Sturmauge
wie konnte das passieren? Ihr sagtet Unordnung, was für eine Unordnung?«
Kayel grinste. »Es sah aus, als wäre er von einer Belagerungswaffe getroffen worden, nur dass die Wände der größeren Kammer von innen nach außen durchbrochen wurden, nicht umgekehrt. Es laufen viele bewaffnete Pönitente dort herum, und sie haben richtig schlechte Laune. Jemand sagte etwas davon, dass die Dame oder eine Priesterin der Dame beteiligt gewesen sei.«
»Die Dame? Könnte das eine Fehde zwischen den Tempeln sein?« Natai verstummte, als ihr ein schrecklicher Gedanke kam. »Eine Fehde zwischen den Göttern?«
»Vielleicht, meine Dame, aber die Leute dort sind sehr wütend, und die Männer rennen auf der Suche nach einem Sündenbock herum.«
»Was habt Ihr mitten in der Nacht im Tempel zu suchen?«, fragte sie, antwortete dann aber doch selbst: »Ah, ein kleines Gebet in Etesias Tempel?«
Kayle scharrte mit den Füßen. »Ich habe auch im Tempel Tods ein kurzes Gebet gesprochen.«
»Wollt Ihr damit andeuten, dass ich einen ausgewachsenen Aufstand hervorrufe, wenn ich Truppen ausschicke, um die Sache zu untersuchen?«
»Ich sage nur, dass sie so auf mich wirkten, als wäre ihnen jeder Vorwand recht, um einen Kampf vom Zaune zu brechen. Und dann bleibt es vielleicht ohnehin nicht bei einem Aufstand.«
»Habt Ihr dann Marschall Dyar einen Vorschlag zu machen?« Sie wollte damit nur die Unfähigkeit des Marschalls verspotten, aber Kayel zögerte nicht zu sagen: »Sucht Euch einen Magier, der herausfindet, was passiert ist. Wenn das Viertel dann wieder zugänglich ist, solltet Ihr einige Männer ohne Uniform hinschicken, die nachsehen, wer am meisten redet und wer die Schuldzuweisungen auf den Lippen trägt. Es gibt immer einen Mistkerl, dem es egal ist, was wirklich passierte – und der sich nur fragt, wie er so etwas für seine Zwecke missbrauchen kann.«
»Glaubt Ihr wirklich, dass sich die Lage derart aufschaukeln wird?«
Der Sergeant zuckte die Achseln. »Wollt Ihr es denn darauf ankommen lassen? Wollte der Hohepriester von Alterr Euch nicht vorschreiben, wie Ihr die Stadt regieren sollt?«
Natai lachte bei dem, was er da andeutete, beinahe auf, bemerkte dann aber, dass er es ernst meinte.
»Würde mich nicht wundern, wenn sie es selbst gemacht hätten«, fügte Kayel hinzu, »aber ich wette, dass man Euch trotzdem die Schuld zuschiebt.«
Sie blickte auf das vernachlässigte Frühstück. Die Runde Stadt war eine Brutstätte für Intrigen. Vier getrennte Bereiche – und bis vor Kurzem vier unterschiedliche Herrscher. Die Anführerinnen des Weißen Zirkels aus Fortinn waren geflohen und das Viertel wurde nun von einem Triumvirat beherrscht, das von den anderen drei verbliebenen Herrschern ernannt wurde. Es war eine Übergangslösung, die sie selbst vorgeschlagen hatte.
Der dicke Erwählte Ilits, Lord Celao, war nur schwer zu überzeugen gewesen, aber wenigstens Kardinal Sourl hatte sich als schlau genug erwiesen, um zu erkennen, dass sie Recht hatte. Die Stadtgeschäfte würden auch so schon genug gestört werden, und von allen Seiten hagelte es schlechte Nachrichten. Natürlich würden sie noch immer ihre Spielchen miteinander treiben. Doch sie hatten eingesehen, dass es Irrsinn wäre, einen offenen Krieg um die Kontrolle in Fortinn zu führen.
Jeder von ihnen könnte hinter dieser Sache stecken , begriff Natai. Beiden würde ein religiöser Aufstand hier nützen. Ihr Götter, sie werden doch nicht etwa zusammenarbeiten? Nein, das ist zu weit hergeholt. Selbst mit ihrer unlängst erwachten Frömmigkeit würde ein Bündnis zwischen den beiden nicht lang genug halten, um so etwas ordentlich zu planen.
»Marschall, schickt alle Eure Männer auf die Straße, vor allem
in Münze, Rad und Bierbruch. Macht deutlich, dass sie das Tagesgeschäft der Bürger nicht stören sollen.«
Erneut stach sie mit der Gabel in seine Richtung, um ihre Aussage zu untermauern.
Der Mann verneigte sich und eilte hinaus, wobei er die Erleichterung auf seinem Gesicht gar nicht zu verbergen suchte. Seine beiden Gehilfen folgten ihm auf dem Fuße. Als sie hinausgingen, kam der Oberste Rat der Herzogin neben dem Herzog ins Zimmer … und sie atmete erleichtert auf. Endlich würde sie etwas Nützliches erfahren. Ihr Ehemann sah besorgt aus, aber Sir Arite Leyen bot den üblichen, gefassten Anblick. Er musterte die Gesichter im Raum und verbeugte sich dann.
»Sir Arite, wo wart Ihr?« Sie hob die Hand, um jede Antwort im Keim zu
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