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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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unbewaffneter junger Chetse-Soldat stand wie im Lauf erstarrt neben dem Fenster. Styrax ignorierte sie und trat ans Bett, in dem ein älterer Mann auf die Ellenbogen aufgestützt lag. Er hob lediglich eine Augenbraue, während er den Neuankömmling musterte. Das Ganze wirkte jedoch durch den dicken grauen Verband, der um seinen Kopf lag, etwas weniger beeindruckend.
    »Ah, General Dev«, sagte Styrax liebenswürdig. »Wie ich hörte, hat man Eure Hinrichtung für morgen angesetzt.«
    »Lord Styrax.« Chote Dev grüßte den Mann, der wie er Soldat war. »Das hatte ich vermutet – aber wie es scheint, wurde dieser Plan geändert?«

    Styrax starrte auf den Mann hinab. »Das hängt ganz von Euch ab«, sagte er ernst. Dann zog er sich einen Stuhl heran und setzte sich. Kohrad und Gaur erschienen im offenen Durchgang. »Ihr seid kein Narr und es wäre in Eurem Alter auch recht anstrengend, eine Widerstandsbewegung zu führen. Ich glaube, Ihr würdet einen ruhigen Lebensabend genießen. Außerdem würde ich Euch und Eure Familie nur ungern töten. Das würde für uns beide eine schreckliche Verschwendung darstellen.«
    »Was schlagt Ihr also vor?«, fragte Dev erstaunt. Der alternde General mochte es gar nicht, bei einem Gespräch mit dem Unterwerfer seines Volkes so deutlich unterlegen zu sein. Aber er war, wie Styrax gehofft hatte, ein bedachter und vorsichtiger Anführer. Die Menin-Getreuen in Thotel hatten einhellig erklärt, dass der General einer der wenigen Männer war, auf die Lord Chalat etwas gab.
    Styrax lehnte sich vor: »Ganz einfach. Euer Ruf eilt Euch voraus, als Krieger wie als Ehrenmann. Es ist unnötig, Euch hinzurichten und zudem meiner Stellung hier nicht zuträglich. Ich habe die Truppen Thotels zerschlagen. Bald werde ich die besiegen, die aus den übrigen freien Städten herbeiströmen.«
    Das große Weißauge hob die Hand, um den aufwallenden Protest des Generals im Keim zu ersticken.
    »Ich wollte stets nur erobern, nicht hinschlachten. Ich habe kein Interesse daran, das Volk der Chetse auszurotten – ich bin nicht Dervek Grast.«
    Styrax verbarg die Missbilligung in seiner Stimme nicht, und es hatte eine sichtliche Wirkung auf den General. Die meisten Menin verehrten Grast, trotz der schrecklichen Taten des Mannes. Der Versuch, die Litse auszulöschen, war nicht sein einziges Verbrechen, nur das bekannteste. Im Laufe der Geschichte hatte es viele Monster gegeben. Doch außerhalb der Ringe des Feuers, wo die Menin lebten, waren wenige so verhasst wie Grast.

    »Und?«
    »Und darum erscheint es mir überflüssig, den angeschlagenen Stolz der Chetse weiter zu schmähen, indem ich den Mann töte, der wie kein anderer für ihre überlieferten Werte steht. Ich will Euer Wort darauf, dass Ihr keinen Aufstand gegen mich schüren und Euch an keiner solchen Handlung beteiligen werdet.«
    »Und Euch reicht mein Wort?«, fragte Dev, zu überrascht, um seine Verwunderung zu verbergen. Der Ausdruck im Gesicht des alten Mannes sagte aus: Ich würde Euch nicht vertrauen, wenn es umgekehrt stünde.
    »Das werde ich. Im Gegenzug dürft Ihr Euch in, sagen wir, sechs Monaten auf Eure Ländereien vor der Stadt zurückziehen. Im Augenblick benötigt die Stadt Eure Führerschaft.«
    »Ihr wollt, dass ich die Chetse führe, unter Eurer Fuchtel?« General Dev schnaubte. »Da ziehe ich doch Salens Worte vor. Er hat wenigstens keine falschen Hoffnungen geschürt.« Der erfahrene Chetse blickte auf den an die Wand genagelten Menin-Soldaten und den Geköpften am Boden.
    »Ich werde über kurz oder lang einen ständigen Statthalter ernennen«, sagte Styrax, »aber ich möchte nicht, dass die Stadt im Chaos versinkt, weil ihre Führer getötet wurden. Ich brauche den Rat eines Chetse, und das sollte jemand sein, den ich respektiere.«
    »Man wird mich als Eure Marionette betrachten.«
    »Dann zieht auch einen Nutzen daraus. Ich bin hier, falls Ihr verhandeln wollt.«
    »Verlasst die Stadt!«, sagte der General rasch.
    »Das steht eher nicht zur Debatte.«
    »Nun, ich musste es versuchen«, seufzte Dev. »Wenn ich die Stadt regieren soll, brauche ich einige Zugeständnisse. Keine Beschlagnahme von Gütern oder Versklavung, keine Einberufung und die Zusicherung, dass die Adligen unangetastet bleiben.«

    »Keine Sklaven über das Maß hinaus, das nach dem üblichen Brauch der Chetse annehmbar ist«, gab Styrax zurück. »Keine Einberufung – ich habe noch nie Soldaten eingezogen. Männer können sich mir anschließen, wenn

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