter eines Weges, der sich offenbaren wird.«
Los, schluck’s schon, du alter Mistkerl. Du musst wählen. Wenn du jetzt zögerst, überholt sie dich. Du bleibst zurück und jemand anders wird in die Geschichte eingehen, weil er in diesem Augenblick handelte.
Ein leises Geräusch hinter Venn verriet ihm, dass er damit richtig lag. Während der alte Narr noch zögerte, hemmten die Kriegerpriesterin keine Zweifel. Sie war so verblendet, dass sie keine Angst vor der Zukunft kannte, und als sie an ihm vorbeiging, entfuhr dem alten Mann ein leises Seufzen. Venn folgte ihr und ließ den unwichtig gewordenen Windflüsterer zurück.
Er senkte den Kopf zum Gebet und spürte die machtvolle Präsenz der heiligen Worte vor sich. Ein König für dein Volk , war Rojaks letzter Befehl gewesen. Sie würden nur einen König annehmen, den sie selbst ausgesucht hatten, aber Venn hatte von dem verdrehten Barden viel gelernt. Dohles Magie hatte den Weg geebnet und die Talente eines Harlekins würden
Weitere Kostenlose Bücher