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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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Männer dabei in Stücke gerissen werden. Ihr Tod wäre eine Tragödie und wir sollten um sie beten, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Euer Verlust hingegen wäre eine Katastrophe für das gesamte Reich der Farlan, vielleicht sogar für das ganze Land. Für die Zukunft des Stammes ist der Verlust von fünfhundert Mann beinahe unerheblich, der Verlust des Lords der Farlan hingegen wäre ein Unglück, das uns alle in Gefahr brächte. Es gibt keinen Krann, der Eure Stelle einnehmen könnte. Noch vor dem Winter wäre der Stamm aufgesplittert und alle gingen sich gegenseitig an die Kehle.«
    »Glaubt Ihr, das wüsste ich nicht?«, fragte Isak und klang nun vernünftiger. »Aber was für ein Mann ist ein solcher Lord, der davonläuft und seine Männer im Stich lässt?«
    »Einer, der seinen Wert für den Stamm kennt«, sagte Jachen sanft. »Die meisten dieser Männer werden sterben, und nur die Götter könnten es verhindern. Aber sobald das irre Volk Screes Eurer ansichtig wird, werden sie nach Eurem Blut gieren. Ihr seid ein Weißauge und sie hassen die Erwählten der Götter dieser Tage. Und bei all Eurer Macht, mein Lord, könnt Ihr sie nicht alle besiegen.«

    Isak starrte den Oberst an und suchte nach den passenden Worten, fand sie aber nicht. Alles, was Jachen gesagt hatte, entsprach der Wahrheit … aber könnte er denn so einfach eine Einheit seiner Männer in den Tod schicken? Was würde das für ihn bedeuten?
    So ist es also, ein Lord zu sein? Sorglos zu entscheiden, wer leben und wer sterben soll? Bei dem Gedanken wurde ihm übel.
    Ja, so ist es , sprach eine kräftige Stimme in seinem Kopf. Isak erschrak über diesen unerwarteten Beitrag Aryn Bwrs. Sterblich zu sein, bedeutet: sich vor dem zu fürchten, was danach kommt, vor den Folgen. Sie erschaffen sich Könige aus dem gleichen Grund, aus dem sie Götter anbeten: Sie sind zu schwach, selbst Entscheidungen zu treffen. Zeige ihnen eine strahlende Gestalt, von der sie glauben können, sie sei besser als sie selbst, und schon empfangen sie dich als ihren Erlöser.
    Isak schwieg und versuchte zu entscheiden, was nun zu tun war. Das Bild Lord Bahls erschien vor seinem inneren Auge, mit den deutlichen Falten in seinem Gesicht und dem wie üblich grimmigen, undeutbaren Ausdruck. Ein Gesicht, dem man vertraute, ein Mann, auf den man sich verlassen konnte, gleichgültig, was kam. Im Innern war er von Leid und Schuld zerfressen gewesen, aber solange die Leute das nicht wussten, hätten sie an seiner Seite die Tore des Finsteren Ortes gestürmt .
    Langsam nickte Isak. Lord Bahl hätte die gleiche Entscheidung getroffen. Es hätte ihn geschmerzt und ihre Tode hätten seine Seele beschwert. Aber nur seine engsten Freunde hätten diesen Schmerz auch bemerkt. Die Bedürfnisse des Stammes hatten immer Vorrang. Isak hasste sich dafür, aber er musste das Richtige tun.
    »Gut«, sagte er mit belegter Stimme. »Wir reiten zum Rest des Heeres.« Dabei sah er niemanden an.
    Von den Straßen südlich des Roten Palastes erklangen laute
Rufe und das Geräusch hunderter Füße auf dem Kopfsteinpflaster. Isak stieg wieder auf und bedeutete den anderen, es ihm nachzutun.
    »Und wir reiten schnell«, sagte er lauter und zog sein Schwert.
     
    »Kann ich Euch sonst noch etwas bringen, meine Dame?«, fragte der Soldat von der Tür zum Wachzimmer aus.
    Tila blickte auf und es dauerte eine Weile, bis sie im Hier und Jetzt ankam. »Nein, danke«, sagte sie endlich.
    »Seid Ihr sicher?« Das Gesicht der Wache lag zwar halb im Schatten, aber dennoch wirkte es besorgt. »Dame Tila, wann habt Ihr das letzte Mal etwas gegessen?«
    »Vor einer Weile«, sagte sie, wusste aber nicht genau, wann das gewesen war.
    »Darf ich Euch etwas bringen? Ihr seht nicht aus, als ginge es Euch gut.«
    Tila seufzte und drehte den Ring aus gelbem Quarz an ihrer linken Hand. »Ich bin nicht hungrig, ich bin nicht krank, ich bin nur besorgt.«
    Er versuchte erleichtert zu wirken, aber Tila glaubte es ihm nicht. »Dame Tila, wie verrückt die Leute von Scree auch sind, sie können Lord Isak nichts antun. Er muss nur die Götter selbst fürchten!«
    »Ich befürchte, da irrt Ihr Euch, Kavallerist«, sagte Tila matt. »Lord Isak ist zwar stärker und schneller als jeder andere Mann, aber er ist aus Fleisch und Blut. Nach der Schlacht bei Narkang verband ich seine Wunden. Er hat in einem Kampf ebenso viel zu fürchten wie Ihr oder ich. Gibt es denn Nachricht aus der Stadt? Haben wir keine Späher oder Magier, die

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