Sturmbote
sich mit beiden Händen auf dem schmutzigen Boden abstützen. Er atmete ein und schmeckte den Staub in der Luft, so trocken und tot wie in einer Gruft, und dann erkannte er, dass er einfach nicht mehr weiterkonnte.
»Sie blieben stehen«, sagte der Soldat, »weil sie wissen, dass sie zwar nicht die Götter, sehr wohl aber mich fürchten müssen.« Damit ging er weiter auf den Tempel zu und rief fröhlich über die Schulter: »Aber ich gehe jetzt, und dann bleibt nur ein Mann zurück, der wie ein Priester gekleidet ist.«
Breytech starrte fassungslos auf den Schild auf dem Rücken des Soldaten und kniff die Augen zusammen, als sich die Sonne auf dem Eisenrand spiegelte und ihn blendete. Dann hörte er hinter sich das Klatschen nackter Füße auf Stein, und als er sich umdrehte, sah er, dass sich das Rudel näherte. Er öffnete den Mund, aber als er in die fiebrigen Augen des Anführers blickte, einem Jungen von höchstens fünfzehn Sommern, auf dessen Brust Flecken getrockneten Blutes zu finden waren, blieben ihm die Worte im Halse stecken. Mit gefletschten Zähnen stieß der Junge ein Heulen aus, als wäre er eine Kreatur vom Finsteren Ort, und hob die dünnen Hände zum Schlag, die Finger zu Klauen geformt. Sie sausten auf ihn herab – und endlich fand er seine Stimme wieder.
Breytech schrie, seine Angst hallte über den Platz. Ihre Stimmen gesellten sich zu seiner hinzu, und schließlich übertönte ihr wütendes und triumphierendes Kreischen seine einsame Stimme.
Wenig später war es wieder still.
Am Tempel Tods blieb Ilumene stehen und sah zurück, um das Schauspiel zu genießen. Die Kreaturen, die nun Screes Straßen beherrschten, schlugen noch lange nach seinem Tod auf den Chetse ein. Sie schwiegen nun, waren ganz auf ihre Aufgabe bedacht und schoben sich gegenseitig beiseite, um die Überreste des Mannes zu zermalmen.
Er lächelte und betrat den Tempel, spuckte im Vorbeigehen auf das Bild des kuttentragenden Tods, das dem offenen Eingang gegenüberlag. »Lauf weg und versteck dich, du verdammtes Relikt«, sagte er laut. »Deine Zeit ist gekommen. Scree ist der Scheiterhaufen für deine verlorene Größe, und aus der Asche wird sich etwas erheben, das größer ist, als du dir vorstellen kannst.«
25
Doranei starrte auf das Guckloch, dessen Klappe so vehement zugeschlagen wurde, dass die ganze Tür erzitterte. Er widerstand der Versuchung, sich umzudrehen. Es war schlimm genug, dass er unmittelbar vor einer geschlossenen Tür stehen musste, wie ein gescholtenes Kind in der Ecke, das die spöttischen Blicke hinter sich nicht sehen konnte. Schlimmer noch aber war es, dass diese Augen Mitgliedern der Bruderschaft gehörten. Seit er zum ersten Mal ins Theater gegangen war und Zhia Vukotic ihn wie ihre Lieblingspuppe behandelt hatte, war er das ständige Opfer einer nicht enden wollenden Fülle von Witzen auf seine Kosten gewesen. Obwohl er den örtlichen Dialekt nicht vollkommen verstand, war er sicher, dass der Strom an Beleidigungen, der durch das Guckloch auf ihn niedergegangen war, bevor es zugeworfen wurde, nicht ihre besten Wünsche und ein herzliches Willkommen beinhaltet hatte.
»Vielleicht isst sie gerade«, schlug eine Stimme hinter ihm vor. Doranei musste sich zusammennehmen, um Sebe nicht eins hinter die vernarbten Ohren zu geben, denn dann würden die anderen erst recht wieder loslegen. Stattdessen starrte er weiter auf die Tür, als könne er sie mit der Macht seines Willens allein öffnen.
»Sag so etwas nicht«, rumpelte Coran. »Du machst ihn noch eifersüchtig.«
»Ah, Halsneid.« Sebe kicherte. »Keine Sorge, mein Freund, ich bin sicher, dass du der Einzige nach ihrem Geschmack bist.«
Er ertrug den Spott schweigend, seinen Blick starr auf das polierte Holz vor sich gerichtet. Die Abenddämmerung hielt Einzug ins Land und eine Ruhe hatte sich über die Stadt gelegt. Auf ihrem kurzen Weg hierher hatten sie kaum jemanden getroffen, es gab nur noch einige Widerstandsnester privater Garden, angeheuert, um die Häuser der Reichen zu schützen. Aber er hatte es nicht wagen können, allein zu kommen. Zhias Männer überwachten das Ende der Straße und man hatte sie nur durchgelassen, weil der diensthabende Offizier Doranei aus dem Theater wiedererkannt hatte.
»Klopf doch noch mal«, schlug Sebe vor. »Beim ersten Mal hat man dich doch so herzlich willkommen geheißen.«
Ein Funke kindischen Trotzes glomm in ihm auf und er war drauf und dran zu antworten. Der König hatte sie
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