Sturmbote
Söldner, Magier, Lords und Krieger. Der Weiße Zirkel hat keine andere Wahl, als die Söldner zum Schutz der Stadt anzuheuern, erstaunliche Söldner, wie die, die sich selbst Raylin nennen, nach einem lang vergangenen Kult von Elfenkriegern. Der Name schmeichelt ihnen, aber sie sind schrecklich mächtige Kämpfer, allesamt mit vielfältigen magischen Fähigkeiten. Und sie werden von Gewalt angezogen. Wenn man sie von der Leine lässt, werden sie Zerstörung bringen.«
»Leute wie du und dein Reisegefährte?« Isak rang sich ein Lächeln ab. »Männer wie ich? Ist der einzige Unterschied, dass ich einen Titel und das Zeichen eines Gottes in meiner Seele trage?«
»Ich hoffe, dass der Unterschied größer ist. Diese Leute sind wild und brutal – wenn du einer von ihrem Schlag sein solltest, so wärest du eine wahre Geißel für das Land.«
»Und du hast dich selbst zur Schützerin des Landes ernannt?«
Die Hexe erstarrte. Wie kann dieser ungehobelte Welpe es wagen, mir so etwas vorzuwerfen? Ihre Mutter hatte geweint, als sie ihr sagte, dass sie die Hexerei erlernen würde. Damals hatte es aufregend geklungen, aber Jahre später hatte die Hexe verstanden, warum ihre Mutter geflüstert hatte: »Es tut mir leid, aber hier wird eine Hexe gebraucht, also wird es eine Hexe geben.«
Sie biss sich auf die Lippe. Ein reizbares Gemüt war schon schlimm genug – und sie musste sich hier mit zweien abfinden.
»Du solltest vorsichtig damit sein, welche Beleidigungen du denen an den Kopf wirfst, die deine Verbündeten sein könnten«, warnte ihn die Hexe. »Du bist nicht der Einzige, dem man eine Rolle in diesem Leben zugeteilt hat, also sei lieber dankbar, dass du es zumindest gut getroffen hast.« Sie hob ihr Hemd, um ihren Bauch zu entblößen, auf dem zahlreiche Narben prangten. »Dies ist meine Belohnung dafür, dass ich tue, was getan werden muss.
Diese Narben stammen von einem Colprys. Er riss mich mit seinen Krallen auf, als ich ihn tötete. Ich musste mich selbst wieder zunähen, während ich auf dem Boden lag und Aasfresser mich allmählich umringten.«
Sie erinnerte sich an das Gewicht des Colprys, an die Krallen, daran, wie sie in ihren Leib eindrangen. Im Zwielicht des Waldes war er wegen seiner rauen grünen Haut kaum auszumachen gewesen. Nur das Zischen und Schnauben und das Zittern der Äste, wenn er von Baum zu Baum sprang, hatten ihn verraten. Und das wäre beinahe nicht genug gewesen. Die Hexe erschauderte.
»Hast du dich je selbst zusammennähen müssen, mein Lord? Das ist alles andere als angenehm. Das Dorf bat mich nicht darum, den Colprys zu vertreiben, denn sie wussten, dass keine Bitte notwendig war. Es ist der Weg, den ich für mich angenommen habe.«
Das riesige Weißauge schlug die Augen nieder. »Es tut mir leid, ich hätte das nicht sagen sollen. Ich kann mich nur des Eindrucks nicht erwehren, dass ich beeinflusst und Wege entlanggeführt werde, die jemandem anders zum Vorteil gereichen sollen. Darum fällt es mir so schwer, einen guten Rat ungefragt anzunehmen.« Er wirkte reumütig. »Es tut mir leid.«
»Du hast guten Grund, es so zu sehen«, sagte die Hexe und legte die Hand auf seinen Arm. »Es gibt Kräfte, die deine Geburt lang im Voraus geplant haben. Der Samen wurde wegen des Großen Krieges gelegt.« Ihre Wut war vergangen. Ein Lebtag der Beherrschung ging nicht so schnell verloren und Isaks Gesichtsausdruck zeigte echtes Bedauern. Man hatte ihn nicht aufgezogen, um seine Verantwortung anzunehmen, erinnerte sie sich. Sie war ihm vielmehr vor nicht einmal einem Jahr unvermittelt auferlegt worden, und jetzt blickte das ganze Land voller Erwartung und Sorge auf ihn.
»Samen?«
»Die adligen Krieger, die du als Berater hast, mögen es nicht erwähnt haben, aber die meisten Kriege bringen keine Lösung, und der Große Krieg war da keineswegs eine Ausnahme. Der Hass stirbt nicht und die ursprünglichen Gründe werden durch den Schmerz und das Leid auf beiden Seiten eher noch angefacht. Die Feindseligkeit hat Bestand und alle warten auf den Tag, an dem sich eine Gelegenheit bietet, erneut zuzuschlagen.«
Die Hexe nahm Isaks weiße Hand in die ihre. »Vor deiner letzten Ruhe wirst du viele Wege der Toten beschreiten. Die Nachwehen eines solchen Kampfes machen dies notwendig, denn für die Geister gibt es keinen einfachen Weg, Ruhe zu finden. Das Leben gleicht einem Weg im Wald, an jeder Weggabelung müssen wir Entscheidungen treffen und manchmal wird er dich zu lichtdurchfluteten
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