Sturmauge
selbst, sondern dass sie wahr werden könnten. Er spürt die Nähe der Schnitter in seinem Schatten, die Inkarnation des gewaltsamen Todes, und er träumt von seinem eigenen Tod.«
»Hat er sie irgendwie an sich gebunden?«, fragte Vesna flüsternd. »Isak hat sie in Scree zum Leben erweckt – an einem Ort, von dem die Götter vertrieben worden waren … Kann er dabei ihre Verbindung zu Lord Tod unterbrochen haben?«
»In welchem Fall man ihm zum Vorwurf machen müsste, die Raserei der Götter noch verstärkt zu haben?«, beendete Mihn seine Frage. »Ich weiß es nicht. Ich glaube, er weiß es ebenfalls nicht, aber er befürchtet es, vor allem nach den Ereignissen auf dem Irienn-Platz.«
»Und was machen wir nun?«
»Erinnert Ihr Euch an das, was Morghien für ihn tat, als wir ihn zum ersten Mal trafen?«
Vesna dachte an ihre Reise nach Narkang zurück, an den Fremden, der auf Xeliaths Geheiß auf sie gewartet hatte. »Ja, allerdings erinnere ich mich. Der Geist in Morghien griff Isaks Geist an, um ihn auf das vorzubereiten, was Aryn Bwr tun würde.«
»Genau, Morghien bereitete ihn vor. Wenn man weiß, was kommt, hat man nur zwei Möglichkeiten: zu versuchen, es zu vermeiden, oder es hinzunehmen und sich vorzubereiten.«
»Ich stimme dafür, den Tod zu vermeiden. Das wäre hier die bessere Wahl, oder?« Vesnas Lachen klang etwas gezwungen.
»Natürlich. Aber er hat nichts darüber verraten, wie er zu Tode kommt. Wir haben nur seine Gewissheit, dass er von Kastan Styrax’ Hand sterben wird. Den Tod zu vermeiden bedeutet, Kastan Styrax vorher zu töten, und nach allem, was ich hörte, ist das keine leichte Aufgabe.«
»Die Götter machen ihren Erlöser zum größten aller Männer«, sagte Vesna und gab damit wieder, was Isak ihm von seinem Gespräch mit Aryn Bwr erzählt hatte. »Sie haben ihn zu makellos werden lassen, zu stark und zu begabt.«
»Und damit vermutlich zu einem Mann, den man nur schwer töten kann.« Mihn hob den Kopf ein wenig, und Vesna folgte seinem Blick bis zu den Fackeln, die in den festgetretenen Boden gerammt worden waren.
»Was willst du damit sagen?«
»Nur, dass man das Duell schon halb gewonnen hat, wenn man den Feind aus dem Gleichgewicht bringen kann, indem man etwas tut, womit er nicht rechnet.« Er sah zu einer von den Palastwachen flankierten Gestalt, die sich näherte. Lesarl trat der Person in den Weg – es war eine Frau oder vielleicht ein kleiner Mann, vermutete Vesna. Sie trug einen dicken Wintermantel, dessen Kapuze das Gesicht in Schatten hüllte.
»Er soll seinen eigenen Tod annehmen?«, fragte Vesna. »Wie kann man sich denn darauf vorbereiten? Oder sollte Isak in der Lage sein, den Tod selbst zu betrügen?« Neben ihm versteifte sich Mihn und für einen Moment glaubte Vesna, er fühle sich von seinen Worten beleidigt, doch dann sah er die mit Diamantenmuster versehene Kleidung des Neuankömmlings. Ein Harlekin, der ohne Zweifel die versammelten Würdenträger unterhalten wollte.
»Das wollte ich damit nicht sagen«, sagte Mihn mit bemüht ruhiger Stimmte. »Nur, dass ihn so etwas von den verworrenen
Fäden seines Schicksals befreien könnte. Man sagt über den Thronsaal Tods, dass einem kein Vertrag und keine Pflicht durch diese Türen folgen kann. Was, wenn ihn ein solches Angebot verlockt? Wenn es der einzige Weg ist, ihn von diesen Fesseln zu befreien?«
»Das ist nicht besonders viel Freiheit, oder? Man kann aus dem Grab nicht zurückkehren, also wollen wir ihn in die andere Richtung lenken, in Ordnung?«
Mihn ging über Vesnas Versuch, das Gespräch aufzumuntern, hinweg. »Werden wir denn die Wahl haben? Wir wissen beide, dass er einen Marsch nach Süden ankündigen wird, um einen Pufferstaat zu erschaffen, der Tor Milist, Helrect und Scree umfassen wird. Er hat keine andere Wahl, denn alles andere hieße doch, seine eigene Grenze für Chaos und Blutvergießen zu öffnen. Die Menin haben Thotel eingenommen und die Chetse unterworfen.«
Er wandte Vesna das Gesicht zu, als der Harlekin Lesarl passierte und die Stufen hinaufkam. »Wenn Ihr Lord Styrax und auf Eroberung aus wäret, würdet Ihr Euch nach Westen, den eher unwichtigen Staaten dort zuwenden, oder nach Norden, Tor Salan und der Runden Stadt zu?«
»Ihr Götter«, sagte Vesna atemlos, als er die Lage begriff. Er rief sich die Karte des Landes in Erinnerung, die auf die Wand von Lesarls Arbeitszimmer gemalt war. »Sie werden zusammengeführt?«
Der Harlekin erklomm die Treppe mit leichten,
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