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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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ob sie Magie auf ihn wirkte, immerhin war sie darin
sehr bewandert. Andererseits war er einem hübschen Gesicht schon immer leicht verfallen, mit oder ohne Magie.
    »Oh, jetzt habe ich Euch in Verlegenheit gebracht. Das tut mir leid«, zwitscherte die Vampirin weiter. Doranei zwang sich, ihr erneut in die Augen zu blicken und sah die Freude darin, die es ihr bereitete, sich als närrische Adlige auszugeben. »Ich bin sicher, dass es der König ungern sähe, wenn Ihr Euer Schwert bei solchen Taten abwetztet. Man muss Waffen pflegen, nicht wahr? Und doch muss ich diese Peinlichkeit wieder gutmachen, denn ich könnte nicht mit mir leben, wenn ich Euch ohne Entschädigung gehen ließe.«
    Na hervorragend, ein Vampir treibt sein Spiel mit mir. Das wird bestimmt gut ausgehen.
    Zhia stand mit einer großen Geste auf und kam mit der Eleganz einer Tänzerin zu ihm. Sie ergriff seinen Ellbogen und zog ihn ohne erkennbare Mühe auf die Füße. Ihre dünne Hand stützte ihn so sicher, als sei sie aus Eichenholz und ihre Stärke passte gar nicht zu ihrer zarten Gestalt. Im Stehen überragte Doranei die Frau um gut eine Handbreit, aber in ihrem Griff fühlte er sich so zerbrechlich wie trockenes Laub. Mit geschickten Bewegungen streifte sie die Gurte von seinen Schultern und nahm ihm das Bündel ab. Die Bewegung war überraschend zart – und mit einem Mal nahm Doranei ihr feines Parfüm wahr. Als sie ihre Lippen leicht öffnete, stockte Doranei der Atem.
    Ihr Götter .
    »Also, werdet Ihr mir erlauben, es wieder gutzumachen?« Zhia lehnte sich vor, blickte ohne zu blinzeln zu ihm auf und er atmete noch mehr von ihrem süßen Duft ein.
    Doranei nickte benommen.
    »Danke«, flüsterte sie. Er senkte langsam den Kopf, ihren Lippen zu, als sie zurücktrat. »In dem Fall sollten wir aufbrechen«, sagte sie bestimmt.

    »Aufbrechen?«
    »Aber natürlich«, sagte sie munter. »Ihr werdet mich heute ins Theater begleiten … und der Vorhang hebt sich in Kürze.«
    »Theater? Aber ich …«, wand sich Doranei. »Ich kann nicht … ich muss …«
    »Unfug«, unterbrach ihn Zhia. »Ihr werdet etwas dabei lernen. Glaubt mir, der König wird gegen diesen Ausflug nichts einzuwenden haben. Wenn Ihr also Eure Füße wiedergefunden habt, sollten wir aufbrechen.«
    Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern schob Doranei auf die verschlossene Tür zu. Er versuchte zu widersprechen, fand aber keine Worte. Stattdessen erlaubte er Zhia, ihn durch die im Halbdunkel liegenden Straßen zu führen, bis sie das Theater erreichten, um das sich bereits Bürger aller Schichten versammelt hatten, die in ihren besten Zwirn gehüllt waren und miteinander sprachen. Schierlinggebinde hingen an den Wänden und unzählige Fackeln verbreiteten mit Wohlgerüchen versetzten Rauch. Während sie darauf zugingen, nahm in Doranei die Aufregung zu. Flackernde Schatten griffen aus den verrammelten Hütten rund um das Theater nach ihm.
    Ein Flüstern glitt durch die Straßen, zu schnell, als dass der Mann des Königs einen Sinn darin erkennen konnte. Die Dunkelheit des Tores lag drohend vor ihnen. Zwei Albinos standen davor und musterten sie finster, wichen aber einen Schritt zurück, als Zhia ihren Blick erwiderte. Als sie durch das Tor traten, legte sich eine eisige Ruhe um Doranei. Und auf dem Weg in den Schatten schenkte ihm nur der sichere Griff der Vampirfrau an seinem Arm etwas Zuversicht.
    O ihr Götter.

16

    Wolkenfäden zogen vor der Mondsichel vorbei, während sich Doranei ins Herz des nördlichen Viertels begab, zum Haus der Getreuen König Emins in Scree. Er schätzte, dass es bereits weit nach Mitternacht war. Seit dem Theaterbesuch hatte er Kopfschmerzen – und er hatte Mühe sicherzugehen, dass er nicht verfolgt wurde. Am wahrscheinlichsten würde es Zhia sein, die ihm nachging. Er hatte nicht die geringste Aussicht auf Erfolg, wenn er sich mit dem Geist einer uralten Vampirin messen wollte. Das würde er nicht einmal schaffen, wenn er ganz auf der Höhe wäre. Wegen der Mischung aus Hitze, Schmerz, Wein und Verwunderung konnte er sich kaum an den Weg erinnern.
    Die Straßen lagen verlassen da, es war ein seltsamer Anblick für ihn, der in den stets munteren Verbrecherhöhlen und finsteren Nebenstraßen Narkangs ausgebildet worden war.
    Doranei ging durch eine Gasse und zog nach der Hälfte des Weges – und einem letzten Rundblick – einen Schlüssel hervor, der an einer Kette um seinen Hals hing, und schloss eine unauffällige Tür auf, die etwas

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