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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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gar nicht erst ab, ob die Männer gehorchten. Oberst Jachen war an seiner Seite erschienen, und gemeinsam trieben sie Isak vor sich her. Er wehrte sich einige Schritte lang, aber sie waren gnadenlos und schoben ihn weiter, bis er endlich zu laufen begann und sie kaum mithalten konnten.
    »Kannst du einen weiteren Spalt vor dem Tempel erschaffen?« , rief Vesna zwischen zwei schweren Atemzügen.
    »Ich glaube schon«, antwortete Isak und lief nun langsamer, damit er die beiden nicht abhängte. »Wenn er nicht allzu hübsch aussehen muss.«
    »Wenn noch ein Priester anwesend ist, müsste er schon ziemlichen Mut haben, um sich zu beschweren.« Vesna lachte auf.
    Es klang in Isaks Ohren nicht so, als hätte das Lachen des Grafen hier keinen Platz. Es war ein Laut aus vergangenen Zeiten,
aus ruhigen, langweiligen Tagen, in denen er seine Freunde aus Langeweile angemault hatte. Isak erkannte, wie sehr er dies vermisste und sich auf Vesna und Tila verließ. Sie sollten verhindern, dass er in diesem merkwürdigen Leben voller Sonderrechte den Verstand verlor. Ihr Lachen brachte auch ihn zum Lachen, und das wieder erlaubte ihm, seine Wut im Zaum zu halten. In Scree jedoch hatte das Lachen keinen Platz gehabt.
    »Dann bekommst du also einen Graben«, rief Isak mit einem Grinsen, das keiner der beiden sehen konnte. Er lief schneller, als habe man ihm ein Gewicht von den Schultern genommen. Aber das hinderte die Hälfte seiner Wachen nicht daran, sie wenig später zu überholen. Er sah sich um. Noch immer war nur eine Handvoll Bürger aus der Grube herausgekommen und schlurfte hinter ihnen her. Der Rest der Infanterie war knapp hinter ihm, trug doch keiner von ihnen eine so hinderliche Vollrüstung wie Graf Vesna. Langsam wagte er daran zu glauben, dass sie es rechtzeitig bis zum Tempel schaffen konnten, um eine Verteidigung gegen den nächsten Angriff aufzubauen. Er konnte zwar in der Dunkelheit über den Platz hinweg kaum etwas erkennen, aber eine auf- und abhüpfende Fackel wies darauf hin, dass zumindest einer der anderen Verteidigungstrupps die Nachricht erhalten hatte.
    Zeit für etwas Gottvertrauen , dachte er. Dieser Ort ist dafür wohl ebenso gut geeignet wie jeder andere.
    Der Tempel Tods beherrschte den Platz und dieses ganze Viertel. Im Vergleich zu dem in Tirah war er größer und eindrucksvoller. Das lag vermutlich an all den reichen Bürgern, die sich beim letzten Gericht ein besseres Urteil erkaufen wollten. Er war jedoch nicht in Kreuzform um die Kuppel herum angelegt. Man hatte sogar ganz auf die Flügel mit Gebetstürmen darauf verzichtet und stattdessen ein riesiges quadratisches Gebäude errichtet, mit rund zwanzig schmalen Buntglasfenstern. Sie nahmen
die oberen zwei Drittel jeder Seite ein. Der Tempel maß sicher fünfzig Schritt in jede Richtung.
    Konnten sie hineinlaufen und ihn halten? Isak vermutete es, aber der Tempel war nicht gänzlich aus Stein erbaut und die Wände waren noch immer mit den langen, gelben Fahnen des Sommerfestes verziert. Er konnte sich nicht daran erinnern, ob es in Scree oder in Helrect gewesen war, dass eine Gruppe von Rittern zu Märtyrern geworden war, nachdem sie in einem Tempel Unterschlupf gesucht hatten, nur um dann zu sterben, weil der Feind den Tempel mit ihnen darin niederbrannte. Diese Vorstellung hing ihm nach, aber sie hatten keine Wahl. Sie mussten kämpfen. Der Bogenschütze, der Mariq getötet hatte, hatte diese Entscheidung leichter gemacht. Da draußen gab es mindestens einen Gegner, der seinen Verstand nach wie vor beisammen hatte  – und es steckten auch noch viele zurückgelassene Fackeln an den Durchgängen.
    Er erreichte den Tempel und ging um die Ecke zur Westseite und zum großen Eingang. Das war ein weiterer Grund, sich nicht im Innern zu verschanzen: Tods Haus besaß keine Tore, denn niemandem sollte der Eintritt verwehrt werden.
    Sie würden auf jeden Fall kämpfen müssen.
    »Wo im Namen des Finsteren Ortes ist der Rest geblieben?«, rief Isak, als er den Tempeleingang erreichte. Für seinen Geschmack waren viel zu wenige Soldaten versammelt. Das Herz wurde ihm schwer, als er unter den Geweihten nur die breite Gestalt General Chotechs sah, die große Axt noch immer über die Schulter gelegt, nun aber so zerfleddert und blutig, wie man sich einen Chetse-Krieger vorstellte. Von General Gort oder seinen dreihundert Soldaten war keine Spur. Lordprotektor Fordan salutierte seinem Lord mit dem Kriegshammer. Schon sein Vater war für die Verwendung eben

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