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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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zurückziehen, als im Inneren die Bolzen gelöst wurden und sie aufschwang. Dahinter erschien die grimmig dreinblickende Legana, das Schwert in der
Hand. Im Halbdunkel des Flurs standen vier stämmige Wachen in respektvollem Abstand hinter ihr. Legana trug einen dünnen, weißen Kapuzenmantel über der Kleidung. Die Kluft des Weißen Zirkels hatte immer noch einigen Einfluss auf viele der Bürger Screes.
    »Was willst du? Wir haben keine Zeit für Freundschaftsbesuche.«
    »Erkundigungen, Legana. Wir haben noch etwas zu erledigen, bevor wir die Stadt verlassen.«
    Legana schüttelte ungläubig den Kopf. »Hast du nicht erfahren, was in der Stadt vor sich geht? Binnen drei Tagen wird es keine Stadt mehr geben. Es ist ein Wunder, dass die Feuer sie noch nicht dem Erdboden gleichgemacht haben. Die zweite Armee hat sich gegen uns gewandt und tötet alle, die sie finden können, und dein König rennt mit weniger als einer Einheit herum, die die einzige Wache darstellt. Ich denke, ihr solltet eure Angelegenheit vergessen und euch lieber Gedanken über das Überleben machen. Ihr Männer aus Narkang mögt keine Angst vor der Gefahr haben, aber wenn ihr euch jetzt noch mit etwas anderem befasst, als eure Haut zu retten, seid ihr Narren.«
    Ihre Worte verärgerten Doranei. »Wir wissen genau, was vor sich geht.« Er zögerte und sprach dann so leise, dass die Wachen ihn nicht verstanden: »Dein Lord hat uns Hilfe zugesichert.«
    »Die Farlan wollen die Stadt angreifen?«, flüsterte Legana wütend. »Will er sich wirklich in diesen Schlamassel hineinziehen lassen?«
    »Die Entscheidung liegt nicht bei uns, aber ich weiß, dass du dir baldmöglichst Befehle bei ihm abholen sollst.«
    »Verdammt, wie soll ich einem Herrn und einer Herrin zugleich dienen?«, murmelte sie aufgebracht. »Wenn ich Zhias Gehilfin bleiben soll, kann ich nicht ständig für Befehle zu ihm gerannt kommen.«

    Doranei ließ sie noch einen Augenblick vor sich hinschäumen, dann räusperte er sich. »Würdest du uns hereinlassen? Wie du so treffend bemerkt hast, die Straßen werden gewiss in Kürze wieder von Wahnsinnigen bevölkert sein.«
    »Ich dachte, ihr lacht der Gefahr ins Gesicht?« Sie zog die Nase kraus. »Um ehrlich zu sein, du stinkst wie ein Hund – Monate nach seinem Tod. Ich will nicht, dass du mir näher kommst.«
    »Versuch du mal nach Rosen zu duften, wenn du tagelang im Kettenhemd herumläufst.«
    Sie öffnete den Mantel und offenbarte darunter eine Fysthrall-Brustplatte. »Einige von uns haben in den letzten Tagen mehr getan, als sich in den Schatten herumzudrücken, und doch haben wir noch keine höchsteigenen Fliegenfreunde angezogen, die uns umkreisen.«
    »Kommen wir jetzt rein, oder nicht?«
    Legana seufzte. »Sie ist gerade erwacht.« Sie packte Doranei am Kragen und zog ihn hinein. Mit einer großmütigen Geste erlaubte sie auch seinen Kameraden einzutreten. Sie folgten der Einladung sofort und gingen an Legana vorbei, wobei sie die Wachen misstrauisch im Blick behielten.
    »Ich bringe dich in ihr Arbeitszimmer, deine Brüder können hier unten warten.« Sie wies auf das Empfangszimmer, das für stinkende Soldaten in Leder und Rüstung nicht wirklich geeignet schien, aber es wurde offensichtlich, dass man es in den letzten Tagen als Kaserne genutzt hatte.
    Doranei grinste seine Gefährten an und folgte Legana nach oben in Zhias Arbeitszimmer. Als er das letzte Mal hier gewesen war, war Koezh Vukotic aus dem Spiegel getreten und hatte sich ihnen für einen Theaterabend angeschlossen. Das erschien ihm nun wie in einem anderen Leben. Während er hinter der Farlan-Getreuen herging, schüttelte er unmerklich den Kopf. Selbst im Vergleich zu dem seltsamen Leben, das Doranei nun schon seit
vielen Wintern führte, war dies alles so andersartig, dass er sich nicht zurechtfand. Im Dienste seines Königs hatte Doranei gemordet, gestohlen, gelogen und entführt. Seine Treue war stets unzweifelhaft gewesen. Er mochte kein so strahlendes Licht wie Ilumene gewesen sein, aber er wusste, dass König Emin ihm ebenso sehr vertraute wie Coran. Selten hatte er sich so verloren gefühlt.
    Jetzt, in dieser Stadt, in der die Mittagssonne so heiß strahlte, dass sie töten konnte, erschien ihm die echte Welt voller Treue und Dienstbeflissenheit wie eine ferne Erinnerung. An diesen Tagen, die von einem grausamen und kräftezehrenden Nachmittag in zwei Teile gehackt wurden, glitt Doranei nun durch die Straßen, als wäre all dies ein Traum. Ein Traum, in

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