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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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Sobald ein Soldat gebunden wurde, gab man ihm einen Tiernamen, denn er war nun kein Mann mehr, sondern das Eigentum der Frau. Dann stach man ihm seinen neuen Namen, den seiner Besitzerin und auch seine Heereseinheit als Bild ins Gesicht. Wie unelegant , dachte Zhia, und dass es überhaupt möglich ist, zeigt doch nur, dass sie mit ihrer Meinung über ihre Männer richtig liegen.
    Der Mann nahm ihren Befehl mit einem Kopfnicken entgegen und eilte zu ihr. »Ja, Herrin.«
    »Ihr habt heute Nacht schon ein paar Männer verloren?«
    »Ja, Herrin. Zwei starben in einem Hinterhalt. Wir töteten aber auch viele, bevor wir uns zurückziehen mussten.« Er sprach den örtlichen Dialekt hervorragend, allerdings auch mit starkem Akzent, und hielt die Augen immerzu auf ihre Füße gerichtet. Man hat ihn gut abgerichtet , erkannte Zhia schnell. Er musste um die fünfzig Sommer alt sein – oder vierzig Paraden, wie die Fysthrall sagten. Dies bezog sich auf die jährliche Zeremonie, die jeder Mann von dem zehnten Lebensjahr an abhielt. Sie erkannte sein Gesicht und den Namen seiner Besitzerin nicht wieder, darum vermutete sie, dass die Frau entweder tot oder von sehr niedrigem Stand sein musste.
    »Greifen sie jeden an oder nur Soldaten, die die Ausgangssperre durchsetzen wollen?«
    »Alle, Herrin. Heute Nacht sind bereits einige Eurer Schwestern verschwunden, so heißt es.«
    »In dem Fall werdet ihr uns nach Hause geleiten«, sagte Zhia.
    »Herrin, mir wurde befohlen …«
    »Jetzt hast du neue Befehle.« Sie wies ihm die Richtung. »Dort entlang.«

21

    Fordan Lesarl, der Haushofmeister der Farlan, diente seinem Lord schon solange er denken konnte. Er war von Geburt an unterrichtet worden, um den Platz seines Vaters später einnehmen zu können. Man hatte ihm beigebracht, Männer wie entbehrliche Werkzeuge zu benutzen. Seine Weitsicht hatte es ihm erlaubt, in jedem Stadtstaat ein Netzwerk aufzubauen, das seinesgleichen suchte. Es wurde von Geflüster geführt, einem Mitglied von Lesarls Gefolge aus inoffiziellen Ministern, und fußte weitgehend auf einem Netz von Getreuen, die daran gewöhnt waren, eine Liste mit Forderungen von dunkeläugigen Männern und Frauen entgegenzunehmen, die sich im Schatten versteckten.
    Der Farlan-Getreue in Scree war ein dicker Händler mit dem Namen Shuel Kenn, der seine Überraschung gut verborgen hatte, als Lord Isak bei ihm aufgetaucht war und einen Stützpunkt verlangt hatte. Trotz des gierigen Blitzens in seinen Augen, aus dem sich schließen ließ, dass sich Kenn einen ordentlichen Profit für die Unterbringung ausrechnete, scheute er keine Kosten, um die Wünsche seines Auftraggebers zu erfüllen. Er hatte Isak nicht seine Hauptresidenz angeboten, aber das Haus war trotzdem groß und prächtig und lag in einer ruhigen Straße nicht weit von den Wohnstätten der wirklich Reichen, so dass man den Schutz der Stadtwache genoss und trotzdem seine Ruhe hatte.
Auf drei Seiten war das Haus von einem Garten mit Mauer umgeben und eine große Kastanie in der Mitte würde einem eventuellen Beobachter der Rückseite den Blick versperren. Die Tür zur Straße war so verstärkt, dass man schon einen Rammbock und viel Anlauf brauchte, um sie aufzubrechen.
    Tila und Vesna saßen auf einem überdachten Balkon auf der Rückseite des Hauses, blickten in die Morgensonne und tranken warmen Tee mit Limone und Honig. Nach dem Schrecken der vergangenen beiden Abende lag Scree besonders still da.
    »Die ganze Nacht über habe ich die blutüberströmte Bühne gesehen, sobald ich die Augen schloss«, flüsterte Tila und umklammerte ihre Tasse. Die Ringe unter ihren Augen gaben Kunde davon, wie schlecht sie geschlafen hatte. Und Vesna befürchtete, dass sie die wenigen Ruhestunden noch stärker aufgeregt hatten.
    »Ich weiß«, sagte er. »Ich habe schon früher gesehen, wie Gefangene öffentlich hingerichtet wurden und konnte nie etwas Unterhaltsames daran finden. Es ist an sich schon entsetzlich, Gefangene auf der Bühne hinzurichten, als Teil eines Stückes. Aber vor den Augen der ganzen Stadt einen Priester zu ermorden, das spottet nun jeder Beschreibung. Mir fehlen die Worte dafür.« Vesna rieb sich die Nasenwurzel, um die von Müdigkeit hervorgerufenen, noch zunehmenden Kopfschmerzen loszuwerden. Er war ein erfahrener Soldat, und so überraschte es ihn, dass er selbst auch keine Ruhe gefunden hatte. »Es gab eine Zeit, da hat mir der Tod nichts ausgemacht«, sagte er nachdenklich. »Ich frage mich, was passiert

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