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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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aus Wut.
    »Ja, Herr, aber ich will keinen Helden in dieser von Göttern verlassenen Gegend sterben sehen. Es könnte mir das Gottvertrauen
nehmen, wenn ich das mitansehen müsste. Und noch wichtiger: Wenn Ihr tot seid, wird es für mich noch schwerer, in einem Stück nach Hause zu kommen.« Er machte eine wegwerfende Geste in Richtung der Reiter hinter ihnen. »Diese feigen Scheißer machen sich aus dem Staub, wenn Ihr fallt.«
    »So schlecht sind sie auch wieder nicht.«
    »Nicht so schlecht, aber doch schlecht genug. Sarocs Männer sind ordentliche Soldaten, aber keiner der Hauptmänner taugt etwas. Der eine ist jung, der andere hat zu blaues Blut.«
    »Genug!«, blaffte Vesna. »Das sind deine Vorgesetzten, und es steht dir nicht zu, Offiziere zu bewerten. Du folgst ihren Befehlen, klar?«
    »Ja, Herr«, maulte er. An seinem Gesichtsausdruck konnte Vesna jedoch ablesen, dass dies nicht die erste Schelte war, die er für eine geäußerte Meinung bekam. In seinem Gesicht prangten Narben, die er mit Stolz trug – und eine sah sehr nach einer Speerwunde aus. Aber vermutlich hatte er auch einige auf dem Rücken, auf die er nicht ganz so stolz war.
    Vesna musterte den Rest seiner Männer. Insgesamt waren es vier Regimenter. Die beiden aus Lomin und Tildek, gegen die er unlängst noch gekämpft hatte, eines aus Saroc und das letzte aus Torl. Mittlerweile zählten sie nur noch dreihundert Mann. Alle hatten die Grundausbildung erhalten, die zu den wichtigsten Pflichten ihres Lehnsherren zählte, aber nur die wenigsten besaßen echte Kampferfahrung. In den Regimentern Herzog Certinses hatten sich einige Kämpen gefunden, die meisten waren für den Wachdienst in dieser Gegend jedoch noch zu jung gewesen. Dabei sammelten die meisten Männer aus Lomin ihre Erfahrungen. Bedauerlicherweise war die letzte Wachtruppe bei der Schlacht auf der Chirr-Ebene aufgerieben worden, weshalb Certinse die neuen Kommandanten nach ihrer Treue ausgewählt hatte.

    »Sie sind nur eingeschüchtert, das ist alles«, murmelte Vesna vor sich hin. »Hier gibt es wenig, worauf man stolz sein kann, aber so etwas braucht ein Soldat.«
    Die Männer versteckten sich in einer flachen Senke. Die Bäume, vorrangig Ulmen, erstreckten sich noch einige hundert Schritt über den Fluss hinaus, hinter dem, so hoffte Vesna inständig, seine Verbündeten weiter warteten. Es waren die Überreste von sechs Regimentern, nun wenig mehr als dreihundert Mann. Ihr Anführer hatte eine Narbe um den Hals, die eindeutig von einer Henkersschlaufe stammte. Die Truppen legten ein Lippenbekenntnis zu Herzog Vrerrs Befehlen für die Schlacht ab. Sie töteten den Feind, wenn sie im Vorteil waren – und zwischen den Scharmützeln suchten sie die Gegend heim. Ein Soldat suchte sich etwas, worauf er stolz sein konnte. Nur blauäugige Jungen waren der Meinung, dass man Glorie im eigentlichen Krieg fand, aber selbst die alten Kämpen unter den Farlan wurden von einigen der Dinge, die sie hier gesehen hatten, abgestoßen.
    Der Herzog hatte keine Verbote ausgesprochen, und die Söldner des Weißen Zirkels waren genauso schlimm. Vesna hatte von seinen neuen Verbündeten erfahren, dass Teile der Legion, auf deren Spur sie sich gesetzt hatten, Wilde aus der Brache waren, die böse Magie und Rituale mit sich gebracht hatten. Sie hatten Gerüchte über Scharmützel in der entlegendsten Brache gehört, von einem sogenannten König der Brache, der alles und jeden bekämpfte – die Elfen, die Siblis, sogar die Menin, wenn man den blumigeren Geschichten glauben durfte. Vesna schenkte dem zwar wenig Glauben, aber er musste zugeben, dass jede Nachricht über die Brache erst einmal eine schlechte Nachricht war.
    Die Reisenden, wandernde Kesselflicker, lieferten ihnen die meisten Kenntnisse über diese Gebiete. Sie berichteten von Städten, die in den großen, fruchtbaren Ebenen der vom Großen
Krieg weitgehend verschonten Bereiche entstanden. Vielleicht hatte sich tatsächlich ein König der Brache erhoben, und nun war es Isaks Schicksal, diesen Mann zu besiegen. Das war ein schwermütiger Gedanke. Vesna hatte sich schon immer vor der Brache gefürchtet. Es war unvernünftig und kindisch, das wusste er, und hatte keinen erkennbaren Grund, aber sie weckte eine unbestimmte Angst in ihm, Albträume davon, dass seine Knochen langsam in seiner Rüstung verfaulten, während seine Seele über eine verheerte Ebene wanderte und ihr nur der Wind Gesellschaft leistete.
    Rufe und das Klirren von Waffen

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