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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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aber dies stellte das Höchstmaß an Protest dar, das Mikiss überhaupt aufbrachte.
    Salen machte sich nicht einmal die Mühe, seine Abscheu zu zeigen. »Sie sind mit der dritten Armee außerhalb der Stadt. Ich bin sicher, dass sie bald genug zu Lord Styrax stoßen werden.«
    »Sehr wohl, mein Lord.« Mikiss eilte davon und stolperte über den unebenen Tunnelboden des Dunkelsteins. An jeder Ecke flackerte das schwache Licht von Fackeln, die kaum ausreichten,
um den grob behauenen Stein zu erhellen. Während er die steile Treppe zum Haupttor hinabstieg, zog mit einem Mal ein Windhauch an ihm vorbei und der Tunnel bündelte die unerwartete Brise. Er ruckte zurück und schlug die Hände vors Gesicht, konnte aber nicht verhindern, dass der feine Sand, der den Boden bedeckte, in seine Augen gelangte. Er wurde fluchend langsamer und versuchte den Schmutz wegzublinzeln.
    Vor den Überresten des eingerissenen Haupttores fand Mikiss eine Gruppe Reiter vor, eine der Nachtpatrouillen, die über die Einhaltung der Sperrstunde wachten und nun den Leuten Salens Bericht erstatteten. Auf den Stufen vor dem Tor stand ein Soldat mit dem Rücken zu ihm. Mikiss vertrieb seine Ängste und trat aus dem Schatten, blinzelte dabei heftig und zog an seinem Ärmel, der sich in der Armschiene verfangen hatte.
    Der Soldat erschrak bei seinen Schritten auf den Stufen und wirbelte herum, den Griff der Axt, die in seinem Gürtel steckte, schon in der Hand. Mikiss löste den Ärmel von der bronzenen Armschiene, auf der sein Status als Bote in Menin-Glyphen verzeichnet war, und präsentierte sie.
    Etwas an dem Soldat stimmte nicht. Mikiss blinzelte, bis er die aufgemalten Glyphen auf der Schulterplatte des Mannes lesen konnte: Die zweite Cheme-Legion. Die Cheme-Legion? War sie nicht Teil der dritten Armee?
    »Halt, Bote«, knurrte der Mann, der das zusammengerollte Banner der Einheit hielt. »Wo soll es denn an diesem schönen Abend hingehen?« Der Bannerträger war vollständig in einen langen, grauen Mantel gehüllt und schlug nun seine Kapuze zurück, um Fell und lange Fänge zu offenbaren. Mikiss erstarrte. Das war kein Mann, sondern General Gaur. O ihr Götter.
     
    Die Luft war trocken und leicht. Der sanfte Geschmack der südlichen Ebenen kitzelte seinen Gaumen, als er sich an den groben
Wänden der Dunkelsteine vorbeischob. Er bemerkte die erzwungene Ruhe. Einige Wochen unter Salens Herrschaft hatten die Stimmung in der Stadt völlig verändert. Der Erwählte Larats hatte genau das getan, was er von ihm erwartet hatte. Sein letzter Dienst – auch wenn er es noch nicht wusste – für den Lord, gegen den er seit Jahren Ränke schmiedete.
    Hier in den Dunkelsteinen konnte Styrax die Schmerzen der Hingeschlachteten spüren, der ganzen großen Familie. Salen hätte die Stimmen nicht bemerkt, würde ihre Tränen auch nicht spüren, den Verlust, der überall in den blutbefleckten Tunneln widerhallte. Rostfarbene Linien bedeckten die Stufen und gebogenen Wände, wo Blut und Ausscheidungen auf das tiefliegende Herz des Dunkelfelsens zugelaufen waren.
    Er strich mit seinen befleckten Fingerspitzen über den groben Stein. Wie immer trug er an der linken Hand keinen Handschuh. Beinahe genoss er das unangenehme Drücken der verletzten Haut. Seit dem Duell mit Koezh Vukotic war das Gefühl aus seiner bleichen und vernarbten Hand gewichen, hatte sich dabei jedoch in etwas weniger Irdisches verwandelt. Er konnte den Abendwind nicht auf der Haut spüren, aber dafür klang seine Haut, wenn Macht seinen Körper erfüllte. Im Augenblick fühlte es sich an, als würden Nadeln in den Handrücken gebohrt.
    Er konnte die magischen Ströme der Stadt wahrnehmen, in der Menin- und Chetse-Magier gleichermaßen mit den verschiedensten Dingen beschäftigt waren. Er fragte sich, was darüber hinaus des Nachts in der Stadt vor sich ging, welcher Verrat sonst noch in Thotels dunklen Straßen lauerte. Er dachte an den Dämon, der ihn vor Salens Verrat gewarnt hatte, den Schatten, der am Rande der Wahrnehmung lauerte. Er hatte in der Wüste zu ihm gesprochen, als er seine Truppen zurückgelassen und Lord Bahl gejagt hatte. Der Dämon behauptete, er habe nur Verachtung für seinesgleichen übrig, aber wer wusste schon, ob das
auch der Wahrheit entsprach. Beobachtete der Schatten ihn jetzt, wartete er darauf, die Lage auszunutzen, sobald sich eine Gelegenheit ergab?
    Styrax fühlte sich mit lautlosem Schritt und der schwarzen Rüstung, die mit dem Schatten verschmolz, im

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