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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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Sein Sohn gab sich viel Mühe, die Kontrolle nicht zu verlieren, und er würde ihn nicht beleidigen, indem er darauf hinwies.
    »Gut. Hauptmann, bleibt mit den Männern hier. Ich bezweifle, dass jemand herkommt. Falls doch, kümmert euch darum oder zieht euch zurück. Gaur, Kohrad, zu mir.«
    Der Hauptmann nickte und zog seinen Dolch, um damit die farbenprächtige Robe eines Toten aufzuschneiden. Sie konnten sich ebenso gut als Wachen verkleiden.
    Styrax wandte sich ab und eilte durch die Tür. Sie mussten jetzt schnell sein. Die dritte Legion wartete vor der Stadt auf ein Angriffssignal. Je länger sie wartete, umso größer wurde die Gefahr,
dass Salens Truppen sie entdeckten. Dann hätten sie das Überraschungsmoment verspielt.
    Während er die Treppe hinaufging, hörte er ängstliches Flüstern. Vor ihm lag eine Ecke – jeder, der den Kampflärm gehört hatte, würde ohne Zweifel hier warten, um zu sehen, wer die Treppe hinaufkam. Sie würden mit einem Meuchelmord rechnen, einem schnellen Tod in der Nacht, statt einer Hinrichtung, die vielleicht einen Aufstand auslösen könnte.
    Styrax wurde langsamer, als er die Ecke erreichte. Falls jemand blind mit einer Axt nach ihm schlug, dann sprang er vor. Ein überraschtes Grunzen – und es wurde mit einem schweren Speer nach ihm gestoßen. Styrax hatte so etwas erwartet, umfasste den Schaft und zog kräftig. Ein Junge stolperte aus dem Schatten. Gaur, der wie immer knapp hinter ihm war, schlug seine haarige Faust auf den ungeschützten Unterarm des Angreifers. Der Junge schrie auf und ließ die Waffe fallen. Er versuchte zurückzuweichen, bis er bemerkte, dass ihn der viehische General bereits beim Schlafittchen hatte.
    »Du wirst genügen«, murmelte Styrax. Er nahm Gaur den Jungen ab und schüttelte ihn. Mit großen, ängstlichen Augen blickte der Junge zu dem riesigen Weißauge hinauf, vor Schreck wie erstarrt. »Verstehst du mich?«, fragte Styrax auf Chetse.
    Der Junge zuckte zusammen und wollte antworten, fand aber keine Worte und nickte darum nur eilig.
    »Das war sehr dumm. Lord Salen hätte dies als Entschuldigung missbraucht. So ein Glück, dass du bloß mich und nicht einen seiner Männer durchbohren wolltest, nicht wahr?«
    Ein beißender Geruch stieg von dem Jungen auf, der kaum älter als dreizehn Sommer sein konnte – zu jung für das Heer, zu jung, um bereits die Muskeln entwickelt zu haben, die ein Chetse-Krieger brauchte.
    Styrax lächelte und setzte den Jungen ab, nahm dann seinen
Helm ab und erlaubte ihm so, in sein Gesicht zu blicken, statt auf die beunruhigenden engelsgleichen Züge Karkarns, die in das Visier geätzt waren.
    »Ich möchte, dass du etwas für mich tust, Junge«, sagte er. »Hast du gehört, was am Tor passiert ist?«
    Der Junge brachte ein Nicken zustande.
    »Wir haben die Männer getötet, die euch bewachten. Sie sollten bis zum Sonnenaufgang warten und dann den General töten. Bist du mit General Dev verwandt?«
    Wieder ein Nicken. Mit krächzender Stimme sagte der Junge: »Er ist mein Großonkel, Herr.«
    Mit dieser hohen, weibischen Stimme gesprochen klang das Chetse in Styrax’ Ohren seltsam. Es bekam einen leichteren, poetischeren Ton, als er gewohnt war – bisher hatte er nur Soldaten Chetse sprechen hören. »Das habe ich mir gedacht. Wie heißt du, Junge?«
    »Esech, Herr.«
    »Und weißt du, wer ich bin?«
    Der Junge nickte, brachte aber kein Wort heraus.
    »Esech, ich habe nicht befohlen, dass der General getötet wird und auch viele der anderen Dinge nicht, die Lord Salen getan hat, seit ich fort war. Weißt du, was ich mit Männern mache, die Befehle missachten?«
    »Ja, Herr.«
    »Gut. Jetzt verrate mir, ob sich noch mehr Menin in diesem Dunkelfelsen befinden.«
    »Nur vier, Herr. Zwei in Onk… in der Kammer des Generals und zwei bei der Tür.«
    »Danke, Esech. Wir werden deinen Onkel jetzt befreien. Ich möchte mich mit ihm unterhalten.«
    »Wirst … wirst du ihn umbringen?«
    »Nein, das werde ich nicht tun. Du glaubst mir doch, oder?«

    Der Junge erstarrte verunsichert und brachte nicht den Mut auf, diesem riesigen Menin-Lord ins weißäugige Gesicht zu sagen, dass er ihm nicht glaubte. Nach einem Moment schlug er den Blick nieder und nickte.
    »Gut. Jetzt kehre in die Kammern deiner Familie zurück und berichte dort, dass der Dunkelfels in wenigen Minuten nicht mehr bewacht sein wird. Das heißt, dass ihr tun könnt, was immer ihr wollt. Aber auf den Straßen wird es heute Nacht nicht allzu spaßig

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