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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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umzingelt, mein Lord. Wir können nichts mehr für sie tun.«
    »Ist das alles?«, fragte Isak erstaunt. »Ihr lasst sie einfach zurück?«
    »Wir können nichts mehr tun, mein Lord«, wiederholte Jachen. »Sie werden von Tausenden angegriffen. Wir haben einfach
nicht genug Männer, um ihnen zu helfen. Und wenn sie Euch erblicken, wird sie das nur noch rasender machen.«
    »Also schlagt Ihr vor, dass wir sie zurücklassen? Ihr wollt Männer, die an Eurer Seite stritten, der wütenden Menschenmenge vorwerfen?«, donnerte Isak. »Oder seid Ihr nur wirklich so feige, wie man es mir von Euch berichtete?«
    »Mein Lord«, rief Lordprotektor Saroc. »Dies ist keine Frage des Mutes. Oberst Jachen hat dem Stamm gegenüber eine Pflicht, und die muss an erster Stelle stehen.«
    »Noch vor dem Leben von fünfhundert Männern und dem treuesten Lordprotektor des Stammes?« Isak wandte sich zu Graf Vesna um, der aber schwieg. »Vesna, hast du dazu nichts zu sagen?«
    »Mein Lord …« Seine Stimme verlor sich. Da er das Visier oben hatte, sah Isak die Hilflosigkeit in seinem Gesicht. Jetzt erkannte er auch, was er gemeint hatte, als er über Tor Milist gesprochen hatte: Gute Männer starben, wo sie nicht hätten sterben sollen. Es überraschte Isak, dass Vesna nicht weitersprach. »Du kannst doch nicht ihrer Meinung sein«, fragte Isak beinahe flehend. Eine schreckliche Beklemmung erfasste ihn. Vesna hatte sich in Tor Milist nicht geändert, er würde diese Männer einfach ohne ein Wort sterben lassen.
    »Ich … Lord Isak, die Pflicht steht an erster Stelle«, sagte Vesna schließlich.
    »Pflicht? Dann wirst nicht einmal du meinen Befehlen folgen?«, fragte Isak grimmig – und sein Erschrecken wurde zu Wut.
    Die anderen Lordprotektoren, Nelbove und Fordan, stiegen ab und kamen hinzu, um mitzureden. Aber im Angesicht von Isaks offensichtlicher Wut schwiegen sie.
    »Also? Was ist nun, meine treuen Untertanen? Folgt ihr mir, oder möchte einer von euch der Erste sein, der versucht, mich zur Flucht zu zwingen?« Isaks Stimme bebte vor mühsam
beherrschter Wut. Noch steckte Eolis in der Scheide, aber das hieß wenig. Sie alle wussten, dass er es in Windeseile ziehen konnte.
    »Mein Lord«, sagte Oberst Jachen und kam etwas näher.
    Isak drehte sich ruckartig zu dem Mann um und sah die Angst in Jachens Augen erscheinen. Dennoch wich der ehemalige Söldner nicht zurück. Eine Spur von Trotz blieb ihm erhalten, und er zwang sich, aufrecht zu stehen und Isaks gnadenlosen Blick zu erwidern. »Mein Lord, sie sind treu bis in den Tod und werden Euch folgen.«
    »Auf was warten wir dann?«, fragte Isak ruppig.
    »Ihr werdet mich erst niederstrecken müssen, mein Lord.« Isak sank in sich zusammen, als die Überraschung seinen Zorn für den Augenblick niederrang. »Wie …?«
    »Sie werden Euch in den Tod folgen, wenn Ihr sie bittet …«
    »Aber du nicht?«, unterbrach ihn Isak wütend. »Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, unterstandest auch du meinem Kommando.«
    »Erinnert Ihr Euch an unsere erste Begegnung?«, antwortete Jachen mit schicksalsergebener Ruhe. »Ihr fragtet mich, ob ich den Mut hätte, mich Euch in den Weg zu stellen, wenn Ihr etwas Falsches tätet.«
    Isak dachte einen Augenblick darüber nach. »Dann verpasst Ihr mir also gerade eine Ohrfeige, hm? Ihr habt Euch aber einen verdammt schlechten Zeitpunkt ausgesucht, um Rückgrat zu beweisen, Oberst Ansayl.«
    Jachen ging über die Spitze hinweg. »Ich bin der Kommandant Eurer persönlichen Leibwache. Ich habe dem Stamm gegenüber eine Pflicht, und die besteht darin, Euch zu schützen. Ihr sagtet es selbst: Ihr seid ein Weißauge und trefft nicht immer die besten Entscheidungen, also braucht Ihr einen Kommandanten, der Euch sagt, wenn Ihr völlig falsch liegt.«

    Hinter Isak standen den Männern die Münder offen, doch jetzt konnte er nicht mehr zurück. Das riesige Weißauge war ebenso überrascht wie die anderen. Aber zumindest hatte er Lord Isaks Ärger für den Augenblick zerstreut und ihn zum Nachdenken gebracht. O ihr Götter, setzte ich mein Leben wirklich darauf, dass ein Weißauge vernünftig nachdenkt? , dachte er und war über seine Ruhe selbst verblüfft.
    »Ihr denkt also, dass Eure Kameraden der Rettung nicht wert sind?«
    »Im Augenblick ja«, sagte Jachen bestimmt. Er spürte, dass die Meinung seines Lords ins Schwanken geriet. »Die Menschenmenge besteht aus Tausenden, aus vielen Tausend. Meine Aufgabe ist es, Euch zu schützen, auch wenn diese

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