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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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beiseite, um auf die Treppe zuzurennen. Doch noch bevor er seinen Herrn erreicht hatte, war der Albino zurückgesprungen und hatte Shandek beiseitegeschleudert.
    Brohm hob im Laufen die große Faust zum Schlag, aber der Albino war schneller. Er sprang vor und rammte Brohm die Faust in den Magen, wodurch der größere Mann abrupt aufgehalten wurde. Brohm schnappte nach Luft, sackte zusammen und fiel auf die Knie. Sofort wurde er im Nacken gepackt und hinter seinem Herrn hergeworfen. Mayel hörte Brohms Aufprall auf den grob behauenen Stufen. Dann war es still.

    Der Albino hielt im Durchgang inne, den er von den beiden Männern befreit hatte, die ihm im Weg gestanden hatten. Sein haarloser Kopf strahlte hell in der Sonne. Er trug eine abgeschnittene Leinenhose und ein Schnürhemd, dessen Ärmel weit über den Handgelenken abgetrennt waren. Beim Blick in das verformte Gesicht des Albinos fragte sich Mayel, ob er überhaupt ein Mensch war. Es wirkte, als habe ein Gott den Albino aus weißem Lehm geformt und dabei mit einer detaillierten Beschreibung gearbeitet, aber selbst nie einen Menschen gesehen. Die Züge waren zu glatt, der Kiefer zu vorstehend und massiv. Die Augen waren dunkel, mandelförmig und viel zu groß. Als er den Blick des Albinos erwiderte, zog dieser die Wärme aus seinem Herzen und trug ihn an einen kalten Ort ohne Gnade.
    Er blickte unter Mühen beiseite, während der Albino ihn weiterhin musterte, als wäre er ein Insekt oder ein Hase, der den Wolf überraschte, weil er nicht floh.
    Mayel sah hinab. Die nackten Füße des Albinos waren in der Mitte geteilt und Mayel stockte der Atem, als er erkannte, dass jeder Fuß nur aus zwei großen Zehen bestand, an deren Enden sich jeweils eine große Kralle zeigte.
    »Das reicht jetzt, glaube ich«, rief eine Stimme, deren Quelle unsichtbar blieb. Der Albino wandte ruckartig den Kopf, senkte aber bald den Blick. Er wies auf Mayel und zog sich dann eilfertig zurück.
    »Bitte, tretet ins Licht. Mein Wachhund wird Euch nichts tun.«
    Mayel starrte auf das offene Auditorium, starr vor Angst, bis ein Strom unflätiger Flüche erklang. Er eilte die Stufen hinauf.
    »Verpisster Atem Karkarns!«, stöhnte sein Vetter. »Ich schiebe diesem Maler seinen Pinsel so weit in den Arsch, dass er mit seiner Zunge malen kann.«
    »Aber, aber«, sagte die Stimme, und ein Mann in der Kluft eines Barden kam in Sicht. Er saß in einer Loge und hatte die
Füße auf das Geländer gelegt. Er trug eine goldene Kette aus seltsamen Platten um den Hals, die wie mit Edelsteinen verzierte Münzen wirkten. Eine Pfauenfeder steckte an seinem Hut. »Ich bin sicher, dass der Maler Euch nicht belogen hat und Ihr werdet ihn kaum für die Handlungen anderer bestrafen wollen.«
    Shandek raffte sich auf. Brohm saß aufrecht und hielt die Hände auf dem Bauch. Keiner von beiden wirkte ernstlich verletzt.
    »Wir wollten uns nur unterhalten. Da musstet Ihr ja nicht gleich Eure Wölfe auf uns hetzen«, murmelte Brohm.
    Der Barde schnaubte. »Das sind eher Hunde als Wölfe.«
    »Sahen für mich mehr nach Wölfen aus«, antwortete Shandek, klopfte sich den Staub von der Hose und trat neben Mayel. Der Albino zog sich in den Schatten einer anderen Loge zurück. Mayel sah sich im Theater um, ließ den Blick über die nun leeren Steintreppen streifen, auf denen die Armen für gewöhnlich saßen, und dann über die gedrängten Logen für die Reichen. Beides erlaubte den Blick auf die Grube, einen Kreis flachgetretener Erde. Der hintere Bereich lag in dunklen Schatten, und Mayel glaubte, dort ein weiteres weißes Gesicht zu sehen.
    »Es gibt einen Unterschied. Wölfe nehmen keine Befehle entgegen, Wölfe sind nicht gezähmt.«
    »Ihr nennt den da gezähmt?«, fragte Shandek und rieb sich die Schläfe, auf der eine wachsende Beule die Haut verfärbte.
    »Aber gewiss. Sie gehorchen mir ohne zu fragen, und da ich ihnen den Befehl gab, Eindringlinge abzuwehren, führen sie diese Anweisung auch mit Begeisterung aus. Ich habe nicht behauptet, sie seien weniger gefährlich als Wölfe. Ganz im Gegenteil. Shandek, gerade Ihr solltet das verstehen.« Der Barde sprach leise, seine Stimme war voller Spott.
    Mayel fühlte sich irgendwie beschmutzt.
    »Warum sollte ich das verstehen?«, fragte Shandek. »Ich habe keinen dieser Mistkerle jemals zuvor gesehen.«

    »Ihr solltet es verstehen, weil Ihr selbst Hundekämpfe veranstaltet«, erklärte der Barde. »Die Grausamkeit eines Hundekampfes übertrifft bei weitem alles,

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