Sturmbote
Gefäßes und sank dann seufzend an die Wand zurück.
»Die letzten Wochen waren seltsam«, fuhr er fort. »Ich habe nichts von Spinne gehört, aber ich weiß, dass seine Jungs fleißig waren. Immerhin gibt es überall Kämpfe in der Stadt und die Stadtwache und Sialas Truppen umkreisen sich. Sie kümmern sich nicht mal um die Verrückten, die Verderben und Zerstörung voraussagen. Ich hab gehört, dass die Geweihten hinter unserer
östlichen Grenze umherschnüffeln, und es wird nicht mehr lange dauern, bis sich die Farlan bemerkbar machen.«
»Was, glaubst du, wird geschehen?«, fragte Mayel besorgt.
Shandek rülpste und ließ die Tänzerin dabei nicht aus den Augen, die zum traurigen, langsamen Spiel des rattenartigen Bettlers einen hypnotischen Tanz vollführte.
»Ich denke, die Farlan sind zu spät dran; hab gehört, dass die edle Dame Ostia die Söldner mittlerweile so gut ausgebildet hat, dass sie beim ersten Blick auf die Geister nicht mehr die Beine in die Hand nehmen. Die werden es nicht leicht haben, die Stadt einzunehmen. Wir wissen doch alle, dass die Farlan nicht das Zeug für einen langanhaltenden Krieg haben.« Er versuchte auszuspucken, aber sein Mund war zu trocken und so brachte er nur einen zähflüssigen Faden zustande, der auf seinem Kinn landete.
Mayel lachte, aber eine schmerzhafte Kopfnuss brachte ihn schnell zum Schweigen. Er rieb sich die pochende Stelle und schaute seinen Vetter grimmig an, wechselte aber das Thema: »Um was geht es denn in diesem neuen Stück?«
»Es heißt ›Das Maultier des Königs‹«, murmelte Shandek mit schwer trunkener Stimme. »Es heißt, im letzten Akt wird ein echter Verbrecher hingerichtet – darum sind auch all die Leute hier.« Er machte eine weite Geste und Mayel erschrak, als er sich von einer Menschenmenge umringt sah, in der aufgeregt geschwatzt wurde.
Von wegen, der Tod ist die Unterhaltung für die einfachen Leute , dachte Mayel mit einem traurigen Lächeln. Die Reichen scheinen ebenso viel Gefallen daran zu finden .
»Sie sind alle hier«, flüsterte er. »Adlige, Magier, sogar Priester.« Er wies auf einen Mann in der mit weißen Streifen versehenen Robe von Vasle, dem Gott der Flüsse, der gerade auf drei Frauen einredete. Zwei von ihnen trugen die Robe des Weißen
Zirkels. »Sie alle wollen es sehen. Vielleicht finden wir heute einen Abnehmer.«
»Dieser Priester ist nicht hier, um sich am Tod zu ergötzen. Vasle ist ein gnädiger Gott. Er wird wohl hier sein, um dagegen zu protestieren. Und er ist mutig – das ist die edle Dame Ostia, der er da eine Standpauke hält.«
Mayel spähte durch die Menschenmenge. »Woher weißt du das? Ihr Gesicht ist doch von einem Schal verhüllt.«
»Siehst du die Frau neben ihr, die mit dem Schwert?«
»Ich habe schon Dutzende Frauen des Zirkels solche Schwerter tragen sehen«, widersprach Mayel, der die Gesichter noch immer nicht erkennen konnte.
»Ja, aber wenn du das Gesicht dieser Frau siehst, vergisst du es so schnell nicht wieder. Du wirst davon träumen, sie einen Monat ununterbrochen zu küssen!« Shandek grinste. »Es heißt, sie möge keine Männer, aber das glaube ich nicht. Ich wette, ich könnte ein Lächeln auf diese grimmigen Lippen zaubern.«
»Wie wäre es denn mit dieser Ostia? Es heißt, sie sei Magierin und will sich Siala vom Hals schaffen. Wäre sie keine geeignete Käuferin?«
Shandek nickte nachdenklich. »Ostia könnte die Richtige sein. Ich habe das alles auch gehört, aber im Augenblick gibt Siala die Befehle. Ich werde sie erstmal eine Weile beobachten. Und du musst jetzt rausfinden, womit dein Abt da herumspielt – genug gewartet! Es reicht nicht mehr, dass du vermutest, es sei ein uraltes magisches Artefakt. Wenn wir nicht wissen, was wir anzubieten haben, können wir auch nicht verhandeln.«
»Das ist schwer«, behauptete Mayel. »Wenn er misstrauisch wird, macht er sich aus dem Staub und wird woanders sein Glück versuchen.«
»Dir läuft die Zeit davon, Vetter«, grollte Shandek. »Werde mutiger, so wie unser Freund, der Priester da drüben.«
Mayel drehte sich wieder zu dem Priester um, der zunehmend erregter wirkte, den Frauen mit der Faust drohte und so laut sprach, dass die Leute auf der Straße stehen blieben und ihn anstarrten.
»Wenn so Mut aussieht, dann verzichte ich dankend«, sagte er. »Wenn er so weitermacht, wird man ihn bald in eine Zelle werfen. Hoffentlich berührt er sie nicht, sonst steckt er wirklich in Schwierigkeiten – oh, schon hat
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