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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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Schließlich wandte er sich dem Gebäude zu, in dessen Schatten sie saßen. Die Ziegel wirkten alt. Sie bröckelten an den Ecken ab und dunkle Streifen wiesen darauf hin, dass hier schon seit Jahren das Regenwasser vom Nachbarhaus herablief. Fünf Schritt des Bodens waren etwas abgesenkt, aber Mikiss fand keine Erklärung dafür. Der Grund für diese Kuhle war lange vergessen. Darin lag die Leiche eines dürren, kleinen Hundes, wenig mehr als Haut und Knochen, mit räudigem Fell. Ein halbes Dutzend Fliegen umschwirrte ihn träge. Etwas an der Leiche wirkte jedoch seltsam.
    Mikiss lehnte sich vor, um besser sehen zu können. Es waren die Beine des Hundes. Nicht die Haltung des Körpers war erstaunlich, sondern die Hinterbeine waren irgendwie zu kurz. Dann verstand Mikiss mit Erschrecken: die Hinterfüße des kleinen Hundes waren abgeschnitten worden. »Ihr Götter«, murmelte er. »Vertreiben sich die Leute hier so die Zeit?«
    Er zog eine Sandale aus und rieb über die trockene, aufgesprungene Haut an seinem Fußballen. Die Sandalen waren nach der Art der Chetse-Armee gefertigt, mit drei Bändern, die um den Knöchel gebunden wurden, um sie zu halten. Er war froh, nicht die schweren, fellbesetzten Stiefel tragen zu müssen, die bei der
Menin-Kavallerie beliebt waren und bis zum Oberschenkel reichten, aber der Schmutz von Screes erhitzten Straßen hatte den Weg zwischen alle Zehen und unter alle Nägel gefunden.
    »Gute Soldatenfüße habt Ihr da«, sagte Shart, der sich vorgebeugt hatte, um darunterzusehen.
    »Schmutzig, meinst du?«
    Der Soldat kicherte und kniete sich nieder, um zu Mikiss’ Schreck den Fuß zu packen. Er drehte ihn leicht und wies auf die raue Unterseite. Als er sich Mikiss’ Aufmerksamkeit sicher war, schlug Shart hart mit der Hand seines unglaublich starken Waffenarms darauf. Mikiss schrie überrascht auf und zog den Fuß zurück.
    »Das meine ich«, sagte Shart mit einem wissenden Lächeln. »Sie mögen vielleicht hässlich und dreckig sein, aber es gibt nichts Zäheres als einen Soldatenfuß. Vertraut mir. Wenn ich das vor unserem Aufbruch getan hätte, würdet Ihr jetzt weinen wie ein kleines Mädchen.« Er stand mit einem zufriedenen Ausdruck auf und steckte den Daumen in den dicken Ledergürtel, an dem seine Dolche und die langstielige Axt hingen, mit der er so geschickt umging.
    Mikiss blickte erst auf seinen Fuß, dann zu Shart hinüber. »Ich glaube, Du wolltest sagen ›weinen wie ein kleines Mädchen, Herr‹, oder?«
    »Natürlich, Herr. Ich bitte für diesen Fehltritt um Entschuldigung und hoffe, dass Ihr ihn mir wegen des Wetters durchgehen lasst.« Shart grinste. Der Heeresbote nahm seinen Rang nicht wirklich ernst.
    »Ich verzeihe dir«, antwortete Mikiss und wischte sich mit dem bereits nassen Ärmel übers Gesicht. »Ihr Götter, ich hatte nicht erwartet, dass es so heiß sein würde.«
    »Das hat keiner von uns geglaubt. Das ist nicht mehr natürlich, wenn Ihr mich fragt, Herr. Die Leute gehen mit trübem
Blick an uns vorbei und so wie sie angezogen sind, scheint es mir so weit im Norden normalerweise nicht so heiß zu werden.«
    »Ich glaube, da hast du recht«, gab Mikiss zurück und musterte einige Leute auf der Straße. »Die Soldaten am Tor besitzen zumindest nicht die richtige Uniform für ein solches Wetter.«
    »Das waren keine Soldaten«, sagte Shart geringschätzig. »Diese Kerle sind nur Stadtwachen, nutzlose Mistkerle, die es nicht bis in die Armee geschafft haben.«
    »Ich dachte, die Armee nimmt jeden?«
    »Ja, das stimmt.« Shart sah zur Taverne hinüber. Mikiss folgte dem Blick, doch es war nur ein kräftiger Mann und nicht Keneg, der aus dem Haus trat. »Aber einige haben nicht den nötigen Mumm für den Krieg. Wachen bekommen auch Waffen, aber sie gehen jeden Abend ins eigene Bett und treffen niemals auf echte Feinde. Gebt mir zwanzig echte Soldaten und ich schneide mich durch einhundert Stadtwachen, als wären sie aus Butter.«
    Mikiss legte den Kopf schief. »Aber sie haben doch achtzig Waffen mehr …«
    »Ha! Das heißt gar nichts. Hundert Mann sind nur eine durcheinanderlaufende Menge, wenn sie nicht ausgebildet sind. Wenn es hier zu einem Kampf kommt, werdet Ihr sehen, was ich meine. Die Stadtwachen wissen nicht, wo sich ihre Kumpanen befinden, also werden sie sich nur gegenseitig in den Weg geraten. Keneg und Bernstein wissen jederzeit, wo ich stehe und was ich als Nächstes tun werde. Ich tue nichts, was sie überraschen würde, und so können sie

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