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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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verborgenen Plätzen?«,
fragte Isak. »Warum kam der Schatten zu dir? Was ließ dich so besonders werden?«
    Warum tun Schatten, was sie tun, gehen, wohin sie gehen? Schatten folgen den Lebenden, werden Zeuge deiner innigsten Geheimnisse. Der Schatten fand mich, weil ich derjenige war, der gefunden werden musste – selbst in diesem jungen Alter wurde meine Genialität bereits weithin gelobt. Warum sollte man Narren Geheimnisse erzählen? Selbst in die Dunkelheit folgt einem der Schatten.
    Er nahm mir die Scheuklappen ab. Azaer log nicht … Azaer kann nicht lügen, denn wenn man die Schatten verbannt, offenbart man das Versteckte. Die Schatten leuchten dir den Weg, sie zwingen dich nicht darauf, schon gar nicht mich, der ich geboren wurde, um alles zu verändern und Götter gebrochen zurückzulassen. Nur Narren schmiedeten Waffen zu eigenen Formen, das lernte ich bevor ich zehn war, als mein Onkel mich die Geheimnisse von Feuer und Metall lehrte. Du weißt es bereits: Eisen und Stein tragen ihre Form in sich, und die darf man nicht verneinen. Nicht jeder Stahl soll zum Schwert werden.
    Plötzlich klang Gelächter durch Isaks Kopf, so kurzlebig, dass er sich fragte, ob Aryn Bwr nun der letzten Spuren der Vernunft verlustig gegangen war.
    Dann kehrte die Stimme mit erschreckender Klarheit zurück: Du weißt am besten, dass es wahr ist. Du, der du die Waffe bist, die Männer und Götter gleichermaßen in die richtige Form für ihre Zwecke schmieden wollten. Das Ergebnis war … nun, nicht das angestrebte. Azaer schmiedet nicht, aber Azaer sieht die innewohnende Form, denn er selbst ist ohne sterbliche Hülle.
    »Wohin führte dich der Schatten?«, fragte Isak.
    Weit, weit in die Dunkelheit, über Wege, die Tsatachs feuriges Auge noch nie erblickte.
    »Wohin?«, fragte Isak weiter nach, begierig, genaue Hinweise zu bekommen. Diese geheinmisvolle Litanei ging ihm langsam auf die Nerven.

    An einen Ort, den kein Sterblicher finden kann , sagte der tote Geist und nahm nur noch seine Erinnerungen wahr. Ein Ort, der nur im Zwielicht gefunden werden kann, wo eine Welt auf die andere trifft. Zwischen dem, was wir wissen und dem, was wir fürchten. Es war drei Tagesritte von jenem Ort, an dem ich Keriabral bauen würde, auf Ländereien, die meinem Haus unterstanden. Doch dieses Hügelgrab habe ich nie wiedergefunden. Es lag außerhalb der Zeit, der Verbindung zwischen diesem Leben und dem, was nach Tods letztem Richtspruch kommt.
    »Ein Hügelgrab«, sagte Isak, der ahnte, dass sie sich nun nützlicheren Dingen näherten. »Also wart ihr unter der Erde?«
    Unten in der Dunkelheit, in den Eingeweiden des Landes, dem Herzen des Landes, einem Ort des Gleichgewichts, einem Platz der Harmonie und der aufrecht stehenden Steine. Tief, so tief, dass ich fürchtete, jeder weitere Schritt werde mich zu den sechs Elfenbeintoren Ghennas führen.
    »Und was hast du dort gefunden?«
    Gaben, Glieder einer Kette, zwölf Mittel für eintausend Zwecke. »Zwölf Gaben … und es musste kein Preis für diese Gaben gezahlt werden?«, fragte Isak heiser. Er ahnte, zu was sie heute geworden waren, denn dieser Teil der Geschichte ergab endlich einen Sinn. Aryn Bwr war ein Magierschmied von großer Macht gewesen, aber Waffen, die sogar die Götter in Furcht versetzten? Die Balladen und Geschichten aus diesem Zeitalter erzählten davon, wie Aryn Bwr die zwölf Kristallschädel geschaffen hatte und sie seinen Verbündeten schenkte. Nirgendwo wurde erwähnt, wie er dies zustande gebracht oder woraus er sie gefertigt hatte.
    Der Preis eines Narren, die Seele eines Narren. Ich zahlte keinen Preis, aber ich wusste, dass ich das Land, das ich neu erschuf, nicht erblicken würde. Ich wollte eine Erblinie erschaffen und ausgerechnet sie wurde mir genommen. Man zwang mich keinen Weg entlang, zeigte mir nur den Pfad, den ich wählen würde. Meine Handlungen waren
vorhergesagt, erwartet worden, von hasserfüllten Schatten, die des Nachts flüsterten und lachten … sie wussten, dass ich eines Tages ihnen gehören würde. Sie beobachteten mich stets, warteten stets, unendlich geduldig, auf ihren Preis. Er verstummte und Isak glitt ein kalter Schauer über den Rücken.
    In einem verzweifelten Augenblick zahlte ich ihn, im Tausch für eitle Rache , sagte Aryn Bwr schließlich.
    »Rache?«
    Eine Erinnerung regte sich, die Isak aus seinen Träumen kannte. Eine riesige Festung mit Türmen so groß wie die, die Isak aus Tirah kannte: Burg Keriabral, Aryn Bwrs

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