Sturmbote
verlangsamten ihren Lauf und glitten in den Spalt, um über ihre gefallenen Kameraden zu laufen und dann an der anderen Seite nach genug Halt zu suchen, um hinauszuklettern. Die wachsende Anzahl an Toten dort unten würde ihnen bald zum Vorteil gereichen.
Anhand des Lärms erkannte er, dass sie nun an beiden Fronten kämpften. Die Menschenmenge war erneut angewachsen, also mussten sie nicht gegen die Erschöpfung ankämpfen, die sie weniger angriffslustig hätte machen können. Seine Soldaten hingegen
kämpften seit Stunden gegen einen Feind, dem das eigene Wohlergehen gleich war.
»Das ist doch kein richtiger Krieg«, sagte er laut. »Im Kampf steht man wenigstens einem Feind gegenüber, der noch einen Funken Verstand im Leib hat.«
»Das ist doch ganz gleich«, sagte Jachen. »In dieser Schlacht zählt nur die Menge der Leute, und das bedeutet, dass wir verlieren werden, wenn keine Hilfe kommt. Dieser verdammte Riss füllt sich und da steht mehr als eine Legion bereit, um hinüberzumarschieren.«
Isak musterte die Menge wütender und kreischender Bürger nur einige Schritte vor ihm. Er sah sie sich jetzt zum ersten Mal richtig an. Sie waren ausgehungert und schmutzig, einige zitterten und taumelten, während sie durch den Graben auf ihn zukamen. Sie sahen aus wie die Leute, die ein Herzog eigentlich beschützen sollte, statt sich Wege auszudenken, wie er möglichst viele von ihnen abschlachten konnte.
»Da kommen noch mehr«, fuhr Jachen fort. »Der Kampflärm muss weitere angezogen haben.«
Isak blickte über die vorderen Reihen hinweg und erkannte, dass der Kommandant seiner Wache recht hatte. Der Platz füllte sich und schon war ein Teppich aus Köpfen in den Lücken bei den Schreinen zu sehen, die sie noch vor kurzem verteidigt hatten.
»Dann brauchen wir wirklich Hilfe«, gab er zu. »Der Schütze, der Mariq auf dem Gewissen hatte, muss vorhergesehen haben, dass ich ihm einen Schädel gegeben hätte, wenn die Lage so aussichtslos würde. Die Anstrengung hätte Mariq bald umgebracht, aber er war fähiger, als ich es bin, vielleicht sogar fähig genug, um uns einen Weg durch dieses Pack zu brennen.«
»Welche Hilfe können wir hier schon erwarten?«, fragte Jachen schwer atmend. Er führte sein Schwert mittlerweile mit
Mühe, schlug einen weiteren aufgelesenen Speer beiseite und stach dem Angreifer in den Hals.
Isak hielt kurz inne und überließ es Lordprotektor Torl, die Hand eines Mannes zu Isaks Füßen abzuhacken, der ein Fleischerbeil führte. Auch der Lordprotektor atmete schwer, als habe ihn sein Alter schließlich doch eingeholt. Aber er verdoppelte seine Anstrengungen sofort, um Isak Zeit zum Nachdenken zu verschaffen. Torl hatte oft genug an Lord Bahls Seite gekämpft, um zu wissen, dass er einen guten Grund dafür hatte.
Hilfe? Sie kommt wohl kaum von den Ahnen über uns , dachte er, spürte aber, wie sich eine Idee in seinem Kopf formte. »Natürlich, die verdammten Ahnen«, rief Isak plötzlich.
»Wovon sprecht Ihr?«, fragte Jachen.
»Was haben wir hier?«, fragte Isak und antwortete gleich selbst: »Nichts, das haben wir hier, nur die Seelen der Ahnen im Himmel und sechs leere Tempel.«
»Ich hoffe, Ihr wollt damit auf etwas hinaus«, sagte Jachen und klang besorgt, dass Isak den Verstand verloren haben könnte.
»Aber natürlich.« Isak lachte. Er sah den Waldläufer Jeil neben Jachen stehen und rief: »Jeil, erinnerst du dich daran, wie wir nach Saroc kamen und ich etwas finden musste, das uns helfen sollte?«
»Ich …« Der Waldläufer wirkte verwirrt, verstand dann aber. »Dieser Wasserelementar, den Ihr wecktet? Mein Lord, Ihr erinnert Euch aber auch daran, dass er uns angegriffen hat, nicht wahr?«
»Eine unerhebliche Kleinigkeit«, sagte Isak gut gelaunt.
»Lord Isak«, unterbrach Jachen. »Ich kenne diesen Tonfall schon, und er bedeutet, dass Ihr etwas anstellen wollt, das mir Sorgen bereiten wird.«
Isak klopfte ihm auf die Schulter, was Jachen unter der Wucht aufstöhnen ließ, dann trieb er zwei Angreifer zurück, die gerade
über den Rand der Grube kriechen wollten. »Dann habe ich vermutlich die richtige Wahl getroffen«, sagte er weniger fröhlich. »Meine Kommandanten sollen sich Sorgen machen, wenn ich es vergesse.«
Isak griff in einen der Kristallschädel und sein Lächeln wurde breiter, als zischende Energiefäden über seine Rüstung krochen. Die Luft um ihn herum begann zu flimmern. »In Tempeln findet man Götter«, erklärte er, als stünde er vor
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