Sturmbote
Schlüssel.«
»Und was tun wir jetzt?«
Emin hob eine Augenbraue. »Ich denke, du solltest mir von deinem Abend berichten.«
Er setzte sich an den kleinen Schreibtisch, der die Mitte des Raumes einnahm, und musterte Doranei mit dem durchdringenden Blick seiner blauen Augen. Dieser ließ das Bündel so vorsichtig
von seinen Schultern gleiten, wie es der verletzte Arm erlaubte, und dann auf den Boden fallen, wo es mit einem metallischen Poltern landete. Ebenso verfuhr er mit seinem Lederwams, froh darüber, das Gewicht der Eisenverstärkungen endlich loszuwerden, und ließ sich schwer auf den anderen Stuhl fallen.
Er rieb sich das linke Handgelenk. »Meine Nacht im Theater«, murmelte er mit einem beschämten Lächeln, »ergab sich aus der Treffsicherheit einer Farlan-Getreuen.«
»Jetzt möchtest du mich an der Nase herumführen«, sagte der König.
Doranei hob abwehrend die Hände. »Wir sind bei weitem nicht die Einzigen, die sich für Scree interessieren. Also, es trug sich folgendermaßen zu …«
König Emin und Doranei redeten mehr als eine Stunde miteinander, sprachen über die Besucher, die Schauspieler – und die Vampirfrau Zhia Vukotic. Doranei hatte nicht sonderlich auf das Stück achten können – eine Verwechslungskomödie über drei Prinzen, die alle drei fälschlicherweise behaupteten, der Erlöser zu sein – denn seine Schmerzen waren im Verlauf des Abends immer größer geworden. Aber er versuchte sich an alle Einzelheiten zu erinnern. König Emins Gesicht nahm entschlossene Züge an, als Doranei mit leichter Nervosität anmerkte, einer der maskierten Schauspieler könne Ilumene gewesen sein.
»Aber du bist nicht sicher?«
»Nein, seine Rolle war sehr klein.« Doranei verzog das Gesicht, während er versuchte, seinen Verdacht zu erhärten. »Etwas an der Haltung des Mannes machte mich stutzig. Er stellte sogar die Hauptrolle in den Schatten, ohne ein einziges Wort zu sagen.«
Der König antwortete nicht. Er lehnte sich mit finsterem Gesicht zurück, sein Stuhl knarrte besorgniserregend. Doranei begann sich allmählich zu fragen, in welchem Zustand wohl Cetess’
Weinkeller sein mochte. Den Rest der Nacht wollte er dringend in der liebevollen Umarmung eines guten Tropfens verbringen.
»Komm mit«, sagte der König schließlich und ging zur Tür. »Wir sollten mit Endine und Cetarn darüber sprechen. Ich denke, sie müssen uns den ersten Anhaltspunkt liefern.« Er öffnete die Tür und blieb mit der Hand am Bronzeknauf stehen.
In diesem Augenblick wirkte der König auf Doranei wie ein müder alter Mann, verbittert und gebeugt. Die strahlend blauen Augen schienen vom Alter getrübt und sein Haar sah im schwachen Licht grau aus.
»Lass nicht zu, dass ich dies für meine Rache nutze«, flüsterte Emin. Doranei war von diesem plötzlichen Zeichen der Schwäche bestürzt, aber der König schien gedankenverloren und bemerkte es nicht. »Versprich mir, dass du meine Hand aufhältst, wenn es nötig werden sollte.«
»Ich … wollt Ihr Ilumene verschonen?«, fragte Doranei verwundert.
»Das meine ich nicht. Ilumene ist jetzt zweifellos ein wichtiger Gefolgsmann Azaers, aber das war nicht der einzige Grund, warum er die Seiten wechselte. Ich kann seinen Verrat nicht verzeihen, und das wird mein Urteilsvermögen trüben. Wenn es so weit ist, musst du mich daran erinnern, dass unser eigentliches Ziel nicht Rache ist. Azaer wird zunehmend mächtiger und vielleicht droht uns bald die Herrschaft des Zwielichts. Immerhin glauben wir, dass diese Stadt hier in der Prophezeiung erwähnt wird, und dann bleibt keine Zeit für eitle Rache.«
Doranei riss die Augen auf. »Und Coran? Er wird mich töten, wenn ich mich zwischen ihn und Ilumene stelle.«
»Lass Coran meine Sorge sein. Unsere Bande sind stark genug, um ihn zurückzuhalten. Wir müssen Ilumene und den Barden finden und herausbekommen, was sie vorhaben. Die Rache wird warten müssen.«
»In dem Fall werde ich da sein, um Euch daran zu erinnern.«
»Danke.« Der König straffte sich und trat durch die Tür. »Aber zuerst müssen wir sie finden.«
Die beiden Magier, die sie über die Stadtmauer nach Scree geschmuggelt hatten, während Doranei die Stadtwache abgelenkt hatte, waren ein ungewöhnliches Paar. Es war sicher ausführlich darüber gescherzt worden, wie man Shile Cetarns fülligen Körper über die Mauer hatte bekommen wollen, obwohl alle gewusst hatten, dass Toman Endine stets die größeren Schwierigkeiten machte. Der
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