Sturmbote
Isak erwartet Euch unten.«
»Wir kommen, aber … Kommandant?« Jachen blieb stehen und Vesna trat zu ihm, um ihm kräftig auf die Schulter zu klopfen. »Zieht Euch erst etwas Ordentliches an. Ihr seid kein Söldner mehr.«
Trotz flammte in Jachens Blick auf, wurde aber schnell unter Kontrolle gebracht. Er nickte und entschuldigte sich.
Der offene Empfangsbereich im Herzen des Hauses war von ausreichend Säulen umgeben, um als Tempel des Nartis durchzugehen. Es gab einen Balkon auf halber Höhe und darüber lag
der offene Himmel. Lord Isak ging um eine junge Frau herum, die entspannt auf einem Kissen saß und ihren Lord beobachtete. Vom Schmuck des Staates und der Titel war nichts mehr geblieben. Stattdessen trug Lord Isak ein ärmelloses Hemd und kurze Hosen, die ihm eher das Aussehen des misstrauischen, barfüßigen Jungen gaben, der er noch vor einem Jahr gewesen war. Nur das Schwert, noch in der Scheide ruhend, das er immer wieder von einer Hand in die andere wechselte, und die weiße Haut seines linken Arms, die von der Liebkosung von einhundert glühenden Blitzen zeugte, wiesen ihn als jemanden anders aus.
Zwei von Isaks Wachen standen neben dem Eingang, Glefen mit kurzem Griff in der Hand, wie sie die Geister von Tirah bevorzugten. Auf dem Balkon lief Sir Kelet auf und ab, den wunderschönen, silbern verzierten Bogen stets bereit. Am Rand des Balkons saß, die Füße über den Rand baumeln lassend, Shinir, Lesarls sauertöpfische Getreue. Sie balancierte ihr sichelartiges Khopesh, eine brutale, einseitig geschliffene Waffe, auf einem Finger, und die lange Eisenkette ihres Kriegsflegels war um ihre Schultern gelegt. Sie zeigte ihre Abneigung Vesna gegenüber stets unverhohlen, er aber beachtete sie im Vorbeigehen nicht weiter. Shinir konnte eine nützliche Gehilfin sein, doch sie war für seinen Geschmack zu wankelmütig, einer Raylin zu ähnlich. Er wusste, dass er bei einem Streit mit ihr bereit sein musste, ihn bis zum bitteren Ende auszufechten.
Lord Isak zappelte herum: wie ein Knabe vor seinem ersten Kampf. Die Frau hingegen saß schweigend und ruhig im Schneidersitz in der Mitte des Raumes. Sie hatte rot gefärbtes Haar, wie die Mitglieder des Weißen Zirkels, war aber unzweifelhaft eine reinblütige Farlan.
Vesna erkannte überrascht, dass er sie schon einmal getroffen hatte … er brauchte einen Augenblick, um das hübsche Gesicht zuzuordnen, aber dann hatte er es: Sie war bei dem Treffen in
Lord Bahls Zelt dabei gewesen, nach dem Kampf auf den Chir-Ebenen. Dort hatte sie schweigend abseits gestanden und er hatte sie als Meuchlerin abgetan. Wie es schien, war sie aber doch mehr als das.
»Vesna, Tila, das ist Legana«, verkündete Lord Isak. »Sie ist auf Lesarls Befehl hier, um den Weißen Zirkel zu unterwandern.« Er lachte spöttisch auf. »Und obwohl wir von seinen Plänen auf unangenehme Weise erfahren mussten, hat sie noch weitaus schlimmere Geheimnisse aufgedeckt.«
»Mein Lord?« Vesna blieb stehen. Hinter Isaks Aufregung steckte offensichtlich mehr als die glühenden Nächte und die Magie, die in der vergangenen Nacht überall in der Stadt freigesetzt worden war.
»Den Tod Lord Bahls betreffend – so behauptet sie zumindest.« Isak blieb endlich stehen und lehnte sich an eine Säule, Legana gegenüber.
»Mein Lord, ich dachte mir, dass Ihr diesen Teil meines Berichts sicher als Erstes hören wolltet«, sagte Legana.
Vesna glaubte einen leichten nördlichen Einschlag zu hören. »Zuerst die Umstände bitte«, sagte er. »Ich möchte wissen, wie und wo Ihr davon erfahren habt, wie Ihr solche Geheimnisse ans Licht fördern konntet.«
Legana nickte, wobei ihr eine Strähne des rötlichen Haars ins Gesicht fiel. »Die edle Dame Siala hat mich der edlen Dame Ostia als Gehilfin zugewiesen – so nennt sich hier die Vampirin Zhia Vukotic, wie Ihr wisst. Siala weiß von ihrem wahren Wesen noch nichts. In der vorletzten Nacht hat die edle Dame Ostia – Zhia – während des Angriffs auf das Haus des Nekromanten dessen Gefährten gefangen genommen. Darunter war auch sein Gehilfe, der uns mitteilte, dass sein Meister von Geburt Menin sei und von Lord Salen selbst in seinen Künsten unterrichtet wurde. Er wurde nach Westen geschickt, um hier Schwierigkeiten zu verursachen
und lernte Cordein Malich kennen, dessen Lehrling er später wurde.«
»Malich?« Vesna schnappte nach Luft. »Die Menin haben ihren Einmarsch schon so lange geplant?«
»Aber wie hat dieser Gehilfe des Nekromanten
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